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Rizin-Bomber-ProzessGiftmenge reichte für 27.000 Tote und Verletzte

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Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen den tunesischen Staatsangehörigen Sief Allah H. (Archivbild)

Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen den tunesischen Staatsangehörigen Sief Allah H. (Archivbild)

Köln – Das Gift aus den 3150 Rizinussamen, die im vorigen Sommer an der Wohnadresse von Sief Allah H. und Yasmin H. in Chorweiler gefunden wurden, hätte rein rechnerisch dafür gereicht, 13500 Menschen zu töten und noch einmal so viele zu verletzten. Das hat am Freitag ein Experte des Robert-Koch-Instituts als Gutachter im Prozess gegen den 31-Jährigen Tunesier und seine 43 Jahre alte deutsche Ehefrau ausgesagt.

Seit Juni müssen sich die beiden vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht wegen des Vorwurfs verantworten, sie hätten von Herbst 2017 an einen islamistischen Terroranschlag mit dem Biokampfstoff Rizin vorbereitet. Der Experte betonte, die Opferzahl ergebe sich nur dann, wenn man eine „optimale Ausbringung“ von 5,7 Gramm Gift unter „gedachten Laborbedingungen“. Realistisch sei ein weitaus geringeres Schadensausmaß, abhängig von der Art des Sprengsatzes, mit der es verteilt werde, und vom Ort des Anschlags.

Eine konkrete Zahl mochte der Sachverständige nicht nennen. Als Anhaltspunkt kann eine Einschätzung des Bundesnachrichtendiensts dienen, auf die er hinwies. Danach hätten bis zu 100 Menschen den Tod finden können, wäre die Bombe gezündet worden.

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Gift an Hamster getestet

Von einem deutschen Online-Shop für Saatgut soll Sief Allah H. 3000 Rizinusbohnen bezogen haben. Hinzu kommt eine kleinere Menge, die laut eines BKA-Beamten, der am Donnerstag gehört wurde, in Großbritannien bestellt wurden. Bei der Durchsuchung in Chorweiler entdeckte die Polizei außer den Samen eine Paste, die 84,3 Milligramm bereits extrahiertes Rizin enthielt. Damit ließen sich – wiederum rein rechnerisch – rund 400 Personen mit einem Körpergewicht von 70 Kilogramm umbringen, sagte der Gutachter.

Wie gefährlich das Gift ist, zeigt ein Umstand, den Jan van Lessen, Vorsitzender des 6. Strafsenats, ansprach. Weil man überall in den Wohnräumen in Chorweiler Rizin-Spuren fänd, hätten sie „mit gigantischem Aufwand dekontaminiert“ werden müssen. Andererseits ist der Anklage zu entnehmen, die Angeklagten hätten die tödliche Wirkung getestet, indem sie einem Zwerghamster eine mit Rizin versetzte Creme aufgetragen hätten, das Tier habe aber überlebt.

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Bei den Berechnungen habe man sich an einem „Terrorhandbuch“ mit einer Anleitung dazu orientiert, wie sich das Gift aus Rizinussamen gewinnen lässt, sagte der Zeuge vom Robert-Koch-Institut. Lange verlas van Lessen den Leitfaden zum Dschihad („Heiliger Krieg“), den sich Sief Allah H. von einem der Terrormiliz „Islamischer Staat“ nahe stehenden „Medienzentrum“ besorgt haben soll. Darin heißt es, am geeignetsten für einen Bombenanschlag seien etwa ein Restaurant, eine Bank oder ein „überfülltes Einkaufszentrum“. Der Prozess wird am 9. September fortgesetzt.

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