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Quarantäne, Maskenpflicht, DemosCorona beschäftigt die Kölner Gerichte

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Ordnungsamt Rheinboulevard

Das Ordnungsamt patrouilliert am Rheinboulevard.

  • Die Corona-Krise in Köln beschert den Gerichten viel zusätzliche Arbeit.
  • Viele Fragen, über die sich vor der Pandemie niemand den Kopf zerbrochen hat, müssen nun geklärt werden.
  • So stand unter anderem die Frage zur Diskussion, ob Demonstranten ihre Namen und Adressen angeben müssen oder ob ein Ehepaar mit einer Klage gegen die Quarantäne durchkommt?

Köln – Eine Fülle von Fällen, die mit der Corona-Krise zu tun haben, beschäftigt das Kölner Verwaltungsgericht. Schon im Mai waren mehr als 100 entsprechende Verfahren eingegangen, darunter zahlreiche Eilanträge. Damals war vorrangig die Infektionsschutzkammer zuständig. Mittlerweile seien die Verfahren, deren Zahl um einiges gestiegen ist, „über das ganze Haus verteilt“, sagt Gerichtssprecher Christoph Schulte-Bunert. Denn die Pandemie spielt in alle möglichen Lebensbereiche hinein. Wenn es zum Beispiel darum geht, ob ein abgelehnter Asylbewerber trotz Gesundheitsgefahr in seine Heimat abgeschoben werden darf, ist die Asylkammer zuständig. Das Verwaltungsgericht hat darüber zu urteilen, ob Maßnahmen, die die Behörden in Köln, Bonn, Leverkusen und den umliegenden Landkreisen ergreifen, rechtens sind.

In zahlreichen Fällen ist eine Entscheidung getroffen worden, etliche andere Verfahren sind anhängig. Als „Dauerbrenner“ bezeichnet Schulte-Bunert Klagen, die sich unter Berufung auf das Versammlungsrecht dagegen richten, dass Kommunen mit Verweis auf die Corona-Schutzbestimmungen Demonstrationen nicht genehmigen. Häufig würden sich diese Verfahren von selbst erledigen, weil die jeweilige Kommune in der Regel einen Rückzieher mache, wenn die Kammer den Fall sorgfältig geprüft und den Hinweis gegeben habe, das Verbot lasse sich nicht halten. „Die Behörden akzeptieren die gerichtliche Kontrolle“, so Schulte-Bunert.

Köln: Müssen Demonstranten ihre Namen und Adressen angeben?

Allesamt anhängig sind die Verfahren, die Klagen von Medizinstudenten aus Bayern und Baden-Württemberg gegen das Bundesgesundheitsministerium angestoßen haben. Weil das Ministerium seinen Hauptsitz in Bonn hat, ist das Kölner Verwaltungsgericht zuständig. Im März hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn entschieden, das zweite Staatsexamen in Medizin wegen der Corona-Pandemie zu verschieben. Die Studenten sollten vorzeitig ihr Praktisches Jahr in der Klinik beginnen, um bei der Versorgung der Covid-19-Patienten zu helfen. Dafür wurde die Approbationsordnung geändert. Der Beschluss hätte für die Medizinstudenten in ganz Deutschland gelten müssen, denn der Ablauf des Studiums ist bundeseinheitlich geregelt. Spahn überließ es jedoch den Bundesländern zu entscheiden, ob sie der Empfehlung folgen. Nur Bayern und Baden-Württemberg taten es.

In der Anfangszeit der Krise entschied das Gericht beispielsweise darüber, ob die Schließung von Spielhallen gegen Recht verstieß, ein selbstständiger Handwerker ohne akute Gefährdung seiner Existenz einen Anspruch auf Soforthilfe geltend machen durfte oder sich Teilnehmer einer Demo auf dem Neumarkt mit Name, Adresse und Telefonnummer in eine Liste eintragen mussten. Die Antwort in allen Fällen: Nein.

Kölner Ehepaar will gegen Quarantäne klagen

Anfang Juni lehnte das Gericht den Antrag eines Kölner Ehepaars ab, von der Pflicht zur häuslichen Quarantäne befreit zu werden, in die es sich nach der Rückkehr aus den USA hatte begeben müssen. Zu den Entscheidungen im Juli gehört die Ablehnung des Eilantrags eines Jurastudenten der Uni Köln, der nicht einsah, dass er während einer Klausur eine Mund-Nase-Bedeckung tragen sollte. Ein Beispiel für einen Beschluss im August: Nachdem an einer Kölner Grundschule zwei Schüler aus verschiedenen Klassen positiv auf das Corona-Virus getestet worden waren, ordnete die Stadt an, dass alle Mitschüler zwei Wochen in Quarantäne mussten. Dagegen wandte sich ein Viertklässler mit einem Eilantrag. Das Gericht gab der Stadt Recht, denn der Schüler habe mit einem der infizierten Klassenkameraden bei der Nachmittagsbetreuung engen Kontakt gehabt.

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Auch das Kölner Amtsgericht hat mittlerweile mit Corona-Verfahren zu tun. Zum einen geht es um Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung, zum anderen um Soforthilfe-Betrug. Zwar seien noch keine Hauptverhandlungen terminiert, sagt Gerichtssprecher Maurits Steinebach, doch es sei damit zu rechnen, dass in einigen Wochen die ersten beginnen. Bei den Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Infektionsschutzgesetz kommt das Gericht ins Spiel, wenn Betroffene Einspruch gegen Bußgeldbescheide der Stadt einlegen. Zur Entscheidung des Streits reicht ein schriftliches Verfahren aus, in dem das Bußgeld festgesetzt wird – es sei denn, der Beschuldigte widerspricht diesem Strafbefehl. Dann muss verhandelt werden.

Die Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung gehen vor allem auf die Zeit des Lockdowns zurück. Mal geht es um den Vorwurf, zu mehr als zwei Personen unterwegs gewesen zu sein, mal darum, im Freien gegrillt zu haben. Ferner laufen Verfahren anlässlich von Versammlungen; die Beispiele reichen von einer nicht genehmigten Demonstration gegen Corona-Beschränkungen bis zum Widerstand gegen Polizeibeamte, die eine Feier auflösten.

Das Kölner Arbeitsgericht habe nur „vereinzelt und in kleiner Zahl“ mit Konflikten zu tun, bei denen die Pandemie eine Rolle spielt, teilt Sprecher Frederik Brand mit. Die Einführung von Kurzarbeit habe weitgehend betriebsbedingte Kündigungen verhindert. Gebe es dennoch Klagen, beträfen sie „Randbereiche“; dabei geht es um Hygienebestimmungen, die von Arbeitnehmern einzuhalten sind. So habe sich ein Fitnesstrainer geweigert, während des Trainings einen Mund-Nase-Schutz zu tragen. Das Verfahren endete damit, das er sich mit seinem Arbeitgeber gütlich einigte.

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