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Prozess in Köln34-Jährige nimmt 3800 Schlaftabletten in acht Monaten

Lesezeit 2 Minuten
Medikamente_dpa

Tablettensucht ist in Deutschland weit verbreitet. 

Köln – Es war ganz offensichtlich ein Fehlalarm, der zugegebenermaßen auf den ersten Blick nicht als solcher zu erkennen war. Die Krankenkasse hatte die Anklagebehörde alarmiert, weil eine Patientin angeblich regelmäßig einen Versicherungsbetrug beging.

Extrem hohe Dosis 

Die 34-jährige Hausfrau und Sozialhilfe-Empfängerin hatte sich innerhalb von acht Monaten bei 18 Ärzten im Kölner Raum das verschreibungspflichtige Medikament Zopiclon verordnen lassen – insgesamt 3800 Tabletten des hochwirksamen Schlafmittels, das für sein Abhängigkeits-Risiko bekannt ist und deshalb von Ärzten äußerst sparsam verschrieben wird. Die Anklagebehörde war sich dann auch sicher: Die Patientin habe die Tabletten an Abhängige verkauft und sich deshalb des Betrugs und des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig gemacht.

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Für die Ermittler war es schlicht nicht vorstellbar, dass die Frau die Tabletten alle selbst konsumiert habe. Die Krankenkasse hatte den Wert der verschriebenen Tabletten mit 1500 Euro beziffert und die Frau angezeigt.

„Ich bin süchtig“

Im Prozess dann die Überraschung: „Ich bin tablettensüchtig“, erklärte die Angeklagte, sie habe ohne die Medikamente nicht mehr existieren können und die gesamte Menge selbst eingenommen. Gegenüber den Ärzten habe sie die Sucht verschwiegen und stets erklärt, nicht schlafen zu können. Eine Haaranalyse des rechtsmedizinischen Instituts bestätigte die Version der Angeklagten: „Sie sind süchtig und haben die Tabletten extrem hoch dosiert genommen“, sagte der Richter nach Kenntnis der Expertise.

Richter macht kurzen Prozess

Bis zu 20 Tabletten habe sie täglich eingenommen, bestätigte die Angeklagte und setzte erklärend hinzu: „Trotz der hohen Dosen war ich immer voll funktionsfähig.“ Inzwischen habe sie durch das Strafverfahren eingesehen, dass es so nicht weitergehen könne und sich ihrem Hausarzt offenbart: „Er weiß jetzt, dass ich süchtig bin.“ Der Mediziner habe ihr als Alternative ein Psychopharmakum verschrieben und ihr eine Therapie nahegelegt, die sie jetzt in Angriff nehmen werde.

„Ihre Abhängigkeit ist gewaltig. Aber Sie scheinen auf einem guten Weg jetzt“, meinte der Richter, der sich wie auch die Staatsanwältin eher rhetorisch die Frage stellte: „Wo ist hier ein Betrug, wenn sie selbst konsumiert hat?“ Die Antwort war ein „kurzer Prozess“, wie der Richter es überschrieb. Mit den Worten „Ich will Sie hier nie wieder sehen, machen Sie bloß die Therapie“, sprach er die Hausfrau von sämtlichen Vorwürfen frei.

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