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Preis für Kölner BündnisUmgestaltung der Kölner Ringe wirkt wie ein Flickenteppich

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Zwischen Lindenstraße und Zülpicher Platz hat die Stadt bereits eine Autospur in eine Radspur umgewandelt.

Zwischen Lindenstraße und Zülpicher Platz hat die Stadt bereits eine Autospur in eine Radspur umgewandelt.

Köln – Der Kontrast könnte kaum größer sein. Mitte April landete Köln beim Fahrrad-Klimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) im Vergleich der Metropolen mit mehr als 500 000 Einwohnern auf dem letzten Platz – ein Debakel für die Verkehrspolitik der Stadt. Nur vier Wochen später hat das Kölner Aktionsbündnis „Ring frei“ am Montag beim Deutschen Fahrradpreis den ersten Platz belegt. Das Projekt, auf den Ringen fast durchgängig eine Autospur in eine Fahrradspur umzuwandeln, erhält damit eine bundesweite Aufmerksamkeit.

„Ring frei“ erhält den Fahrradpreis in der Kategorie „Kommunikation“ und nicht in der Kategorie „Infrastruktur“, was bei einem Umbau einer zentralen Verkehrsachse naheliegender wäre. Das NRW-Verkehrsministerium lobt, dass das Aktionsbündnis „durch eine gezielte Ansprache der Öffentlichkeit, einer klugen Kommunikationsstrategie sowie einer klaren Einbindung der örtlichen Politik eine Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht auf den Kölner Ringen“ durchgesetzt habe. „Ring frei“ habe ein Zehn-Punkte-Papier erarbeitet sowie Workshops, Ortsbegehungen, Plakataktionen und diverse öffentliche Veranstaltungen organisiert.

Umgestaltung der Kölner Ringe wirkt wie ein Flickenteppich

Was die tatsächliche Umsetzung des Projekts seitens der Stadtverwaltung angeht, ist das Verkehrsministerium aber offensichtlich nicht ausreichend informiert. „Auf diese Weise wurde der Kölner Boulevard zu einer angenehmen Flaniermeile und einer sicheren Fahrradverbindung umgewandelt“, heißt es aus Düsseldorf. Bei diesem Satz handelt es sich jedoch noch um Zukunftsmusik, denn bislang hat das Verkehrsdezernat lediglich einige wenige Abschnitte der Ringe umgestaltet, was wie ein Flickenteppich wirkt.

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Parallele Fahrradstrasse

Die Stadtverwaltung wandelt parallel zu den Ringen Friesenwall, Mauritiuswall und Severinswall zu Fahrradstraßen um. Dort beherrscht der Radfahrer den Verkehr. Andere Verkehrsteilnehmer wie Autofahrer dürfen die Straßen nutzen, wenn ein Zusatzzeichen am Verkehrsschild das erlaubt. Die Fahrzeuge dürfen aber nicht schneller als 30 Stundenkilometer fahren, und der Fahrradverkehr darf nicht gefährdet oder behindert werden. Falls nötig, muss der Kraftfahrzeugverkehr die Geschwindigkeit verringern. Zudem dürfen Fahrradfahrer dort anders als sonst auch nebeneinander fahren. Für die Umgestaltung der „Wälle“ muss die Stadt am Straßenrand etwa 200 Stellplätze für Autos entfernen, um eine Breite von vier Metern zu ermöglichen. (att)

Dazu gehören der Bereich zwischen der Bastei und dem Ebertplatz und ein Teilstück an der Ulrepforte. Erst ab 2020 wird der Umbau im wichtigsten und meist genutzten Abschnitt zwischen Hansaring und Hohenstauffenring folgen. Zwischen Zülpicher Platz und Lindenstraße existiert zurzeit lediglich eine Teststrecke, die als Pilotversuch für die gesamte Umgestaltung dient. Die Verwaltung will aber noch in diesem Jahr auf den Ringen die neue Radspur mit Piktogrammen kennzeichnen.

„Ring frei“ musste Rückschläge hinnehmen

Dass „Ring frei“ einmal den ersten Platz beim Fahrradpreis erreichen würde, war keinesfalls absehbar. Das 2015 von ehrenamtlich engagierten Bürgern gegründete Aktionsbündnis musste von Beginn an Rückschläge hinnehmen und sich gegen Widerstände aus den Reihen der Politik und vor allem der Stadtverwaltung durchsetzen. Vor zwei Jahren stand das Projekt zeitweise sogar vor dem Aus. Die Initiatoren von „Ring frei“ wollten damals die Zusammenarbeit mit der Stadt beenden, weil das Team des Fahrradbeauftragten die Umsetzung immer wieder nach hinten verschoben hatte, obwohl es einen eindeutigen Ratsbeschluss gab. Erst nach diesen Querelen nahm das Projekt wieder langsam an Fahrt auf.

„Wir freuen uns sehr über den Fahrradpreis und hoffen, dass das jetzt auf die gesamte Stadt ausstrahlt“, sagt Ring-frei-Sprecher Reinhold Goss. Eine Auszeichnung gebe es in der Regel dafür, dass etwas umgesetzt werde, weshalb er sich wünsche, dass die Stadt das jetzt mutig angehen möge. Goss nahm den Deutschen Fahrradpreis, der unter anderem vom Bundesverkehrsministerium und dem Zweirad-Industrie-Verband vergeben wird, am Montag in Dresden entgegen.

Grüne Welle für Radfahrer gefordert

Die Verwaltung hat zwar bereits eine Beschlussvorlage für den Verkehrsausschuss des Stadtrats vorgelegt, das Aktionsbündnis sieht jedoch noch Nachbesserungsbedarf. So fordern die Initiatoren von „Ring frei“ eine grüne Welle für Radfahrer, durchgängig Tempo 30 – bislang plant die Stadt mit einem Wechsel zwischen Tempo 30 und 50 – sowie eine eigene Fahrradspur am Barbarossaplatz. Dort soll es lediglich in nördlicher Fahrtrichtung eine Veränderung geben. Zwar bleibt es für Autofahrer zweispurig, es wird aber ein Radfahrstreifen eingezeichnet. Der dafür nötige Platz entsteht, weil die bislang schrägen Parkplätze am Straßenrand in Zukunft längs angelegt sein sollen. Aus Sicht des Aktionsbündnisses hat der Radverkehr auf den Ringen auch deshalb eine besondere Bedeutung, weil sich entlang der Straße rund 80 Bildungseinrichtungen befinden und dort Tausende von Schülern unterwegs seien.

Die Bezirksvertretung Innenstadt hat in der vergangenen Woche bereits mit großer Mehrheit Änderungen an der Vorlage der Verwaltung beschlossen. Im Juni wird der Verkehrsausschuss eine endgültige Entscheidung darüber treffen, wie es auf den Ringen weitergeht.

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