Gemeinschaftsacker in Köln-SürthAuswärts gärtnern wird immer mehr zum Trend

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Gartenneuling Irina Pechotski

Köln-Sürth – Es ist kühler geworden und geregnet hat es auch am Wochenende. Die Hobbygärtner vom Sürther Feld sind erleichtert. Wochenlang werkelten sie in der Hitze auf ihren Parzellen, buddelten in der harten, trockenen Erde, zupften Unkraut, schleppten schwere Gießkannen, um die zarten jungen Pflänzchen einigermaßen mit Wasser zu versorgen. So wie Gerrit Loch zum Beispiel. Mindestens drei Stunden hält er es am vergangenen Donnerstag unter der Nachmittagssonne aus. Er schwitzt, ist erschöpft und trotzdem bester Laune. Der Grund dafür ist unter anderem grün – ein appetitlicher Salatkopf, den er frisch geerntet hat. „Die Mühe lohnt sich“, sagt der 38-Jährige, „je mehr Arbeit, desto besser die Ernte.“

Er weiß, wie knackig Bio-Gemüse direkt vom Feld schmecken kann; schon zum dritten Mal hat er einen Mini-Acker von der Initiative „Gartenglück“ gemietet – und jeweils 35 Gemüse-Sorten von Aubergine bis Zucchini geerntet in den vergangenen beiden Jahren. Zusammen mit seiner Frau und dem Baby kommt er von Sülz mindestens einmal in der Woche auf „sein“ Stück Land im Sürther Feld und begutachtet das Wachsen und Gedeihen. „Ich mag vor allem auch die Ruhe hier“, betont er. Derweil haben es sich Frau und Baby auf einer Decke gemütlich gemacht im Schatten eines Baumes am Rand der Selbsternte-Parzelle.

Neuer Inhalt

Gärtnern und Fachsimpeln auf dem Feld in Sürth

Schatten gibt es auch für Elisabeth Passmann. Tochter Katja hat für ihre 85-jährige Mutter extra einen Sonnenschirm aufgestellt. Dort sitzt die Seniorin auf einem Campingstuhl und schaut ihrer Tochter bei der Arbeit zu. Ein wenig angestrengt wirkt die 47-Jährige, die wie die Mutter Tropenmütze mit Nackenschutz trägt. Dennoch: „Es macht Riesenspaß“, sagt die Vegetarierin aus Zollstock. Inzwischen sei die Parzelle sogar eine Art Familientreff geworden. Neben Mutter Elisabeth ist diesmal die robuste 89-jährige Tante Claire Rosenbaum zur Unterstützung mit aufs Feld gekommen. Echte Gartenbau-Neulinge sind Irina Pechotski und ihr Freund.

Die 28-Jährige aus Bayenthal schleppt schwere Gießkannen von der Wasserstation zu ihrer 50 Quadratmeter großen „Scholle“. Die Hitze macht ihr wenig aus. „Am Anfang hatte ich Angst, dass ich etwas falsch mache“, sagt sie. Aber die Radieschen seien gut angegangen, „das ist ein richtiges Erfolgserlebnis.“ Sie zählt auf, warum sie sich einen solchen Gemüsegarten leistet: Weil man sehen könne, wie das Gemüse wachse, weil man in der Erde werkeln und sich selbst versorgen könne, weil man sich im Freien betätigen könne, statt auf dem Sofa zu sitzen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Eine mit 100 Quadratmetern doppelt so große Parzelle bearbeitet die 57-jährige Angela Meier aus Rodenkirchen zusammen mit einer Freundin. „Wir sind eben zwei Wühlmäuse“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Sie hat sich die Haare nass gemacht, damit der Kopf einigermaßen kühl bleibt. Sie freut sich vor allem auf die Wildkräuter. „Allerdings ist dieses Jahr einiges nicht so gut angegangen“, bedauert sie. Zu wenig Regen und zu heiß im Mai, so lautet ihr Resümee.

Das findet auch „Wiederholungstäterin“ Natascha Knüchel, 53. „In diesem Jahr ist leider alles viel zu trocken“, kritisiert sie. Einige Pflänzchen seien verdorrt und kaputt. Ein paar Anfänger hätten deshalb bereits aufgegeben, deren Parzellen würden allmählich verwildern. Im großen Stil bewässert wird nicht auf dem Sürther Feld, jeder der Schollen-Besitzer ist selbst dafür verantwortlich. Wasser können sie aus einem bereitgestellten Kanister holen, der 3000 Liter fasst. Aber das ist beschwerlich.

Mitmachen beim Gartenglück

Der Selbsterntegarten auf dem Sürther Feld zwischen Hammerschmidtstraße und „Am Feldrain“ ist in 190 Grundstücke je 50 Quadratmeter eingeteilt. Bezahlt wird pro Saison (April bis November) 346 Euro für 100 Quadratmeter, 183 Euro für die Hälfte. Die Parzellen sind bei der Anmiete mit Bio-Jungpflanzen und Blumen bestückt. Regelmäßig werden weitere Pflanzen verkauft, die auf dem Ivanov’schen Öko-Betrieb „Klefhof“ in Overath vorgezogen werden. Einige Parzellen auf dem Sürther Feld sind noch frei. (süs) www.gartenglueck.info

„Die Nachfrage nach den Parzellen ist ungebrochen“, sagt Katrin Ivanov-Below von der Bio-Initiative „Gartenglück“. Sie und Ehemann Eugeny Ivanov hatten vor mehr als zehn Jahren die Idee für das Selbsternte-Projekt namens „Gartenglück“. Die studierten Öko-Landwirte pachten große Grundstücke von der Stadt und vermieten sie kleinteilig weiter an interessierte Hobbygärtner. Inzwischen gibt es Gartenparzellen in Dellbrück, Weiden, Sürth und Troisdorf.

KStA abonnieren