„Joel soll nicht in Vergessenheit geraten“Rapper widmen getötetem Kölner ihre Platte

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Zülpicher Straße Tatort

Der Tatort der Messerattacke

Köln – Er war Fußballer und Rapper. Traurige Berühmtheit erlangte Joel jedoch durch die Messerattacke in der Nacht zum 31. Juli auf der Zülpicher Straße, deren Verletzungen der 18-Jährige kurz darauf erlegen ist. In der Szene war Joel unter dem Namen „El Differente“ bekannt und wollte anlässlich der Bundestagswahl Teil einer Musik-Platte namens „Meine Stimme zählt“ sein. Organisiert wird diese von der Künstler-Gruppe „5051 Kartell“, ein Zusammenschluss aus verschiedenen Kölner Nachwuchs-Rappern, die ihm jetzt die Platte widmen.

„Wir wollen damit ein Zeichen setzen und dafür sorgen, dass Joel nicht in Vergessenheit gerät. Wenn er nicht gestorben wäre, wäre er auf jeden Fall Teil der Platte gewesen. Er war motiviert und hat sehr gut reingepasst. Ich weiß noch, wie er zu mir gesagt hat „Ey Jungs, ihr wisst ich bin Sonderschüler, ihr müsst mir bei den Texten helfen“, erinnert sich Joseph Kalonji, Gründer und Manager der Gruppe. „Wir wollen die Jungs von der Straße wegholen. Sie sollen lieber den Traum haben, Musiker zu werden als Drogendealer oder Schlimmeres“, sagt der 24-jährige.

„Joel wollte mit seiner Musik etwas erreichen“

Für diese Träume arbeiten die Jugendlichen hart, haben mehrere Jobs und verbringen die Nächte im Aufnahme-Studio. „Joel war auch so ein ehrgeiziger Typ, der unbedingt mit seiner Musik etwas erreichen wollte, einfach sein Ding machen und damit Geld verdienen wollte“. Als Kalonji von Joels Tod hörte, war er schockiert: „Vor ein paar Tagen hatten wir noch gesprochen. Auch wenn ich ihn nicht sehr gut kannte: Er war nett und wir hatten Bock, mit ihm was zu starten. Echt traurig“, erinnert sich der Manager.

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Auch Puya Bagheri, Streetworker und Vorsitzender des Vereins Outline, der in Chorweiler Jugendlichen zwischen Hip-Hop und Graffiti politische Bildung vermittelt und „Meine Stimme zählt“ initiiert hat, kann sich gut an die Nachricht erinnern: „Wenn du seit Jahren mit den Jugendlichen von der Straße arbeitest, ist es ein Dämpfer, wenn so etwas passiert. Die Vorurteile gegenüber den Jungs aus der Hip-Hop-Szene werden wieder stärker, dabei versuchen sie sich etwas aufzubauen. Ich weiß, dass auch einige von den Jungs vom Weg abkommen, dann überdenkt man die eigene Arbeit. Aber am Ende bin ich froh und stolz darauf, dass wir den Kids hier eine Möglichkeit geben, einfach mal sie selbst zu sein“.

T-Shirt mit Konterfei des Toten

An diesem Wochenende veröffentlicht die Gruppe die erste Single der EP, im Video dazu tragen die Rapper schwarze T-Shirts mit einem roten Konterfei des Toten und den Worten „Ruhe in Frieden Joel“. Für den eigentlichen Anlass der Platte, junge Menschen zum Wählen zu motivieren, haben sich die neun Rapper zusammengetan. Sie wollen durch die Musik an die Jugendlichen heran kommen, die sich von der Politik nicht gehört fühlen: „Bei der Kommunalwahl letztes Jahr haben hier in Chorweiler nur 22,5% der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, die Politik ist zu weit weg“, so Bagheri.

Gerade deswegen bräuchte es diese Kampagne: „Die Jugendlichen sollen dafür sensibilisiert werden, was vor ihrer eigenen Haustür in Chorweiler passiert. Es geht um gesellschaftliche Teilhabe und den Kids zu verklickern, dass sie in dieser Gesellschaft einen Wert haben“, beschreibt er den Sinn des Projektes, das von der Karl-Arnold-Stiftung, ein Träger für politische Bildung, unterstützt wird.

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Die Musik sei ein ideales Mittel, um die Fans zum Wählen zu bewegen: „In dem Moment, in dem sich Rapper oder Musiker politisch oder sozial engagieren, erreichen sie ihre Fans auf eine ganz andere Weise“, berichtet der Streetworker, der schon lange in der Hip-Hop-Szene aktiv ist. Auf die Instagram-Umfrage, ob sie wählen gehen, antworten mehr Leute mit „Ja“, als Kalonji erwartet hatte. „Joel hat mal zu mir gesagt, wir sind eine Inspiration für ihn“, sagt Kalonji. „Diese Inspiration wollen wir auch für andere sein“. 

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