Premiere in KölnGekonnter Blödsinn und ein starkes Ensemble im Scala-Theater

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Starkes Premieren-Ensemble: Sylvia Bartusek, Arne Hoffmann, Hilde Schmitz, Ralf Borgartz, Maximilian Wieler, Sophie Russel, Elke Schlimbach, Laura Trompetter

Starkes Premieren-Ensemble: Sylvia Bartusek, Arne Hoffmann, Hilde Schmitz, Ralf Borgartz, Maximilian Wieler, Sophie Russel, Elke Schlimbach, Laura Trompetter

Köln – Wo litt dat Hätz vun d’r Welt? En Kölle natürlich. Oder knapp daneben. In dem Eifeldorf „Kimmenich an der Fimsch“. Nie gehört? Navis und alle Apps streiken? Macht nichts. Hauptsache, das Kaff taucht auf dem Radar des Scala-Theaters auf. In dem neuen Stück „Do laachs do dich kapott“ ist Kimmenich der Gegenentwurf zu einem verschlafenen Eifeldorf. Es ist das Epizentrum gekonnten Blödsinns. Der kam beim Premierenpublikum prächtig an. „Do laachs do dich kapott“ versetzte die Gäste in eine Dauer-Begeisterungs-Schleife.

Dat Wasser vun Kölle ist alles andere als gut

Die Handlung ist ebenso verwickelt wie rasch erzählt. Im Kölner Rathaus herrscht dicke Luft. Dat Wasser vun Kölle ist alles andere als gut. Ganz im Gegensatz zu dem in Kimmenich. Die Stadt-Chefin Heiderose De Halsnitvoll möchte genau dieses Wasser irgendwie nach Köln umleiten. Um die Lage vor Ort auszukundschaften, quartiert sie sich mit ihren Mitarbeitern Gudrun Kneifer und Jan vom Pferd auf dem Bauernhof von Griet Kleinapfel ein. Ja, der Bezug zur Geschichte „Jan und Griet“ ist gewollt.

15 Jahre Scala-Theater

Mit der Produktion „Do laachs do dich kapott“ werden im „Scala Theater“ zwei Jubiläen gefeiert. 2003, vor 15 Jahren, eröffnete der mittlerweile gestorbene Kult-Regisseur Walter „Wally“ Bockmayer im ehemaligen „Scala Kino“ am Hohenzollernring das „Scala Theater“.

Bereits das erste Stück „...ich mööch zo Foß noh Kölle gonn“ wurde ein großer Erfolg. Seit Sommer 2015 leiten die Schauspieler Arne Hoffmann und Ralf Borgartz das kölsche Lustspielhaus. Sie starteten mit dem Stück „Dä Floch vun Königswinter“.

Das zweite Jubiläum betrifft Borgartz persönlich. Er stieß vor 20 Jahren zum Bockmayer-Ensemble, das damals noch im Kaiserhof Theater spielte. Der heutige Theater-Chef wohnte damals noch in Hamburg und übernahm in Köln eine Rolle in „La Traviata - Die Binde war ihr Schicksal“. (mos)

Es geht in dem Stück um ganz viel Liebe. In allen nur erdenklichen Spielarten. Mühelos gelingt es Autor und Regisseur Ralf Borgartz Dinge miteinander zu verknüpfen, die auf den ersten Blick rein gar nichts miteinander zu tun haben. Eine intelligenzmäßig etwas zu kurz gekommene Dame (herrlich naiv und liebenswert Hilde Schmitz als Sieglinde Ärmsau) wird aus Versehen Trainerin des 1. FC Köln. Und keiner im Verein hat’s gemerkt. Das Trio Infernale aus dem Rathaus geht als glückliche Familie auf Campingurlaub durch. Ein scheinbar an Demenz leidender – in Wahrheit aber blitzgescheiter – Opa galoppiert auf dem Steckenpferd durch die Szenerie. Tiere können sprechen, singen und tanzen.

Der unumstrittene Star ist das Ensemble

Das Lustspiel besticht mit viel kölscher Musik von Karl Berbuer bis Kempes Feinest, Tempo, Witz und großartigen Darstellern. Der unumstrittene Star ist das Ensemble. Gleichwohl haben die einzelnen Akteure genug Raum, um ihre individuellen Stärken auszuspielen. So erweisen sich beide Neuzugänge im Ensemble als absolute Volltreffer: Laura Trompetter überzeugt als Schauspielerin, Sängerin und Tänzerin gleichermaßen. Maximilian Wieler hat Ausstrahlung, singt gut und kann Saxofon spielen.

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Da steht der nächste Publikumsliebling in den Startlöchern. Längst etabliert im Ensemble sind Sophie Russel (großartig ihre Mimik und Bühnenpräsenz), Elke Schlimbach (mitreißend ihre Sologesangspartien), Sylvia Bartusek (wie gewohnt mit tollen Tanzeinlagen) und Ralf Borgartz (mit unbändiger Spielfreude).

Vor allem Arne Hoffmann überzeugt

Einer ragte bei der Premiere jedoch noch ein Stück heraus: Arne Hoffmann schaffte den Spagat als tüdeliger Opa und werdender Vater, der sich als Nonne tarnen muss. Aber vor allem überzeugte er als Kater, der ebenso geschmeidig wie anmutig tanzte. Ganz große Leistung.

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Natürlich bedient Borgartz die für die Scala-Stücke so typischen Ausflüge in die Welt des Schlüpfrigen und Derben. Die Dialoge gehen mitunter bis nahe an die Gürtellinie, aber selten drunter. Das ist wohltuend, denn man darf befreit lachen, ohne sich fremdschämen zu müssen. Zumal in „Do laachs do dich kapott“ viel mehr steckt. So ist die zunächst hanebüchen erscheinende Liebesbeziehung zwischen dem FC-Maskottchen Hennes und dem Hahn Hannes ein wundervoll arrangiertes Plädoyer für die Kraft der Liebe, die Grenzen und Konventionen zu sprengen vermag.

Zugleich wird mit einem Vorurteil aufgeräumt. Die einst vom früheren FC-Trainer Christoph Daum geäußerte Meinung, dass Schwule im Fußball nichts zu suchen hätten, konterte Hahn Hannes mit der Bemerkung: „Das ist völliger Quatsch. Was glauben die Leute denn, wer schon all die Jahre die Netze für die Tore häkelt?“ Diese Enthüllung war fast so bedeutend wie die, dass Geld allein nicht glücklich macht. Man muss auch Schabau davon kaufen.

„Do laachs do dich kapott“, Scala Theater, Hohenzollernring 48.

www.scala.koeln

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