Abo

Protest in PorzBürgerverein ist gegen das Wohngebiet Zündorf-Süd

Lesezeit 4 Minuten
Joachim Tiedke (l.), Hans Baedorf und Rainer Rosenkranz vom Bürgerverein Zündorf.

Joachim Tiedke (l.), Hans Baedorf und Rainer Rosenkranz vom Bürgerverein Zündorf.

Köln-Zündorf – Vor unvorhersehbar negativen Folgen des Klimawandels für das gesamte Kölner Stadtgebiet warnt der Bürgerverein Zündorf im Fall einer schlecht geplanten und vorschnellen Bebauung der mehr als 50 Hektar großen Frei- und Ackerfläche südlich des Porzer Stadtteils.

Aktuellen Anlass dazu bietet für den Verein nicht nur der kürzlich beendete UN-Weltklimagipfel in Bonn, sondern vor allem eine Entscheidung des Kölner Stadtrats. Der hat der bei seiner jüngsten Sitzung eine erneute Initiative für die bereits vor Jahren geplante Entstehung eines Wohnviertels beschlossen, um die Wohnungsnot zu bekämpfen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Konkret verweisen die Mitglieder des Arbeitskreises Umwelt im Bürgerverein auf das Phänomen des sogenannten Rheintalwindes. „Bei dem geplanten Großbaugebiet Zündorf-Süd handelt es sich um eine wichtige landwirtschaftlich genutzte Freifläche. Sie hat große Bedeutung für die Entstehung von Frisch- und Kaltluft“, erläutert Joachim Tiedke, der sich mit Rainer Rosenkranz und Hans Baedorf des Themas angenommen hat. „Nach Sonnenuntergang bilden sich auf den Flächen durch Verdunstungskälte kalte Luftmassen. Nachts strömt zusätzlich Kaltluft vom Siebengebirge nach Zündorf und damit in die südöstliche Kölner Bucht. Beide Kaltluftmassen vereinigen sich zu einem mächtigen Kaltluftstrom - dem Rheintalwind“, führt Tiedke weiter aus.

Der sei so wichtig, weil er das Kölner Stadtgebiet bis hin zu den im Sommer besonders wärmebelasteten innerstädtischen Bereichen belüfte. Die Luft in der Stadt sei durch die Kessellage in der Kölner Bucht ohnehin stark belastet, die Schadstoffkonzentration bei austauscharmen Wetterlagen besonders hoch und gesundheitsschädlich. „Die Frischluftströmung hat in heißen Sommernächten eine Abkühlungsfunktion und bläst zudem die Schadstoffe aus den engen Häuserschluchten heraus“, fügt Hans Baedorf hinzu.

Eine großflächige Bebauung und Versiegelung des Kaltluftentstehungsgebietes in Zündorf würde diesen notwendigen klimatischen Ausgleich für die gesamte Stadt Köln erheblich gefährden.

Grundwasser könnte steigen

Hinzu komme, dass unter dem Planungsgebiet ein Altarm des Rheins verlaufe. Das führe zu weiteren Problemen in Form von Grundhochwasser-Gefahr und erheblichen statischen Bau-Komplikationen. Bei ihrer Warnung beziehen sich die Mitglieder des Bürgervereins indes auf Ergebnisse von der Stadt Köln selbst und vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Lanuv) angestellten Erhebungen.

So wies das Lanuv bereits im Jahr 2013 etwa in einem Bericht zur Hitzebelastung darauf hin, dass „in Köln darauf zu achten ist, insbesondere Kaltluft-Austauschgebiete und Frischluftschneisen weitestgehend von der Bebauung freizuhalten“. Auch der damalige Baudezernent der Stadt Köln, Franz-Josef Höing, äußerte sich 2015 ähnlich: „Wir tun gut daran, Klimagerechtigkeit sehr weit nach vorne zu stellen: Innenentwicklung vor Außenentwicklung.“

Baulückenprogramm beleben

Die Zündorfer halten darum eine Wiederbelebung des städtischen Baulückenprogramms für die bessere Alternative zur großflächigen Bebauung von Flächen am Stadtrand. „Klimarelevante Erkenntnisse wie die über den Rheintalwind sind dem Umweltamt nicht nur bekannt, sie fließen selbstverständlich in die Stadtplanung ein“, teilt Sabine Wotzlaw vom Kölner Presseamt auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. Dies geschehe in Form von anlassbezogenen, gutachterliche, Untersuchungen sowie als fachamtliche Stellungnahmen.

Stadt beachtet Windlagen

„Beide führt im besten Falle zu entsprechenden Festsetzungen in Bebauungsplänen“, sagt Wotzlaw. Auch die Ämter für Stadtentwicklung sowie für Straßen und Verkehrstechnik sagen zu, die Umweltbelange in allen städtischen Planverfahren - soweit relevant für das jeweilige Verfahren auch zum Thema Windlagen - zu beachten. Auch im Ratsbeschluss wird ausdrücklich gefordert, die Belange von Klima- und Naturschutz zu berücksichtigen.

Die Mitglieder des Bürgervereins möchten mit ihrer Kritik nicht als „grundsätzliche Gegner“ einer Bebauung von Zündorf wahrgenommen werden, so Hans Baedorf. "Uns ist klar, dass die Stadt Köln massive Wohnraumprobleme hat und künftig viele Varianten für eine Verbesserung der Situation geprüft werden." Für den „speziellen Fall Zündorf“ möchten er und seine Mitstreiter die vorhandenen Absichtserklärungen der Stadt aber gern in unabhängigen, regionalen Klimauntersuchungen umgesetzt wissen, bevor weiter geplant werde.

Häufigere Hitzetage befürchtet

Baedorf: „Wenn diese Flächen erst der Natur entrissen und betoniert sind, kann und wird sie später niemand wieder öffnen.“ Das für Kölns Luft und Temperaturen so bedeutsame Gebiet sei so unwiederbringlich verloren. Hitzetage und -nächte würden es dann in der Stadt zwangsläufig viel häufiger geben.

KStA abonnieren