Rentner getötetKölner Richterin ignorierte Vorstrafen – Staatsanwaltschaft reagiert

Lesezeit 2 Minuten
fahrlässige_tötung_köln (1)

Die Angeklagte mit Verteidiger Michael M. Lang, rechts Richterin Nadine Reimer.

Köln – Mit einer milden Geldstrafe hatte die Kölner Richterin Nadine Reimer vergangene Woche eine Autofahrerin bedacht, die in Lindenthal einen 73-jährigen Rentner überfahren hatte – als dieser gerade einen Zebrastreifen überquerte. Der Mann starb später im Krankenhaus. Vorhandene Vorstrafen im Verkehrsbereich ignorierte die Richterin. Nun hat die Staatsanwaltschaft reagiert.

Staatsanwaltschaft akzeptiert mildes Urteil nicht

„Die Staatsanwaltschaft wird Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen“, bestätigt Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Dies erfolge mit Blick auf die Abweichung im Strafmaß. Der Behördenvertreter hatte in der Verhandlung sechs Monate Haft auf Bewährung gefordert, heraus kamen 7200 Euro Geldstrafe (180 Tagessätze zu je 40 Euro) wegen fahrlässiger Tötung.

Die Staatsanwaltschaft wolle die schriftlichen Urteilsgründe abwarten und prüfen, ob Berufung oder Revision in Frage komme, so Bremer, hier spielten natürlich auch die Vorstrafen eine Rolle. In der Verhandlung war dies nicht so. Zwar sei die Angeklagte mehrfach vorbestraft gewesen, die begangenen Straftaten hätten aber „keinen Bezug zum Straßenverkehr“, hatte die Richterin erklärt.

Richterin ignoriert Vorstrafen aus Straßenverkehr

Die Aussage von Richterin Reimer irritierte, zumal sie noch Minuten zuvor einen Auszug aus dem Vorstrafenregister der Autofahrerin verlesen hatte. Demnach war die Angeklagte auch wegen Verkehrsdelikten vorbestraft. Das Urteil erging im Januar 2019, nur Monate vor dem tödlichen Unfall.  Die entsprechende Akte vom Amtsgericht in Bergisch Gladbach lag in Köln aber nicht vor.

Das könnte Sie auch interessieren:

Nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ war die Angeklagte von der Polizei mehrfach mit gefälschten Nummernschildern und einmal ohne gültigen Führerschein am Steuer erwischt worden. Bekannt war das der Kölner Richterin im Detail offenbar nicht. Eine Nachfrage des Staatsanwalts zu den Vorstrafen hatte sie ignoriert – und diese schließlich in der Urteilsbegründung ausgeblendet.

Kein Auszug aus dem Verkehrsregister

Dazu kam, dass Richterin Reimer nur ein zwei Jahre altes Vorstrafenregister der Angeklagten verlesen konnte, das ihr der Staatsanwalt gereicht hatte. Der aktuelle Auszug war aus der Akte verschwunden. Bemühungen, diesen wiederzubeschaffen, hatte die Richterin nicht angestrebt. Auch einen Auszug aus der Verkehrssünderkartei hatte die Richterin nicht vorliegen. Warum, wurde nicht geklärt.

Diese eklatanten Versäumnisse muss bald wohl ein neuer Richter nachholen. Dann könnte noch einmal beleuchtet werden, warum die Autofahrerin den Rentner bei freier Sicht mittig auf dem Zebrastreifen erfassen konnte. Einen Grund für die Ablenkung konnte Richterin Reimers nicht klären. An einem Handy jedenfalls habe es nicht gelegen, hatte der Verteidiger der Autofahrerin erklärt. 

KStA abonnieren