Bau für 150 BewohnerIn Zollstock entsteht ein neues Flüchtlingsheim

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Auf diesem Gelände in Zollstock soll das neue Wohnheim entstehen.

Auf diesem Gelände in Zollstock soll das neue Wohnheim entstehen.

Köln-Zollstock – Ordentliche Wohnungen für bis zu 150 Flüchtlinge statt potenzieller Friedhofserweiterung: Am Kalscheurer Weg arbeitet die Stadtverwaltung an den rechtlichen Grundlagen für die Errichtung eines „temporären Gebäudes in Systembauweise“. Dadurch sollen Wohnungen entstehen, die Flüchtlingen als Bleibe dienen können. In diesen Tagen werde der Bauantrag gestellt, Ende des Jahres könnten schon die ersten Bewohner einziehen. Die Rodenkirchener Bezirksvertreter machten in ihrer Februar-Sitzung den Weg für die notwendige Umwidmung des Areals frei.

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Bislang war das Grundstück zwischen Kendenicher Straße, Kalscheurer Weg und der Indianer-Siedlung als Grünfläche ausgewiesen und wurde als Reservefläche für den angrenzenden Südfriedhof frei gehalten. Die Verwaltung gibt an, dass die Wiese, die noch einigen Pferden als Weide dient, dafür nicht mehr benötigt werde. Die Wohnungen dagegen sollen helfen, Massenunterkünfte für Flüchtlinge überflüssig zu machen. „Es ist erklärtes Ziel der Verwaltung, die Zahl der Bewohner von großen Unterkünften zurückzuführen“, sagte Hubertus Tempski, Leiter des Rodenkirchener Bezirksamtes, in der Sitzung der Bezirksvertreter.

Notwendigkeit bezweifelt

Die Mandatsträger der FDP bezweifelten zunächst die Notwendigkeit, angesichts der sinkenden Zahlen. Die Stadtverwaltung rechnet damit, dass zwischen 80 und 90 Prozent der Plätze in der Unterkunft belegt sein werden. Sabine Müller von den Grünen wies darauf hin, dass ursprünglich geplant war, bis zu 300 Menschen am Kalscheurer Weg unterzubringen.

Ratsmitglied Rafael Struwe, SPD erinnerte an den dringend benötigten Wohnraum in der Stadt. Auch bei sinkenden Flüchtlingszahlen könnten etwa Obdachlose von den neu geschaffenen Unterkünften profitieren. „Temporär bedeutet, dass nach der Nutzung als Notunterkunft weitere Wohnungen auf dem Grundstück gebaut werden können“, sagte Elisabeth Sandow, SPD. Sie bezog sich auf die Kritik der FDP, dass das Grundstück nicht für den Wohnungsbau genutzt werde. Am Ende fasste das Gremium den Beschluss ohne Gegenstimme.

Genossenschaft hat eigenes Projekt

Parallel arbeitet die Siedlergenossenschaft am Kalscheurer Weg an einem eigenen Projekt, von dem unter anderem auch Flüchtlinge profitieren sollen. Auf einem Grünstreifen am Rande ihrer Siedlung - in Nähe des von der Stadt geplanten Flüchtlingswohnheims - wollen sie 114 Wohnungen in 16 Häusern schaffen. Sie sollen von Menschen bezogen werden, die „sonst keine Chance auf dem Wohnungsmarkt“ haben, sagt Georg Brombach von den Siedlern, die auch in der Flüchtlingshilfe gut vernetzt seien. Seit November gibt es eine Mietergenossenschaft, die den Bau vorantreibt. Eigenleistung soll dabei das fehlende Kapital ersetzen. Die Nähe zur von der Stadt geplanten Unterkunft sieht Brombach als Chance für das eigene Projekt.

„Unbenannte Ängste“

„Da werden ja überwiegend Familien einziehen. Vielleicht können wir ein paar von ihnen in unser Vorhaben integrieren“, sagt er. Vorbehalte gegenüber Flüchtlingen gebe es zwar vereinzelt auch unter den Siedlern, sagt er. „Es gibt welche, die ihre Tür jetzt besser sichern wollen“, erzählt er. Er will sich von solchen „unbenannten Ängsten“, wie er die Haltung nennt, aber nicht aus der Ruhe bringen lassen.

„Es kann doch nicht jeder sagen: «Helfen gerne, aber nicht bei uns.» Wir sind guten Mutes, dass wir damit klar kommen“, sagt er und erinnert an die Geschichte der wilden, informellen Siedlung. „Proletariat, Subproletariat und Starktrinker“ zählten zu den ersten Bewohnern. Er und andere „aus der Tradition der politischen Linken“ seien hier am Anfang wenig willkommen gewesen. „Jetzt sind wir alle froh, dass wir da sind“, sagt Brombach. Und vor den Veränderungen hat er keine Angst: „Bei uns wird ja keine anonyme Hochhaussiedlung entstehen.“ Der gemeinsame Bau der Häuser solle vielmehr die Identifikation der Bewohner mit ihrem Umfeld fördern.

Zwei bis drei Jahre dürften noch vergehen, ehe die ersten Häuser der Siedler stehen - genug Zeit für die neuen Nachbarn in der städtischen Unterkunft, das Vorhaben der Genossen kennenzulernen.

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