Umweltschutz in Köln-ZündorfNaturschützer sorgen sich um den Vogelbestand

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Sabine Hammer in Holger Sticht (von links) warben bei der Exkursion für den Erhalt der Ackerflächen im Zündorfer Süden.

Sabine Hammer in Holger Sticht (von links) warben bei der Exkursion für den Erhalt der Ackerflächen im Zündorfer Süden.

Köln-Zündorf – Ein Juwel liegt zwischen der Grundschule und den verfallenden Gewächshäusern am Gartenweg. Die Ackerbrache, über die einst die Gleise der „Rhabarberschlitten“ genannten Kleinbahn Richtung Rhein-Sieg-Kreis führten und wo einmal die Verlängerung der Stadtbahnlinie 7 beginnen könnte, ist nach den Worten von Holger Sticht ein ökologischer Schatz. Auf dem umbrochenen, aber stillliegenden Ackerboden direkt am Rande der Bebauung wachsen Disteln und echte Kamille, Wegwarte, wilde Möhre, Mohn und Gräser in bunter Vielfalt. Sie geben Insekten und Vögeln einen guten Lebensraum.

Sticht ist Ornithologe und seit Jahren auch rund um Zündorf immer wieder unterwegs, um den Bestand heimischer Vogelarten zu dokumentieren. In politischen Gremien, bei der Verwaltung und bei naturinteressieren Mitbürgern wirbt er mit dem BUND für Naturschutz Deutschland dafür, Lebensräume für Vögel zu bewahren.

Das ist im Zündorfer Süden besonders wichtig, wie Holger Sticht und seine BUND-Mitstreiterin Sabine Hammer bei einer Exkursion in die Felder deutlich machten. Ein Dutzend Zündorfer waren der Einladung gefolgt, bei der es um die akute Bedrohung dieser Naturvielfalt ging– nicht nur auf der Brache am Gartenweg. Riesige Flächen im Zündorfer Süden sind zur Wohnbebauung und Schaffung einer Umgehungsstraße vorgesehen. Wenn die zum Teil 40 Jahre alten Pläne realisiert werden und zudem weiter im Süden noch die Fortführung der geplanten Autobahn-Rheinquerung durch die landwirtschaftlich genutzten Flächen geht, hat das nach Aussage der BUND-Aktiven dramatische Folgen. Zahlreiche bedrohte Vogelarten, die weite, offene Landschaften brauchen, werden sich Sticht zufolge zurückziehen. Der Wachtelkönig und die Grauammer, die in den Feldern zu Hause waren, leben hier längst nicht mehr, Arten wie die Wachtel und selbst Allerweltsvögel wie Lerche und Star sind zunehmend gefährdet.

Die Bebauung und damit Versiegelung so ausgedehnter Flächen wie für „Zündorf Süd“ vorgesehen vertreibt aber nicht nur die gefiederten Sänger. „Wenn hier gebaut wird, gehen bedeutende Kaltluftentstehungsbereiche verloren“, sagt Sabine Hammer vom Kölner BUND-Vorstand. Die kühle Luft, die in den Senken der ehemaligen Rheinarme entsteht, fehlt dann zur Abkühlung der Kölner Innenstadt. Jetzt wird sie mit den Rheintalwinden vom Siebengebirge her allnächtlich in die Stadt geweht.

Ist das Gelände bebaut, entstehe dort keine Kaltluft mehr und auch die Windströmungen würden an den Bauten gestoppt. „Das war bei den ersten Plänen zur Erweiterung der Wohnbebauung noch nicht allgemein bekannt. Jetzt weiß man aber um die Bedeutung der Kaltluftentstehungsgebiete und darf das bei den Planungen nicht übergehen“, sagt Hammer. Ihre Befürchtung: Hier könnte der Standort fürs olympische Dorf bei einer NRW-Olympiabewerbung geplant und die Häuser anschließend für Wohnzwecke genutzt werden.

Für durchaus diskussionswürdig halten der BUND und Zündorfer Naturschützer die Planungen für eine Umgehungsstraße. Die werde vornehmlich zur Erschließung für das große vorgesehene Baugebiet konzipiert, befürchtet beispielsweise Naturschützerin Karin Michel. „Mit einer Umgehungsstraße werde der Ort entlastet, so macht man den Bürgern den Bau schmackhaft“, sagt Michel. Dieser Vorteil würde ihrer Einschätzung nach mit einem riesigen Neubaugebiet samt all seinen nachteiligen Auswirkungen aber teuer bezahlt.

In den Feldern klärt Holger Sticht die Teilnehmer über die Gefahren des Flächenverbrauchs auf: Der Landwirtschaft in NRW gingen täglich dramatisch Flächen verloren, was das Land bei der Lebensmittelversorgung weiter in Abhängigkeit stürze. Auch die Wasserversorgung – neben dem vorgesehen Bau-Areal liegt das Wasserwerk – werde durch weitere Versiegelung stark beeinträchtigt.

Was die Vogel-Vielfalt betrifft, erweist sich der Ornithologe als Freund ausgedehnter Anbauflächen und hält nichts von Ausgleichspflanzungen mit hohen Bäumen. Die vertrieben nämlich Arten wie die Wiesenschafstelze, die in ihrem Lebensraum einfach keinen Raumwiderstand akzeptierten. „Bei der Anlage von Kompensationsflächen wird der Naturschutzgedanke oft missverstanden“, sagt Sticht. „Statt Vielfalt bringen solche Anpflanzungen in diesem Bereich eine Verarmung“.

Während der Vogelkundler die Teilnehmer auf die Rufe von Rote-Liste-Vogelarten wie Goldammer und Bluthänfling aufmerksam macht, werben Melanie Hahn und Karin Michel für eine neu zu gründende Naturschutzgruppe Zündorf. Darin sollen Argumente gegen die Straßen- und Wohnungsbauvorhaben kanalisiert und Informationen über den bedrohten Natur-Schatz verbreitet werden.

www.bund-köln.de natur.zuendorf@gmail.com

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