Abo

Fieser GestankSürther wollen Ginkgo-Bäume fällen lassen

Lesezeit 3 Minuten
20 Ginkgo-Bäume stehen an der Ulmenallee.

20 Ginkgo-Bäume stehen an der Ulmenallee.

Köln-Sürth – Der Ginkgo ist ein besonderer Baum. Er hat in China und Japan die Eiszeit überlebt, wird deshalb oft als „lebendes Fossil“ bezeichnet. Im 18. Jahrhundert wurde er in Deutschland und den Niederlanden heimisch, längst hat er sich in ganz Europa verbreitet.

Er sieht aus wie ein Laubbaum, seine Blätter haben im Herbst eine goldene Färbung, gleichwohl gehört er botanisch zu den Nadelhölzern.

Gern wird der robuste, anspruchslose und schön anzusehende Fächerblattbaum in Gärten, Parks und am Straßenrand angepflanzt. Ginkgo-Extrakt gilt als „Gehirnschützer“ und soll bei leichter Demenz helfen und die geistige Fitness verbessern. So steht es jedenfalls auf den Beipackzetteln entsprechender Arzneien und Drogeriemarkt-Produkte.

Geruch nach Buttersäure

Aber der „Ginkgo Biloba“ hat auch einen großen Nachteil, er stinkt. Genauer gesagt verströmen die reifen Früchte einen ungenehmen Geruch nach Buttersäure, wenn sie abgefallen sind und am Boden vergären. Sie riechen wie eine Mischung aus Erbrochenem und vergammeltem Käse.

Einige Anwohner der Ulmenallee können die Geruchsbelästigung durch die gelben Früchte, die an Mirabellen erinnern, nicht mehr ertragen. Wie schon im Jahr 2009 forderten sie die Bezirksvertretung erneut auf, die Fällung der Ginkgos zu beschließen. 20 Exemplare stehen an der Straße.

Das könnte Sie auch interessieren:

Zwei Exemplare sind männlich und somit geruchsneutral, alle anderen tragen Früchte. Während ihre Eingabe damals nichts bewirkt hatte, waren die Anlieger diesmal erfolgreich. Gegen die Stimmen der Grünen hat das Stadtteilparlament die Komplettfällung beschlossen.

Die Bezirksvertretung hat sich damit gegen die Verwaltung ausgesprochen, die in einer Stellungnahme das Abholzen abgelehnt hatte. Die Bäume seien gesund, mit öffentlichen Mitteln gepflanzt worden, es gehe keine Gefahr von ihnen aus, hieß es aus dem Grünflächenamt.

Ein Absägen sei allerdings möglich, wenn die Bezirksvertretung dies ausdrücklich verlange und wenn ein Fällverbot zu einer „nicht beabsichtigten Härte“ führe. Mit „unzumutbarer Härte“ argumentierten auch die betroffenen Anlieger und führten Einzelentscheidungen anderer Städte wie Duisburg, St. Augustin und Essen an. Nicht nur in der Nase bleibe der „Duft“ hängen, so die Bürger, sondern an allem, was mit den Früchten in Berührung komme, an Schuhen, Teppichen und Automatten.

„Von Naserümpfen bis Brechreiz“

„Die Abwehrreaktionen reichen vom Naserümpfen bis zum Brechreiz“, schrieben die Bürger in ihrer Eingabe, die über den FDP-Bezirksvertreter Karl-Heinz Daniel bei der Verwaltung landete. Bei Kleinkindern habe im vergangenen Jahr die Berührung zu Erbrechen und Durchfall geführt, auch bei Haustieren, die die Samen aus Versehen gefressen hätten.

„Kein guter Tag für Bäume“, sagte Frank Theilen von Wrochem von den Grünen. Die Fraktion hatte versucht, einen Kompromiss zu finden zwischen Bürgern und Verwaltung. Sie hatte vorgeschlagen, dass die Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) die Straße in kritischen Zeiten intensiver reinigen solle und auch die Anwohner verstärkt anpacken und die abgefallenen Früchte entfernen sollten, bevor sie zu faulen beginnen. Die zwei männlichen Ginkgos könne man absägen, um die Befruchtung zu verhindern, hieß es. Das sei preiswerter als 18 Bäume zu fällen.

Fäll-Aktion für 53 000 Euro

Ihren Politiker-Kollegen warfen sie „mangelnde Sensibilität“ beim Umgang mit städtischen Haushaltsmitteln vor. Immerhin kostet die Fällung der 20 Bäume laut Verwaltung 53 000 Euro. Mit Bezirksmitteln für Stadtverschönerung soll die Abholzaktion bezahlt werden, Rodenkirchen stehen jährlich 100 000 Euro für Verschönerungsaktionen zur Verfügung.

Eigentlich sollen mit dem Geld Bäume und Blumen gepflanzt und nicht entfernt werden. Andere Bezirksvertretungen in Köln, etwa im Kölner Norden oder in der Innenstadt, lehnten das Fällen weiblicher Ginkgos ab. Wann die Aktion beginnt und inwieweit es Ersatzpflanzungen geben wird, steht offenbar noch nicht fest.

KStA abonnieren