Razzia gegen DealerPolizei findet Drogen, Munition und Bargeld in Kölner Wohnungen

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Polizei Symbolbild

Köln – Sie wähnten sich vollkommen sicher und kommunizierten sorglos mit Geschäftspartnern von Kolumbien bis Hamburg über den verschlüsselten Messengerdienst Encrochat. Was die Drogenhändler in Deutschland nicht wussten: Die Polizei las jedes Wort mit. Französischen und niederländischen Ermittlern war es voriges Jahr gelungen, einen Server des Anbieters Encrochat zu knacken und zu infiltrieren. Allein in Deutschland erwuchsen daraus Ermittlungsansätze für 2250 Strafverfahren, mehr als 750 Haftbefehle wurden hierzulande seit April 2020 bereits vollstreckt. Zwei Spuren führten jetzt auch nach Köln.

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Am frühen Dienstagmorgen haben Spezialeinsatzkräfte die Wohnungen von fünf Männern in Bilderstöckchen, Bocklemünd, Longerich und Seeberg gestürmt. Die laut Polizei deutsch-türkischen Verdächtigen sind zwischen 24 und 32 Jahre alt. Sie sollen zu zwei Gruppen gehören, die unabhängig voneinander mit Drogen gehandelt haben sollen. „In beiden Verfahren sind Mitglieder der Hells Angels involviert“, berichtete ein Polizeisprecher. Der Verdacht lautet: Gewerbsmäßiger Handel mit Kokain.

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Zwei Verdächtige sind bereits polizeibekannt

Nachdem die SEK-Teams die überraschten Männer schnell und ohne Gegenwehr überwältigt hatten, durchsuchten Kripoermittler über mehrere Stunden die Wohnungen. Sie fanden „Kleinstmengen“ an Drogen, wie die Polizei später mitteilte, außerdem mehrere zehntausend Euro Bargeld und zwei Pistolenmagazine mit scharfer Munition. Zwei der fünf Verdächtigen seien bereits polizeibekannt, unter anderem wegen Drogendelikten, hieß es.

Wie viel und was im Einzelnen aber nun tatsächlich an den neuerlichen Vorwürfen dran ist, blieb am Dienstag unklar. Keiner der Beschuldigten sei festgenommen oder verhaftet worden, berichtete der Polizeisprecher. Die Ermittlungen liefen weiter.

Encrochat war wie Whatsapp für Kriminelle

Der Nachrichtendienst Encrochat, über den auch die Verdächtigen im Kölner Fall kommuniziert haben sollen, wurde nach den Ermittlungen der französischen und niederländischen Behörden im Juni 2020 abgeschaltet. Bis dahin funktionierte der Messenger wie eine Art Whatsapp für Menschen, die Wert auf eine besonders diskrete Kommunikation legen. Encrochat lieferte seinen Kunden zusätzlich zu einem Abo auch speziell umgebaute Mobiltelefone mit dem Android-Betriebssystem, die als abhörsicher galten. Ein Jahresabo samt Handy kostete angeblich circa 3000 Euro. Französischen Ermittlern zufolge sollen mehr als 90 Prozent der französischen Encrochat-Kunden in „kriminelle Aktivitäten verwickelt“ gewesen sein.

Spannend bleibt, ob die deutschen Ermittlungsverfahren, die auf den Encrochat-Daten beruhen, hierzulande auch zu Verurteilungen vor Gericht führen werden. Das Landgericht Berlin hat die Eröffnung eines Hauptverfahrens bereits abgelehnt, weil das Ausforschen der Handy-Nachrichten ohne einen  „erforderlichen konkreten Tatverdacht“ geschehen sei. Allein der Besitz eines so genannten Kryptohandys sei noch kein Beleg für die Begehung von Straftaten. Juristen sprechen von einem „Beweisverwertungsverbot“. Gerichte in Hamburg, Bremen und Rostock sahen das jedoch anders als die Berliner Richter.

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