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Bürgermeister von Rodenkirchen„Direkt Angst hatte ich noch nie“

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Bezirksbürgermeister Mike Homann vor dem Rodenkirchener Rathaus, das schon seit langem neu gebaut werden soll.

Köln-Rodenkirchen – Bürgermeister Mike Homann (SPD) über das Jahr 2017 und die Aufgaben für 2018.

Herr Homann, zum Jahreswechsel blickt man gern zurück - und nach vorn. Fällt Ihnen zum vergangenen Jahr etwas Erfreuliches ein?

Wir in der Bezirksvertretung haben uns riesig gefreut, dass die integrative Offene Schule Köln im Sürther Feld bauen kann. Das bisherige Gebäude im Rodenkirchener Gewerbegebiet ist zu klein geworden. Wir haben uns sehr bemüht, ein Baugrundstück zu finden für diese fantastische Schule. Ein Erfolg ist ebenso der Kreisverkehr im Zentrum von Rodenkirchen. Er funktioniert wunderbar. Es ist auch schön, dass wir in der Bezirksvertretung wieder gut zusammen arbeiten. Das leidige Geplänkel um die Aufteilung des Bürgermeisterpostens hat sich seit dem Sommer zum Glück gelegt. Die Stimmung ist aus meiner Sicht entspannt.

Alles zum Thema Henriette Reker

Und was war besonders ärgerlich?

Dass der Rat der Bezirksvertretung Rodenkirchen kurzerhand das Recht aberkannt hat, Prioritätenlisten im Bürgerhaushalt aufzustellen. Das ist Ende November passiert und beruhte auf einem Missverständnis. Ich wollte das aufklären, durfte aber nicht. Das hat die „Jamaika“-Ratsmehrheit nicht interessiert. Diese Ignoranz gehört auf jeden Fall zu den fünf größten Ärgernissen während meiner gesamten Amtsperiode.

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Sie und Ihre Bezirksbürgermeisterkollegen wollten mehr Kompetenzen und eine Stärkung der Bezirke erreichen. Das hatten Sie sich für 2017 vorgenommen. Was ist daraus geworden?

Das hakt leider noch ganz gewaltig. Wir erleben gerade eine Schwächung statt eine Stärkung der Bezirke. Es scheint so, als ob wir wieder auf das Jahr 2003 zurück fallen, als es einen ersten Zentralisierungsschub gab und eine Bündelung der Dienste im Stadthaus Deutz. Das ist aber nicht bürgerfreundlich. Die Bürger gehen gern in ihr Bezirksrathaus und ins Bürgeramt. Dort kennen sie die Mitarbeiter. Umgekehrt kennen die Mitarbeiter die Probleme im Bezirk und können oftmals schnell handeln. Bei einer Zentralisierung geht das nicht mehr. Die Polizei macht das besser, sie hat vor Ort ihre Bezirksbeamten im Einsatz.

Ein großer Aufreger war die Fällung von 300 Bäumen an der Bonner Straße für den Ausbau der Nord-Süd-Stadtbahn. Bürgerinitiativen werfen der Stadt vor, dass sie zu wenig gehört und stattdessen übergangen worden seien. Wie sehen Sie das?

Wie die Bürgerinitiativen hatten auch wir in der Bezirksvertretung andere Vorstellungen als Rat und Verwaltung, zum Beispiel hinsichtlich der Linienführung beim Verteiler. Und wir hätten uns einen anderen Standort für das geplante Parkhaus gewünscht. Wir wurden gehört, aber der Rat hat anders entschieden. Das müssen wir so akzeptieren und respektieren. Auch die Bürgerinitiativen haben keinen Anspruch darauf, dass ihre Vorschläge umgesetzt werden. Es haben viele gemeinsame Begehungen und Werkstätten stattgefunden. Ich glaube nicht, dass das Showveranstaltungen waren.

Das vergangene Jahr war nach 2015/16 immer noch geprägt vom Flüchtlingszuzug. Sie hatten sich beim Neujahrsinterview im vergangenen Jahr gewünscht, dass die Stimmung gegenüber den Flüchtlingen nicht kippen möge. Ist sie gekippt?

Die Aufregung hat sich komplett gelegt. Auch von der Protestwelle in Rondorf gegen die Flüchtlingsunterkünfte ist nichts mehr zu hören. Der Grund ist wahrscheinlich, dass sich die Befürchtungen nicht bewahrheitet haben. Heilfroh bin ich, dass inzwischen die Notunterkunft in der Turnhalle aufgelöst wurde, denn die Schüler brauchen ihre Halle. Ob die Notunterkunft an der Ringstraße schon in 2018 aufgegeben werden kann, ist offen. Man weiß nie, wie sich der Flüchtlingszustrom entwickelt. Sicher ist, dass das Gebäude an der Ringstraße abgebrochen wird, sobald es frei wird. Das wird spätestens Ende 2019 sein. Dann entstehen dort neue Wohnungen.

Wir unterhalten uns immer noch im alten Bezirksrathaus. Wie lange werden Sie hier noch sitzen? Abbruch und Neubau sind ja ein Dauerbrenner-Thema.

Beim nächsten Jahresinterview werden wir wieder hier sein, vermutlich 2019/20 nicht mehr. Im kommenden März wird ein Preisgericht einen Architektenentwurf prämieren, dann erfolgt die Ausschreibung für die Abbruch- und Neubauarbeiten. Die Rathausbelegschaft braucht ein Ausweichquartier. Es kann sein, dass Dienststellen verteilt werden und dass wir mit unserer Sitzung durch den Bezirk tingeln. Diese spannende Idee hatte schon mal mein Vorgänger Eberhard Petschel.

Was steht im Aufgabenheft für 2018?

Es müssen dringend Kita- und Schulplätze geschaffen werden. Und die Mängel an den Schulen müssen behoben werden. Das können wir im Bezirk selbst nicht lösen, aber dafür müssen wir uns stark machen. Einen Rückschlag gab es bereits. Denn leider haben wir es nicht geschafft, dass die geplante weiterführende Schule in Rondorf unabhängig von restlichen Planverfahren gebaut wird. Wenn wir den Schulneubau herausgenommen hätten, wäre das Gebäude wahrscheinlich schon in fünf Jahren fertig geworden. Aber die Verwaltung hat das abgelehnt.

Eine persönliche Frage zum Schluss: Haben Sie Angst vor einem Angriff auf Sie als Bezirksbürgermeister? Erst im November wurde der Bürgermeisterkollege Andreas Hollstein aus dem Sauerland mit einem Messer verletzt, zuvor die Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Kurz nach der Attacke auf Henriette Rekerwar ich schockiert, aber direkt Angst hatte ich noch nie. Ich habe auch noch nie irgendwelche ernsthaften Anfeindungen oder Drohungen erhalten. Wer als Bürgermeister Angst hat, ist in seinem Job falsch. Dennoch finde ich es unfassbar, dass solche Angriffe und Drohungen vorkommen.

Zur Person

Mike Homann ist seit 2009 Bezirksbürgermeister in Rodenkirchen, zugleich Vorsitzender des SPD-Stadtbezirks und des SPD-Ortsvereins Rondorf, Sürth, Meschenich, Immendorf und Godorf.

Der 41-Jährige Rechtsanwalt wohnt mit seiner Frau und vier Kindern in Rodenkirchen. Zuvor lebte er in Weiß und Sürth. (süs)

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