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Quarantäne-RegelnViele Kölner Eltern haben Angst, dass der Sommerurlaub platzt

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Einsamkeit in Quarantäne. (Symbolbild)

Köln – In den Klassen der Kölner Schulen sitzen seit Pfingsten wieder 30 Schüler – mit Maske zwar, aber zwangsläufig ohne Abstand. Obwohl das Infektionsrisiko dank niedriger Inzidenz und regelmäßiger Tests gesunken ist, hängt für viele Eltern ein Damoklesschwert über den letzten Schulwochen ihrer Kinder: Die Quarantäne und die wenig transparenten Regeln, für welche Kontaktpersonen die zweiwöchige Isolation beim Auftreten eines Coronafalls in der Schule ausgesprochen wird. Verstärkt wird die Sorge dadurch, dass in dieser Woche die hoch ansteckende Delta-Variante an den ersten Schulen in Deutschland nachgewiesen wurde: in Werl, Dresden, Hildesheim und Waiblingen gab es Infektionen - gefolgt von strengen Quarantäneanordnungen für ganze Klassen.

Familie Uerschels hat schon erfahren, was das bedeutet: Ihre Tochter, Schülerin eines Kölner Gymnasiums, musste für zwei Wochen in Quarantäne. Das Mädchen, neben dem die Neuntklässlerin zwei Tage zuvor in einem Französischkurs gesessen hatte, war positiv getestet worden. Für die Familie bedeutete das neben der psychischen Zumutung für die Tochter gleichzeitig, dass der schon gebuchte Wochenend-Kurzurlaub der Familie storniert werden musste. Auf Vater Joachim Uerschels wirken die Quarantäne-Regeln des Gesundheitsamtes intransparent und willkürlich. Er habe jedenfalls in seinen zahlreichen Anrufen beim Gesundheitsamt keine Auskunft bekommen, nach welchen Kriterien das nun entschieden werde. Schließlich habe seine Tochter doch nur in einer Kursstunde mit FFP2-Maske neben dem Mädchen gesessen.

Teure Stornierungskosten

Seine Befürchtung: Familien, deren Kinder das Gesundheitsamt in den Tagen vor Beginn der Sommerferien als Kontaktperson der Kategorie 1 einstuft, droht mit der Quarantäne der Urlaub zu platzen. Es sei ja nicht nur so, dass alle nach einem Jahr Pandemie dringend urlaubsreif seien. Man bleibe dazu noch auf den hohen Stornierungskosten sitzen. Denn rechtlich ist die Situation so, dass die Stornierungskosten bei Quarantäne von den Familien selbst getragen werden müssen, es sei denn, man hat eine Reisekostenrücktrittsversicherung abgeschlossen.

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An den Kölner Schulen gibt es aktuell knapp 100 mit Corona Infizierte. Zusätzlich zu diesen befinden sich 300 Schülerinnen und Schüler als Kontaktpersonen in Quarantäne. Unter den bislang 17 in Köln mit der Delta-Variante aufgetretenen Infektionen ist nach Angaben des Gesundheitsamtes derzeit noch keine in einer Schule. Grundsätzlich sind allerdings deutschlandweit  Kinder zwischen 5 und 14 am meisten von Corona betroffen.

Auch an den Schulen herrscht offensichtlich Unklarheit darüber, wann das Gesundheitsamt unter den derzeitigen Bedingungen voller Klassen und nicht mehr einhaltbarer 1,5-Meter-Abstände Quarantäne für Kontaktpersonen ausspricht. „Wer durchgehend eine FFP2-Maske trägt und in gelüfteten Räumen sitzt, wird nicht als Kontaktperson in Quarantäne geschickt“, schreibt eine Schulleitung an die Eltern. So sei ihr das vom Gesundheitsamt mitgeteilt worden. An einem anderen Kölner Gymnasium wurde das Kollegium dagegen aufgefordert, genau darauf zu achten, wer im Klassenraum kurz die Maske hochschiebt, um ins Brötchen zu beißen oder zu trinken. Diese Schüler müssten dann auf dem Fragebogen des Gesundheitsamtes notiert werden, wenn ein Coronafall in der Klasse auftritt. Vollends unklar ist, wie gewertet wird, wenn die Masken für die Schnelltests in der Klasse kurz abgenommen wurden.

Fehlende Transparenz

Uerschels macht das sauer. Auch weil er den Eindruck hat, dass von Fall zu Fall und von Schule zu Schule mit unterschiedlichem Maß gemessen wird. Er möchte, dass das Gesundheitsamt seine Kriterien oder Gründe für die Quarantäne gegenüber Schüler und Eltern transparent macht. Auf Nachfrage des Kölner Stadt-Anzeiger nach eben diesen Kriterien wird die Stadt nicht wirklich präzise: Bei der Definition der engen Kontaktpersonen handele es sich weiterhin „immer um Einzelfallentscheidungen durch das Team der Kontaktnachverfolgung des Gesundheitsamtes“, erklärte ein Stadtsprecher.

Grundsätzlich orientiere man sich aber an den aktualisierten Kriterien des Robert-Koch-Instituts. Die besagen, dass man Kontaktperson ist, wenn man in weniger als 1,5 Metern Abstand mehr als zehn Minuten ohne adäquaten Schutz verbracht hat. Bei direkten Gesprächen im Abstand von weniger als 1,5 Metern gilt man ohne Schutz auch unabhängig von der Dauer als direkte Kontaktperson. Ebenso bei Aufenthalt in einem Raum ohne Lüftung mit hoher Aerosolkonzentration für mehr als zehn Minuten.

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Die Problematik liegt im Kleingedruckten: In schwer übersichtlichen Situationen wie etwa in Schulklassen soll das Gesundheitsamt laut RKI optional nach eigenem Ermessen handeln. Wie sich das dann auswirkt, wenn die hoch ansteckende Delta-Variante noch vor den Ferien im Klassenraum auftaucht, daran mag Uerschels gar nicht denken. Ihn treibt vor allem um, wie es gewertet wird, wenn die eng nebeneinander sitzenden Schüler für den Selbsttest im Klassenraum kurz die Maske abnehmen müssen. „Wenn das Testen in der Schule dazu führt, dass Schüler in Quarantäne geschickt werden, führt das ja das ganze Schutzkonzept ad absurdum.“ Er fordert diesbezüglich eine klare Aussage des Gesundheitsamtes: „Wenn das klar so kommuniziert würde, könnten die Schulen ja darauf eingehen und die Tests etwa an der frischen Luft auf dem Schulhof oder zumindest in halbierten Gruppen durchführen.“

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