ParteiaustrittPorzer Fraktionschef verlässt die Grünen

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Dieter Redlin

  • Der Porzer Fraktionschef Dieter Redlin hat die Grünen aus Protest verlassen – Gründe sind mangelnde Unterstützung seiner ehemaligen Partei bei Porzer Themen und die Stadtwerke-Postenaffäre

Köln-Porz – „Meine Grünen waren mal für den Umweltschutz, Gewaltfreiheit und basisdemokratisch. Davon ist nicht mehr viel übriggeblieben“, mit diesen Worten erklärte Dieter Redlin in der vergangenen Woche seinen Austritt aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Der langjährige Vorsitzende der Grünen Fraktion in der Porzer Bezirksvertretung gab mit sofortiger Wirkung sein Parteibuch zurück.

In der schriftlichen Begründung an seinen Kreisverband führte er unter anderem die fehlende Unterstützung der grünen Ratsfraktion für Porzer Belange als Begründung für seine Entscheidung an, aber auch Ärger über Entscheidungen der Partei in der Bundespolitik. Der Austritt sei ihm nicht leichtgefallen, so der in Langel lebende Politiker. Doch die jüngsten Ereignisse rund um die Postenaffäre bei den Stadtwerken hätten ihn endgültig von seiner Partei entfremdet. „Es hat mich maßlos geärgert, dass da in Hinterstuben lukrative Posten besetzt werden sollten – und das mit Beteiligung der Grünen.“

Ohne vorherige Abstimmung sollte der SPD-Politiker Martin Börschel einen hoch bezahlten Geschäftsführerposten bei den Stadtwerken bekommen. In die Entscheidung waren die Grünen-Ratspolitiker Jörg Frank und Kirsten Jahn verwickelt. Im Verlauf der Affäre hat Frank mittlerweile seinen Posten als Fraktionsgeschäftsführer sowie seinen Platz im Stadtwerke-Aufsichtsrat aufgeben müssen. Auch die Fraktionsvorsitzende Jahn hat einen Sitz im Stadtwerke-Aufsichtsrat und die Forderungen aus ihrer Partei werden immer lauter, dass auch sie diesen Posten abgibt.

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Fraktionsvorsitzende Kirsten Jahn reagiert bestürzt

Über den Austritt ihres einstigen Parteikollegen äußerte sich Jahn bestürzt. „Ich bedauere es zutiefst, dass Dieter Redlin ausgetreten ist“, sagt die 41-Jährige. Sie weiß aber auch, dass seiner Entscheidung ein langjähriger Prozess vorausging. Das erklärt Redlin in seinem Austrittsbrief auch selbst ausführlich. Dort ist unter anderem zu lesen: „Es gab bei den Grünen einige Sachen, die mich zweifeln ließen. Angefangen schon in den 1990er Jahren mit der Reduzierung der Arbeitnehmerrechte und dem Umbau der Sozialgesetzgebung bei Grüner Regierungsbeteiligung. Dann die unerträgliche Diskussion zur Beteiligung Deutschlands an kriegerischen Konflikten, die zum erstmaligen Einsatz der Bundeswehr im Ausland mit grüner Zustimmung führte.“

„Ratsfraktion lässt uns im Regen stehen"

Enttäuscht ist Redlin aber vor allem vom Abstimmungsverhalten seiner Ratsfraktion, die sich allzu oft über Mehrheitsentscheidungen der Porzer Bezirksvertretung hinweggesetzt hätte. „Die Ratsfraktion meiner ehemaligen Partei lässt uns sagenhaft im Regen stehen und blamiert uns bis auf die Knochen vor der Porzer Bevölkerung“, klagt der Politiker. Konkret nennt er etwa die Verzögerungen bei einem in Langel geplanten Supermarkt. Am Ortseingang des südlichen Porzer Stadtteils will ein Investor auf dem Areal einer ehemaligen Müllkippe einen dringend benötigten Supermarkt und Wohnungen bauen. „Es gibt einstimmige Beschlüsse aus der BV, die im Rat ignoriert werden“, findet Redlin. Persönlich verärgert ist der Stadtteilpolitiker von seiner ebenfalls aus Porz stammenden Parteikollegin Jahn: „Sie ist uns knallhart ins Kreuz gefallen.“

Streit um Umzug der Grundschule

Dabei geht es vor allem um die Diskussion über das Areal rund um die Grundschule an der Hauptstraße in Porz-Mitte. Der Porzer Ortsverband der Grünen habe sich klar für einen Umzug der Grundschule auf ein anderes Grundstück entschieden, sagt der nun parteilose Bezirksvertreter. Auf einer Podiumsdiskussion in der Turnhalle der Schule im April erklärte Jahn dann aber: „Ich finde den heutigen Standort richtig und wichtig, man sollte die Schule nicht an den Rand verlegen.“ Mit dieser Aussage stellte sie sich gegen den Grünen-Ortsverband und an die Seite der Elternschaft, die für einen Neubau der stark sanierungsbedürftigen Schule am jetzigen Standort plädiert.

Ein Unding, wie Redlin findet: „Gefasste Beschlüsse gewählter Vertreter sind kein Spielzeug für übergeordnete Gremien, sondern müssen ernst genommen werden.“ Er setzt sich für einen Umzug der Grundschule an die Glashüttenstraße ein und eine völlig neue Gestaltung des jetzigen Schulstandortes mit einem Mix aus Wohnen, Gewerbe und Grünflächen. Das sieht Jahn ganz anders. In Bezug auf den Umzug der Schule und der damit zusammenhängenden geplanten Wohnungsbebauung auf einem Grundstück an der Glashüttenstraße sei sie schon immer einer anderen Meinung gewesen als Redlin. Eben für die Lösung: sozialverträglicher Wohnungsbau an der Glashüttenstraße und einen Schulneubau auf dem heutigen Schulareal an der Hauptstraße. Darüber diskutiere man schon seit mehreren Jahren kontrovers. „Ich habe Porz nicht im Stich gelassen, sondern eine andere Antwort für eine gute Zukunft in Porz“, so die Ratspolitikerin.

Trotz seines Parteiaustritts will Redlin als parteiloser Vorsitzender der grünen Fraktion in der Bezirksvertretung bleiben, das habe er mit seiner Porzer Parteikollegin Regina Pischke und dem Ortsverband so abgesprochen. Werner Marx, Fraktionsvorsitzender der CDU, glaubt deshalb auch an eine weiterhin reibungslose Zusammenarbeit mit der Fraktion: „In der jüngsten BV-Sitzung hat sich schon gezeigt, dass unser Dreierbündnis aus CDU, Grünen und FDP weiterhin gut funktioniert.“ Den Parteiaustritt Redlins wollte Marx nicht kommentieren, das sei eine persönliche Entscheidung, die habe man einfach zu respektieren.

Von Seiten der SPD kommen andere Töne. Fraktionschef Simon Bujanowski sieht den Parteiaustritt sehr kritisch: „In der Bezirksvertretung stehen wegweisende Beschlüsse zur Neugestaltung von Porz-Mitte an. Gerade jetzt müssen wir alle als Porzer Politiker gemeinsam an einem Strang ziehen. Persönliche Interessen müssen zurückstehen.“ Er legt Redlin sogar nahe, seinen Sitz in der Bezirksvertretung abzugeben, denn die Porzer hätten schließlich zwei grüne Vertreter gewählt, von denen einer jetzt wegfalle.

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