Prozess in KölnVier Personen vor Gericht, obwohl Opfer Anzeige zurückgezogen hat

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Symbolbild

Köln – Eine gefährliche Körperverletzung ist ein Offizialdelikt – das heißt, eine Straftat, die von Amts wegen verfolgt wird, unabhängig davon, ob ein Strafantrag vorliegt. Deshalb mussten sich am Montag vier aus dem Irak stammende Angeklagte – ein 26-Jähriger, seine Eltern und einer seiner Cousins – vor dem Kölner Amtsgericht verantworten, obwohl der 42 Jahre alte Mann, der als Opfer gilt, seine Anzeige längst zurückgezogen hatte.

Am frühen Abend des 25. Januar 2019 war dieser Mann mit seinem Mazda in Ostheim unterwegs. In einer schriftlichen Einlassung hat der 26-Jährige das Geschehen so geschildert: Als der Cousin seinen kleinen Sohn aus einem an der Straßenseite geparkten VW Golf aussteigen lassen wollte, fuhr der Mazda-Fahrer mit hohem Tempo gefährlich nah daran vorbei. „Arschloch“ rief der Vater des Jungen ihm hinterher. Der Fahrer hielt an, stieg aus und näherte sich, weil er die Beleidigung nicht auf sich sitzen lassen wollte.

Mitangeklagte Mutter bestreitet ihr Mitwirken

In seiner Einlassung behauptet der Angeklagte, der Fahrer habe seinen Cousin angegriffen und dabei einen Schraubendreher hervorgeholt. Daher sei er, der Angeklagte, dazwischengegangen und habe ihm „im Affekt“ einen Fausthieb versetzt. Trotzdem sei der Fahrer wieder auf seinen Cousin losgegangen, und die Männer hätten sich geprügelt. Da habe sich auch sein Vater eingemischt.

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Nachdem sie angekündigt hätten, sie würden nun die Polizei rufen, sei der Mann in sein Auto gestiegen und weggefahren. Von der Amtsrichterin befragt, bestritt die mitangeklagte Mutter, tätlich mitgewirkt zu haben.

Opfer zieht Anzeige nach Aussprache zurückgezogen

Der Fahrer trug bei dem Vorfall unter anderem eine offene Nasenbeinfraktur sowie Prellungen des Schädels und des Brustkorbs davon. Am nächsten Tag erstattete er Anzeige. Bei seiner Vernehmung vor Gericht bestätigte er, dass er die Anzeige zurückgezogen hat. Vorausgegangen sei eine Aussprache im Jesiden Zentrum Köln. Dort hätten er und die Angeklagten, die dem jesidischen Glauben angehören, im Rahmen einer Versammlung die Sache geklärt und sich ausgesöhnt.

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Da für ihn die Angelegenheit somit bereinigt war, hatte der 26-jährige Beschuldigte zu Beginn des Prozesses seinem Unverständnis dafür Ausdruck verliehen, dass die Verhandlung überhaupt stattfand, und die Staatsanwältin ihm daraufhin erklären müssen, was es mit einem Offizialdelikt auf sich hat, bei dem die Justiz nun einmal tätig werden muss.

Doch weil die Parteien offensichtlich Frieden geschlossen haben und der Geschädigte kein Interesse an einer Strafverfolgung hat, stellte die Richterin das Verfahren ohne Auflagen ein.

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