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Prozess in Köln33-Jähriger soll Frau auf dem Summerjam vergewaltigt haben

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Das Summerjam-Gelände am Tag nach dem Festival

Köln – Für die einen ist es ein Hort der Tiefenentspannung, des musikalischen Hochgenusses gepaart mit friedlichem Miteinander und einer ordentlichen Portion Freizügigkeit. Für die anderen ist es schlicht Sodom und Gomorra, bei dem sich jeder mit jedem sexuell vergnügt – auf freiwilliger Basis, versteht sich. Die Rede ist vom Summerjam, dem größten Reggae-Festival Europas, das seit 1986 immer im Juli am Fühlinger See stattfindet.

Im Juli 2016 soll ein vierfacher Familienvater (33) eine junge Frau aus Berlin nachts in ihrem Zelt vergewaltigt haben. Seit Dienstag steht der dunkelhäutige Mann mit den kurzen Rastalocken wegen sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger vor dem Landgericht. Und er lässt keinen Zweifel daran, dass es zum Geschlechtsverkehr mit der Berlinerin kam. Aber sowohl den Zeitpunkt des Geschehens als auch den Ablauf schildert er konträr zur Anklageschrift.

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„Der Tatvorwurf wird bestritten. Es war ein freiwilliger, völlig einvernehmlicher und harmonischer Geschlechtsverkehr“, sagt sein Verteidiger. Schließlich habe man hinterher noch die Telefonnummern ausgetauscht. „Wer macht so etwas, wenn er später nicht erkannt werden will?“, so der Anwalt.

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Beim Zeltaufbau getroffen

Laut Aussage seines Mandanten hatten sich Angeklagter und Opfer bereits einen Tag vor Beginn des Festivals beim Zeltaufbau kennengelernt. Angeblich habe die Berlinerin ihm zu diesem Zeitpunkt bereits sehr offensichtlich eindeutige Avancen gemacht. Man tauschte die Telefonnummern aus – was dem Angeklagten später zum Verhängnis werden sollte, denn auf diesem Weg kamen die Ermittler ihm auf die Spur. Am Tag des Kennenlernens soll es bereits zum einvernehmlichen Sexkontakt gekommen sein. Dass das Ganze freiwillig geschah, dafür zitiert der Angeklagte auch Zeuginnen: Die Schwester der Berlinerin und ihre Freundin hätten vor dem Zelt entsprechende Bemerkungen gemacht.

Drei Monate später festgenommen

An den Folgetagen habe man sich auf dem Festival „nur noch von weitem“ gesehen, in jener Nacht habe man sich „friedlich getrennt“. Die junge Frau hatte ausgesagt, dass sie erst drei Tage später nachts wach wurde, als ein dunkelhäutiger Mann sie im Schlaf vergewaltigt habe. Inwieweit bei ihr Alkohol eine Rolle spielte, wird das Verfahren zeigen. Auch ist aus den Akten ersichtlich, dass die Berlinerin an den Folgetagen weitere Sexualkontakte hatte.

Der Familienvater war drei Monate später festgenommen worden: Seine DNA war an einem Hautfetzen, der sich an der Unterhose des Opfers befand, sichergestellt worden. Aber es soll auch DNA von anderen Männern gefunden worden sein.

Opfer sagt am Mittwoch aus

Seit elf Jahren lebt der Angeklagten in Deutschland und hat mit einer Lebensgefährtin vier Kinder im Alter von zwei bis zwölf Jahren. Er flüchtete im Alter von 17 Jahren mit Unterstützung einer Kinderhilfsorganisation aus der kongolesischen Heimat, wo der Krieg tobte, nach Köln, lernte deutsch, machte den Führerschein und arbeitet seitdem ununterbrochen als Auslieferungsfahrer. Während des Festivals rief ihn die Lebensgefährtin einmal zurück – er sollte die Dusche reparieren. Danach fuhr er wieder zum Fühlinger See.

„Es spricht das eine oder andere gegen Sie, sonst würden wir hier nicht sitzen“, kommentiert der Vorsitzende Richter die Schilderung des Angeklagten. Entscheidende Bedeutung wird deshalb der Aussage des Opfers zukommen, das am heutigen Mittwoch gehört werden soll.

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