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Porzer Jugendstil in neuem Glanz

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Porz –  Eines der markantesten alten Häuser im Porzer Zentrum soll nach Jahrzehnten des Verfalls bald in neuem Glanz erstrahlen. Das vor etwa 120 Jahren erbaute Eckhaus an der Hauptstraße/ Poststraße will die städtische Wohnungsbaugesellschaft GAG wieder zu einem würdigen Pendant für die gegenüberliegende evangelische Lukaskirche machen. Beide Gebäude haben Jugendstil-Elemente und stammen aus der gleichen Epoche. Beide zählen auch zu den wenigen aus dieser Zeit noch übrig gebliebenen Baudenkmälern und stehen unter Schutz.

Die GAG hat das Gebäude ebenso wie die benachbarten Baukörper an der Hauptstraße und Poststraße erworben, wobei der Kauf des Eckhauses gar nicht so einfach war. Die Stadt als Eigentümerin wollte gerade dieses Filetstück nicht an die Wohnungsbaugesellschaft übertragen – versäumte es jahrzehntelang aber, dort selbst dringend notwendige Erhaltungsmaßnahmen vorzunehmen.

Es bedurfte zahlreicher politischer Gespräche und Verhandlungen, um den Verkauf trotz mancher Widerstände zu ermöglichen. Dafür haben sich die Ratsmitglieder Anne Henk-Hollstein (CDU) und Michael Frenzel (SPD) gemeinsam schon in der vergangenen Legislaturperiode im Liegenschaftsausschuss eingesetzt und letztlich an der Erhaltung des arg mitgenommenen Zeitzeugnisses mitgewirkt.

„Wir haben das Gebäude gründlich untersuchen lassen und den sehr schlechten Zustand dokumentiert“, sagt GAG-Vorstand Kathrin Möller. Die komplette Wiederherstellung des Eckhauses sei nicht möglich, weil Schimmel und Pilze über einen langen Zeitraum ungestört ihr Zerstörungswerk fortführen konnten. In enger Abstimmung mit dem Amt für Denkmalpflege werde jedoch die straßenseitige Fassade zur Hauptstraße und zur Poststraße erhalten und stilgerecht saniert. „Die Arbeiten umfassen die Wiederherstellung der Putzfassade mit allen Stuckelementen und der Farbgestaltung inklusive des vorhandenen Schriftzuges“, führt Möller aus. Die verblasste Schrift deutet darauf hin, dass hier vor mehr als vier Jahrzehnten ein Friseur sein Handwerk betrieben hat. Fehlende Teile sollen originalgetreu ersetzt und die historische Haustür sowie die Fensteraufteilung mit Profilierung und Rahmen wiederhergestellt werden. Der übrige Gebäudekörper des Denkmals inklusive Dachstuhl wird durch einen Neubau ersetzt. Diese Gebäudeteile sind so in Mitleidenschaft gezogen, dass sie nicht zu retten sind. Ob der alte Gewölbekeller wieder hergerichtet werden kann, wird derzeit noch untersucht; zudem steht noch nicht fest, ob die sanierten Straßenfassaden als tragende Elemente mit dem Neubau verbunden oder als Fassade davor stehen werden.

Rechts und links des prägnanten Eckhauses baut die GAG neue Häuser mit rund 70 öffentlich geförderten Wohnungen anstelle der vorhandenen, einst vornehmlich zu gewerblichen Zwecken errichteten Gebäude.

Henk-Hollstein und Frenzel zeigen sich sehr zufrieden mit dieser Lösung. „Dass es gelungen ist, das unter Denkmalschutz stehende Eckhaus an die GAG zu übertragen, ist dem Gemeinschaftsengagement zu verdanken“, sagt die CDU-Ratsfrau Anne Henk-Hollstein. Der Erfolg belege, dass Politiker nicht mit Scheuklappen durch die Gegend liefen , „sondern über Parteigrenzen hinweg ein konstruktives Miteinander pflegen können“. Nachdem die Stadt zunächst kein Interesse am Verkauf des Eckhauses zusätzlich zu den Flächen des ehemaligen Monz-Geländes gehabt und in Erwägung gezogen habe, hier selbst zu bauen, habe die politische Zusammenarbeit von CDU und SPD ein Umdenken bewirkt.

Frenzel freut sich, dass „das identitätsstiftende Denkmal Teil einer hervorragenden Lösung wird, die bezahlbaren neuen Wohnraum im Porzer Zentrum schafft“. Auch für das Integrierte Stadtentwicklungskonzept(ISEK) sei die Ensemblewirkung mit der Lukaskirche eine prägende Komponente.

Die GAG Immobilien AG hat nach den Worten von Kathrin Möller Erfahrung mit der Integration von historischer Bausubstanz in ihre Bauprojekte; unter anderem in der Germaniasiedlung und in Höhenhaus gebe es dafür schöne Beispiele. Auf dem etwa 4500 Quadratmeter großen Eckgrundstück Poststraße/ Hauptstraße, das jetzt komplett in GAG-Besitz ist, werden beidseits des Denkmals moderne Häuser entstehen; die Bau-Vorbereitungen haben bereits begonnen. Im ersten Abschnitt sollen bis voraussichtlich 2021 die Bauten an der Poststraße entstehen. Der zweite Bauabschnitt umfasst die Gebäude entlang der Hauptstraße inklusive Tiefgaragenzufahrt und ein zurückgesetzt entstehendes Haus. Die Tiefgarage für 50 Autos und 100 Fahrräder soll allein von Süden her anfahrbar sein, herauskommende Wagen dürfen nur Richtung Norden fahren. Zur Ein- und Ausfahrt ist also nur das Rechtsabbiegen erlaubt. Dieser Bauabschnitt soll der GAG zufolge im Sommer 2023 abgeschlossen sein.

Anne Henk-Hollstein, CDU

Michael Frenzel, SPD

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