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Auktionshaus in Köln-Godorf„Meine Kunden sind Ölscheichs und Oligarchen“

Lesezeit 5 Minuten
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500 verschiedene Schreibmaschinen stehen in Uwe Brekers privater Sammlung.

Köln-Godorf – Wer eine Trompeten-Walzendrehorgel aus dem Jahre 1912 oder eine automatische Rechen- und Buchhaltungsmaschine von 1915 sucht, der muss nicht in die Auktionshäuser von London oder Paris. Das Mekka für „Technische Antiquitäten“ liegt vielmehr vor der Haustür – in Köln-Godorf. Direkt an der Autobahnausfahrt, zwischen Ikea und Metro, hinter der Fassade eines gesichtslosen Bürohauses befindet sich eine einzigartige Mischung aus Auktionshaus, Privatmuseum und Sammlertreffpunkt.

„Ich liebe die historischen Stücke, habe Spaß an der alten komplexen Mechanik, egal ob es Telefone aus dem Jahre 1890 sind, Musikinstrumente aus dem 18. Jahrhundert oder Druckerpressen“, sagt Uwe Breker, der vor 40 Jahren gemeinsam mit sechs Freunden, die sich ebenfalls für historische Technik interessierten, den Verein „Internationales Forum historische Bürowelt“ gegründet hat.

Gesamte Geschichte der Schreibmaschine in Godorf

Aus Hobby und Sammelleidenschaft wurde bald eine Geschäftsidee. 1986 auf der Cebit in Hannover kam der Durchbruch. „Die Messe-Veranstalter wollten im Eingangsbereich eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Schreibmaschine. Wir bekamen die Chance, dem Fachpublikum aus aller Welt unsere private Technik-Sammlung zu präsentieren, denn die Messebesucher mussten beim Betreten der Hallen an unserem Stand vorbei. Am Ende hatten wir die Idee, die alten Schätzchen vor Ort zu versteigern, um die Transportkosten zu sparen. Der Ansturm war riesig und die Gewinne enorm, die Menschen zahlten teilweise das zehnfache der geschätzten Sammlerwerte“, erinnert sich Breker.

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Dicker Auktionskatalog wird in die Welt verschickt

Der Sammler setzte von nun an auf technische Antiquitäten und gründete das „Auction Team Breker“. „Jahrelang waren solche alten Objekte unattraktiv, die Menschen begeisterten sich für die neue digitale Kommunikationstechnik“, sagt Breker. „Doch je kleiner die Chips werden, desto mehr wächst das Interesse an handwerklich hergestellten mechanischen Gegenständen, die auch noch schön aussehen. Unser Auktionskatalog wird von Jahr zu Jahr dicker.“ Der Katalog, der Kunden und Interessenten in aller Welt zugeschickt wird, enthält nicht nur Fotografien der Objekte, sondern auch ausführliche Expertisen mit genauen Angaben über den technischen Zustand und einen Minimal-Taxwert.

Der Katalog gleicht einem Bilderbuch, in dem man stundenlang blättern und sich auf eine Zeitreise begeben kann. Da gibt es beispielsweise einen musikalischen Bahnhofsautomaten mit Figuren und Begleitinstrumenten aus dem Jahre 1890, der für 12 000 Euro versteigert wurde, eine Hammond Nr.1 Schreibmaschine aus dem Jahr 1884 für 3200 Euro oder eine Planetarium-Uhr von Wilhelm Perkins aus dem Jahre 1925 die für 12 600 Euro aufgerufen wird.

Kunden sind Oligarchen und Ölscheichs

Der aus einer Druckerfamilie stammende Uwe Breker ist inzwischen zum Weltmarktführer für „historische Technik“ geworden. Vier Auktionen pro Jahr stellt das „Auction Team Breker“ auf die Beine, zwei mit dem Schwerpunkt „Fotografie“ und die anderen zwei mit Exponaten aus dem Bereich „Büro Antik“ und Blechspielzeug. Die meisten seiner Kunden sind russische Oligarchen, Ölscheichs, einfache Privatleute aus aller Welt, aber auch Museen gehören zu den Interessenten. Nur sechs Prozent des

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Umsatzes erzielt das Auktionshaus Breker dabei mit Kunden aus Deutschland. Aktuell hat ein Fernsehsender aus dem Libanon unzählige alte Schreibmaschinen und mechanische Musikinstrumente für eine Techniksendung, die speziell für Jugendliche produziert wird, ersteigert.

Was bei Uwe Breker unter den Hammer kommt, ist alles Kommissionsware. Ladenhüter gibt es nicht. Die Sachen kommen zweimal zum Aufruf, wenn es dann immer noch keinen Interessenten gibt, dann gehen diese an den Besitzer zurück. Woher die Objekte kommen, das verrät der Auktionator nicht, das bleibt ein gutbehütetes (Geschäfts)-Geheimnis. „Engpässe beim Angebot gibt es keine, im Gegensatz, die Sammlergeneration stirbt langsam aus und die Erben wollen die alten Schätzchen meistens loswerden und liefern bei mir ein. Häufig handelt es sich auch um Ware, die der Verstorbenen bei mir ersteigert hat“, so Breker, der mit 19 Prozent bei jedem Hammerschlag beteiligt ist und davon gut leben kann, denn manche Stücke erzielen hohe Sammlerpreise.

Das teuerste Stück, das in Godorf je versteigert wurde, war der Apple 1, Ausgangspunkt einer legendären Firmengeschichte, der einem Sammler 500000 Euro wert war.

Kölner Auktionär und Privatsammler

Uwe Breker ist aber nicht nur Auktionator, er ist auch noch leidenschaftlicher Privatsammler. So verfügt der Kölner über eine Bibliothek mit 7500 Technik-Fachbüchern und ist auch stolzer Besitzer von fast 500 historischen Schreibmaschinen, wobei die älteste aus dem

Jahre 1863 stammt. In seinem Privatmuseum findet sich unter anderem eine Schreibmaschine, deren Tastatur erst frei wird, wenn man eine Münze einwirft; außerdem die Original-Schreibmaschine, auf der Mark Twain seine Romane schrieb, sowie eine Notenschreibmaschine, die 1936 von Robert H. Keaton erfunden und patentiert wurde. 

„Ich bin süchtig nach allen Informationen über die Anfänge der Erfindungen. Ich liebe die Geschichten wie alles anfing. Deshalb sammle ich auch Prototypen und Patentmodelle – so vom ersten Fax, das 1926 als »Bildrundfunk für Jedermann« entwickelt wurde, oder vom ersten Kopierer.“ Diese Schätze, die er liebevoll Rosinen nennt, stehen in besonderen Vitrinen. „Ich finde die alten englischen Shops so fantastisch, dass ich für meine Patentsammlungen die Fassaden dieser Shops originalgetreu nachgebaut habe. Der Flur zu meinem Büro ist quasi einer Geschäftsstraße in London nachempfunden. So fängt jeder Arbeitstag mit einem Schaufenstergang an.“

Anfang April 2021 gibt es die nächste Auktion, dann heißt es in Godorf wieder zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten. Den Hammer schwingt der 80-Jährige natürlich persönlich, denn für Rente habe er keine Zeit.  Wegen der Pandemie findet alles online statt, aber da macht sich Breker keine Sorgen, denn sein Auktionshaus ist mit seinen technischen Antiquitäten weltweit auf fünf Onlineplattformen präsent. „Ich bin ein Gewinner der Corona-Krise, die Leute sitzen zu Hause, haben viel Zeit, stöbern auf meinen Seiten und steigern.“ www.auction-team.de

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