Premiere im RheinauhafenKölner Publikum feiert Cirque Bouffon

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Verblüffend: Roxana Küwen lässt ihre Zehen perfekt synchron zu den Fingern bewegen kann, und balanciert weiße Kugeln auf Handflächen und Fußsohlen.

  • Der Cirque Bouffon zeigt sein neues Programm „Lafolia“ im heimeligen Rundzelt am Schokoladenmuseum.
  • Das neue Programm bietet eine gelungene Mischung aus Akrobatik, Komik, poetischen Momenten und Live-Musik.
  • Ein Dutzend Artisten aus fünf Nationen wirken zusammen und zeigen auf dem Seil, am Trapez oder auf dem Boden hohe Körperkunst

Köln – Am Anfang klettert sie aus einem alten Piano, stellt sich auf den wieder  zugeklappten Deckel und stößt in eine Trompete. Am Ende krabbelt sie erneut in den Flügel hinein, und er wird geschlossen. Dazwischen verbindet Olivia Weinstein mit Slapstick-Einlagen die Szenen der Zirkus-Nummern, quirlig, wild grimassierend, absichtlich stolpernd.

Wer denkt, dass sich ihre Aufgabe auf Nicht-Artistisches beschränkt, wird spätestens dann eines Besseren belehrt, wenn sie einen Hula-Hoop-Reifen um ihre Nase und dann um ihr ausgestrecktes Hinterteil kreisen lässt. Wo hat man so etwas schon gesehen?

Der Cirque Bouffon zeigt es in seinem neuen Programm „Lafolia“. Am Dienstagabend war in Köln Vorpremiere im heimeligen Rundzelt am Schokoladenmuseum. Zum Schluss applaudierten die rund 400 Zuschauer im Stehen.

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Infos

Der Cirque Bouffon gastiert bis zum 16. Juni auf dem Platz neben dem Schokoladen-Museum. Tickets kosten bis zum 12. Mai (Preview-Rabatt) für Erwachsene ab 30,40 Euro, für Kinder (4 bis 14 Jahre) 21,40 Euro. Die Preise ab 15. Mai: ab 38,20 Euro für Erwachsene, ab 25,90 Euro für Kinder.

www.cirque-bouffon.com

Poetische Momente

Das neue Programm, zusammengestellt von Zirkusdirektor Frédéric Zipperlin,  bietet eine gelungene Mischung aus Akrobatik, Komik, poetischen Momenten und Live-Musik,die mal balladesk, mal rockig ist, wiederholt an ausgelassenen Balkan-Sound erinnert und bisweilen im Vordergrund steht. Etwa dann, wenn Agnés Pelé virtuos Geige spielt und mit volltönender Stimme singt,  oder wenn Sarah El Shamy mit schwindelerregender Schnelligkeit das Vibraphon bearbeitet.  Die Kompositionen stammen auch diesmal vom ukrainischen Kontrabassisten und musikalischen Leiter Sergej Sweschinskij. 

Ein Dutzend Artisten aus fünf Nationen wirken zusammen und zeigen zum Beispiel auf dem Seil, am Trapez oder auf dem Boden hohe Körperkunst. Was sich  alles in einem permanent rotierenden Reifen anstellen lässt, demonstriert Ariadna Gilabert Corominas so ausgiebig, dass man sich fragt, wie sie bei so vielen Umdrehungen die Orientierung behalten kann. Jonglage mit Keulen ist zwar nicht Ungewöhnliches, doch  Florent Lestage setzt einen drauf: Er nimmt Spazierstöcke dazu und schafft es, dass sich die Keulen, unablässig durch die Luft wirbelnd, in den Griffen verhaken.

Staunenswert ist auch die Darbietung von Roxana Küwen. Mit einem Höchstmaß an Feinmotorik und verblüffendem Gefühl für Gleichgewicht balanciert sie, die  ihre Zehen perfekt synchron zu den Fingern bewegen kann,  weiße Kugeln auf Handflächen und Fußsohlen, die selbst dann nicht herunterfallen, wenn sie sich auf dem Boden windet. Kunstfertigkeit beweist sie auch, wenn sie zu Jonglagen übergeht oder am Trapez hängt.

Dem Publikum stockt der Atem

Immer wieder brandete  Szenenapplaus auf. Oder dem Publikum stockte der Atem, als Anna Abrams, an einem Tau turnend, kalkulierte Stürze vollführte. Den Atem hielt  manch einer auch  beim Balanceakt auf  Gläsern und Flaschen an. Zu den zahlreichen originellen Ideen, die auch im Kleinen wirken und dem Programm etwas Wunderliches, Skurriles  geben, gehört, wie Clown Joel Baker ein Hemd am Kleiderbügel und auf Krückstöcken tanzen lässt oder wie er versucht, eine Stehlampe auszutricksen, die sich immer dann ausschaltet, wenn er zu lesen anfangen will.

Vorpremiere für einen guten Zweck

Zur exklusiven Vorpremiere von „Lafolia“ in Köln hatte der Zonta Club Köln 2008 eingeladen. Zonta ist eine internationale Organisation, die sich für die Stellung der Frau in rechtlichen, politischen und beruflichen Bereichen einsetzt. Präsidentin Cornelia Hillenherms, sagte in ihrer Ansprache, dass ein Teil des Erlöses ins Präventionsprojekt „Nicht mit mir“ fließt, eine mit der Stadt und Lobby für Mädchen initiierte Initiative, die Schülerinnen vor sexuellen Übergriffen und Gewalt bewahren soll. Der andere Teil geht an den „Zonta Cologne Art Award“, der mit 10000 Euro dotiert ist. (cs)

Doch keine Frage: Als „Hauptclownin“ hat Temperamentsbündel Olivia Weinstein weit mehr Gelegenheit, das Publikum zu begeistern, bevor sie wieder im Piano verschwindet. Und sei es, dass sie in einen Lkw-Reifen rutscht und sich hilflos strampelnd bemüht, wieder herauszukommen.

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