Gestank im Kölner SüdenWarum trotz der Anwohner-Klagen niemand nach Ursachen sucht

Lesezeit 3 Minuten
Inwieweit Industrieanlagen, wie die Rheinland-Raffinerie in Godorf mit immer wieder auftretendem Gestank zu tun haben, ist nur schwer nachweisbar.

Inwieweit Industrieanlagen, wie die Rheinland-Raffinerie in Godorf mit immer wieder auftretendem Gestank zu tun haben, ist nur schwer nachweisbar.

  • Anwohner im Kölner Süden klagen immer wieder über Gestank und gesundheitliche Probleme.
  • Neu sind die Probleme nicht. Für Ursachenforschung sieht sich aber niemand zuständig.

Rodenkirchen – Gut eine Woche ist die jüngste Geruchsbelästigung im Kölner Süden her. Es stank so intensiv, dass Anwohner in Rodenkirchen, Weiß und Sürth dem gesunden Menschenverstand folgten und von sich aus Fenster und Türen schlossen. Da hätte es die Aufforderung durch die Feuerwehr auf der Warn-App „Nina“ gar nicht gebraucht. Anwohner konnten nicht genau beschreiben, wonach es gerochen hat.

Nach verbranntem Plastik, sagten die einen, andere sprachen von einem metallischen bis phosphorartigen „ungesunden“ Geruch. Die Feuerwehr rückte mit ihren Messgeräten aus – und stellte nichts fest. Quelle unbekannt. Die Duftfahne war verflogen, die Alarmierung erfolgte zu spät. Die umliegende Großindustrie meldete keine Störfälle, die Feuerwehr hatte dort nachgefragt.

Sorge vor gesundheitsschädlichen Partikeln

Es ist nicht das erste Mal, dass es übel riecht im Kölner Süden. Und es ist nicht nur der Geruch, der die Bewohner beunruhigt, sondern die Sorge vor gesundheitsschädlichen Partikeln in der stinkigen Luft. Und tatsächlich berichten Bürger von ständig juckenden und geschwollenen Nasenschleimhäuten, brennenden Augen, Niesattacken und Kratzen im Hals.

„Zunächst glaubt man, eine Erkältung sei im Anrücken, aber sie bricht nicht endgültig durch“, sagt etwa Martina Siems-Dahle aus Rodenkirchen, „seit Wochen leide ich darunter.“ In den sozialen Medien hatte sie bereits Ende Oktober, also noch vor dem aktuellen Vorfall Anfang November, eine Diskussion angeregt und Stimmen gesammelt – mit einer „bemerkenswerten Resonanz“, wie sie sagt.

Demnach klagen auch andere Anwohner aus Rodenkirchen, Sürth, Immendorf und Hochkirchen über ähnliche Dauer-Symptome. Den hiesigen Hals-Nasen-Ohrenärzten ist das Problem offenbar seit Jahren bekannt.

Seriöse Studie nötig

Dennoch sei es nur eine Vermutung und nicht belegbar, dass dicke Luft im Kölner Süden schuld sei an den Schleimhautreizungen, sagt etwa eine Ärztin aus Rodenkirchen, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie regt eine seriöse und wissenschaftlich durchgeführte Studie an.

Auch dem städtischen Umweltamt und der Bezirksregierung Köln sind Geruchsprobleme im Kölner Süden nicht neu. „Es gibt immer wieder mal Beschwerden über Gerüche im Kölner Süden“, heißt es bei der Stadt; aus dem Kölner Süden würden sich häufiger Bürger melden, als aus dem Kölner Norden. „In der Regel kommen die Gerüche von den Chemie-Anlagen der dort ansässigen Werke“, teilt das Amt für Umwelt und Verbraucherschutz weiter mit. Insofern verweise das Umweltamt die Bürger an die zuständige Bezirksregierung – die sich aber nur in bestimmten Fällen in der Verantwortung sieht. Denn wenn es konkrete Hinweise auf die Großindustrie gibt, dann ist nicht die Stadt, sondern die Bezirksregierung Köln für die Bearbeitung zuständig.

Wenn aber die Quelle unbekannt ist, dann ist die Stadt verantwortlich. Bürgerunfreundliches Kompetenzgerangel?

Der Sprecher der Bezirksregierung, Dirk Schneemann, rät betroffenen Bürgern jedenfalls, sich in Sachen Ursachenermittlung zunächst an die Stadt zu wenden, und zwar „zeitnah“, solange die Gerüche wahrnehmbar sind. Auch die Feuerwehr sei der richtige Ansprechpartner sowie die Nachbarschaftstelefone der Großunternehmen. Wenn die Sachlage unklar sei, werde auch gleichzeitig ermittelt, so Schneemann.

Fünf Messstellen im Kölner Süden

Im Kölner Süden gibt es fünf Messstellen, an denen mit so genannten Passiv-Sammlern die Werte von Benzol, Schwefeldioxid, Stickoxiden und Feinstaub gemessen werden. In Godorf gibt es zwei Messstellen, einmal an der Godorfer Hauptstraße/Otto-Hahn-Straße sowie an der Pierstraße.

Im Hahnwald befindet sich die Messstelle am Judenpfad 76, in Meschenich an der Brühler Landstraße und in Rodenkirchen in Finkens Garten an der Friedrich-Ebert-Straße. Bei den Passiv-Sammlern werden in der Regel Durchschnittswerte ermittelt, keine kurzfristigen Spitzenbelastungen. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW veröffentlicht die Werte im Internet. (süs) www.lanuv.nrw.de

Bürgertelefone: Shell Rheinland Raffinerie, Godorf: 0800 2236750 Lyondell Basell, Wesseling 02236 72 2000 Evonik Degussa, Wesseling 02236 76 2299 Feuerwehr Köln 112 Umweltalarm Stadt Köln 0221 221 24935 und 0221 9748-0 Bezirksregierung Köln 0221 147-0

KStA abonnieren