Rizin-Bomber-ProzessLiebesgrüße von Sief Allah H. – Ehefrau muss in U-Haft bleiben

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Die Angeklagte Yasmin H. beim Prozess in Düsseldorf. (Archivbild)

Köln – Sief Allah H. schien bestens gelaunt, als er am Freitag den Saal im Hochsicherheits-Prozessgebäude des Düsseldorfer Oberlandesgerichts betrat. Er wirkte sogar aufgekratzt am ersten Verhandlungstag des Jahres. Seit Juni 2019 wird dem 31-jährigen Tunesier und seiner 44 Jahre alten deutschen Frau Yasmin H. der Prozess gemacht.

Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen vor, eine „schwere staatsgefährdenden Gewalttat“ geplant zu haben. Von Herbst 2017 an sollen sie in einem Mietshaus in Chorweiler einen islamistisch motivierten Bombenanschlag vorbereitet haben, bei dem sie den Giftstoff Rizin hätten einsetzen wollen. Yasmin H. hat sich von ihrem Mann abgewandt und zu seiner hellen Empörung die Scheidung eingereicht.

Prozess in Köln: Angeklagter hat rosafarbenes Pappherz dabei

Nach einer Verhandlungspause am Montag suchte Sief Allah H., der im Prozess hinter einer Sicherheitsglasscheibe sitzt, überraschend Kontakt zu seiner Frau. Er hielt in ihre Richtung ein rosafarbenes Pappherz hoch. Kaum hatte sie es gesehen, wandte sie sich kopfschüttelnd ab. Ungerührt zeigte sie sich auch, als er „Verzeih mir“ rief.

Ende Oktober hatte Sief Allah H. zugegeben, sich islamistisch radikalisiert, Kontakt zu Mitgliedern der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aufgenommen, sich Propagandamaterial, Anleitungen zum Bombenbau, Bestandteile dafür und Rizinussamen besorgt sowie damit experimentiert zu haben. Dies alles habe aber nicht dem Zweck gedient, in Deutschland einen Anschlag zu verüben, sondern dazu, sich militärische Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen für die geplante Ausreise nach Syrien in vom IS kontrolliertes Gebiet.

Prozess in Köln: Elf Anträge der Verteidigung

Die Verteidiger seiner Frau beharren darauf, sie habe keine Kenntnis davon gehabt, was ihr Mann trieb. Um das zu beweisen, stellten sie am Montag eine wahre Flut von Anträgen, elf an der Zahl. Es wirkte wie ein letztes Aufbäumen, nachdem der 6. Strafsenat zuletzt hatte erkennen lassen, dass er beide Angeklagten für schuldig hält.

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Unter anderem fordern die Verteidiger, Zeugen zum Beweis dafür zu hören, dass Yasmin H. von Ende Mai 2018 an so gut wie keinen Zutritt mehr zu der Wohnung in der Osloer Straße hatte, aus der sie und die Kinder wegen eines Wasserschadens hatten ausziehen müssen; der Familie war eine Ersatzwohnung auf derselben Etage zugewiesen worden. Allein Sief Allah H. habe den Schlüssel zum ausgewechselten Schloss der alten Wohnung gehabt; dort habe er sich damit beschäftigt, eine Bombe zu bauen.

Andere Zeugen sollen bekunden, dass Sief Allah H. seine Frau habe verlassen und allein in den Dschihad – den „Heiligen Krieg“ für die Sache des Islam – habe ziehen wollen. Der Senat hatte als Ende der Frist für Beweisanträge den 17. Januar festgesetzt. Verteidigerin Seda Başay-Yildiz verlangte, die Frist zu verlängern. Dem entsprach der Senat.

Rizin-Bombenbau: Ehefrau muss in U-Haft bleiben

Dennoch muss Yasmin H. wie ihr Mann in Untersuchungshaft bleiben. Der Bundesgerichtshof (BGH) verwarf eine Beschwerde der Verteidigung. Der Beschluss wurde am Montag in Karlsruhe veröffentlicht. Gleichzeitig ändern die Richter den Haftbefehl nun dahin ab, dass beide gemeinsam einen islamistischen Anschlag planten und dafür „arbeitsteilig“ an der Bombe bauten.

Das hatten die Ermittler erst nach und nach herausgefunden. Bei der Festnahme der 44-Jährigen im Juli 2018 dachten sie noch, dass die Frau ihrem Mann nur geholfen hatte. (mit dpa)

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