Rizin-Bomber-ProzessVerurteilter Sief Allah H. soll als Zeuge aussagen

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Das Verfahren gegen die Ehefrau des Verurteilten ist abgetrennt und fortgeführt worden.

Köln – Yasmin H., die in der Hauptsache angeklagt ist, zusammen mit ihrem Mann Sief Allah H. von Herbst 2017 an in Chorweiler ein islamistisch motiviertes Sprengstoffattentat vorbereitet zu haben, hat am Montag vor dem 6. Strafsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts ihre rund 200 lange Einlassung beendet. Erneut bestritt sie, von einem Anschlagsplan gewusst oder gar aktiv daran beteiligt gewesen zu sein, eine Splitterbombe herzustellen, durch die laut Anklage der hochgiftige Biokampfstoff Rizin verbreitet werden sollte.

Zum Schluss wandte sie sich an ihre sieben Kinder. „Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe, und werde die Konsequenzen tragen“, sagte die 44-Jährige, die trotz allem von einer langen Haftstrafe ausgeht. Sie wolle sich ändern und im Gefängnis das Abitur machen. Sie wünsche den Kindern, „dass sie alles gut verkraften“, und entschuldige sich ausdrücklich bei ihnen. In ihrer Einlassung, die vier Verhandlungstage lang dauerte, hat Yasmin H. eingeräumt, sie habe ihren Mann bei seinen zwei Versuchen unterstützt, in das Herrschaftsgebiet der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auszureisen, wo er am bewaffneten Kampf gegen das syrische Regime teilnehmen wollte. Diese Versuche gelten ebenfalls als Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttattat.

„In der Öffentlichkeit stehe ich da als bösartig“

Auch den letzten Teil ihrer Verteidigungsrede ließ Yasmin H. gelegentlich zu einer Art Gegenanklage werden. Sowohl der Bundesanwaltschaft als auch den Richtern warf sie vor, sie hielten stur am Hauptvorwurf fest und ignorierten alles, was sie entlasten könne. „Ich fühle mich in denselben Topf geschmissen wie mein Noch-Ehemannn.“ Der 31-jährige Moslem, der sich in seiner Heimat Tunesien radikalisiert hatte, ist im März zu einer zehnjähigen Haftstrafe verurteilt worden. Heimlich habe er sich Material zum Bau einer Bombe sowie Rizinussamen besorgt und damit experimentiert, sagte die Angeklagte. Dass ihr eine Mittäterschaft unterstellt werde, sei schier „unglaublich“.

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Und weiter: „In der Öffentlichkeit stehe ich da als bösartig, skrupellos, eiskalt. Dieser Stempel wird bleiben, wenn ich aus der Haft entlassen bin.“ Im Juli 2018 war Yasmin H. bei einer ihrer Töchter in Niedersachsen festgenommen worden. Nach der Festnahme ihres Mannes im Juni hatte sie nach ihren Angaben vor, mit einigen ihrer Kinder fern von Köln ein neues Leben zu beginnen, in Bremerhaven. Vorübergehend in einem Frauenhaus unterzukommen sei unmöglich gewesen, denn ihr sei der Ruf vorausgeeilt, „die Frau des Bombenbauers“ zu sein. Einmal habe sie zu hören bekommen: „Wir wollen den IS nicht vor unserer Tür haben.“ Nun sitzt sie seit 21 Monaten im Gefängnis.

Verurteilter Ehemann als Zeuge

Wiederholt wies sie darauf hin, dass sie seinerzeit schwanger war. Es sei abwegig zu glauben, in diesem Zustand hätte sie mit Ihrem Mann Rizin hergestellt und sich, das Ungeborene und auch ihre Kinder dadurch der Gefahr einer Vergiftung ausgesetzt. Abwegig auch anzunehmen, als Schwangere hätte sie ein Selbstmordattentat verüben wollen oder wäre das Risiko eingegangen, bei der Platzierung der Bombe von der Polizei erschossen zu werden.

Der Senat will am kommenden Freitag den verurteilten Ehemann als Zeugen hören. Fraglich ist, ob er die Aussage verweigern wird. Yasmin H.s Verteidigung hat weitere Beweisanträge angekündigt. Mit Plädoyers ist wahrscheinlich nicht zu rechnen.

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