Kölner Erfolgs-Kanutin„Beim Paddeln wird mein Kopf frei“

Lesezeit 10 Minuten
Auf dem Rhein trainiert Maren Lutz die Kondition und den Sprint.

Auf dem Rhein trainiert Maren Lutz die Kondition und den Sprint.

Sürth – Frau Lutz, Sie kommen gerade von Wettkämpfen aus China zurück. Wie wild war das Wasser dort?

Es war richtig wild. Wir sind den legendären „Tiger Jump“ auf dem Salween River hinunter gefahren. Es war atemberaubend und es waren die größten Wellen, in denen ich mich jemals bewegt habe. Man kann das auch auf meinen Social-Media-Seiten bei Instagram und Facebook sehen. Die Tigersprung-Schlucht ist einer der tiefsten Canyons auf der ganzen Welt. Ich hatte beim Finallauf leider Pech und wurde nur Vierte. Das Sprintrennen war auf dem ruhigeren Yangtze. Dort habe ich im Kajak Bronze und im Canadier Silber geholt. Es war es ein riesiges Erlebnis. Die Natur war unglaublich beeindruckend, die Kultur, das Essen. Die frittierten Hornissen werde ich wohl nicht mehr vergessen.

In ihrem Canadier ist Maren Lutz auf dem Weg zur Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft 2018 in der Schweiz.

In ihrem Canadier ist Maren Lutz auf dem Weg zur Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft 2018 in der Schweiz.

Wer war sonst noch da?

Alles zum Thema Henriette Reker

Aus Deutschland waren wir zu sechst in China, darüber hinaus noch gut 50 internationale Spitzenpaddler aus 21 Nationen. Wir wurden vom chinesischen Kanuverband und der ICF (International Canoe Federation, Anm. d. Red.) eingeladen. Ich hatte mich zuvor bei der ICF beworben und wurde ausgewählt. Die Rennen waren Testwettkämpfe für den geplanten Weltcup 2019, aber sie sollten auch den relativ unbekannten Kanu-Wildwasserrennsport ein wenig bekannter machen. Und der kulturelle Austausch spielte auch eine wichtige Rolle.

Jetzt haben Sie also auch Medaillen aus China. Wie viele haben Sie insgesamt schon gesammelt?

Das weiß ich auswendig gar nicht, ich habe sie in einer Kiste aufbewahrt. Ich habe aber schon als Kind viel gewonnen. Mit 16 war ich in der Nationalmannschaft. Jedenfalls stammen fünf internationale Medaillen allein aus dem vergangenen Jahr. Das ist sehr viel, das hatte ich selbst nicht erwartet. Bei den Wildwasser-Weltmeisterschaften in der Schweiz im vergangenen Mai fuhr ich als Erfolgreichste aus dem deutschen Team mit dem Vize-Weltmeistertitel und einer Bronzemedaille zurück.

Was ist eigentlich so schön am Paddeln im Wildwasser?

Es ist ein Teil von meinem Leben. Ich bin unheimlich gern draußen in der Natur und auf dem Wasser. Beim Paddeln wird mein Kopf frei, und ich brauche meinen Freiraum. Paddeln gehört seit meiner Kindheit zu meinem Leben. Als ich ein paar Wochen alt war, lag ich schon im Kanu. Ich bin praktisch im Wander-Canadier aufgewachsen. Die ganze Familie paddelt.

Sie haben also Paddel-Gene geerbt?

Das könnte man so sagen. Ich kann das Wasser lesen, das wurde mir mitgegeben. So etwas kann man nicht trainieren. Meine Mutter Ute paddelt, sie war 2013 Kölner Stadtmeisterin. Mein Opa, Bruder, Tante und Onkel sind erfolgreich Wettkämpfe gefahren. Mein Opa, Ernst Kaeufer, hatte nach dem Krieg alte Flugzeugtanks zum Kanu umgebaut war. Er war Faltboot-Pionier, der viele Flussabschnitte zum ersten Mal befahren hat. Diese Liebe und das Talent zum Paddeln habe ich wohl tatsächlich geerbt.

Erklären Sie bitte kurz den Unterschied zwischen Kanu, Kajak und Canadier.

Kanu ist der Oberbegriff für Kajak und Canadier. Beim Kajak sitzt man und hat ein Doppelpaddel. Beim Canadier kniet man meistens und hat ein Stechpaddel. Mit beiden Kanutypen kann man entweder den Slalom durch aufgehängte Tore fahren oder eben Wildwasser-Abfahrtrennen. Da fährt man geradeaus in eine Richtung und so schnell wie möglich. Ich benutze zurzeit nur den Canadier.

Sie beherrschen beide Sportarten. Welche mögen Sie lieber?

Das ist schwierig zu sagen. Ich trainiere derzeit nur Slalom für Olympia beim WSC Dormagen. Vielleicht kann ich 2024 an den Spielen teilnehmen. Wildwasserabfahrt ist bislang leider noch nicht olympisch. In dieser Disziplin fahre ich beim Verein für Wassersport Blau-Weiss 1932 Köln, aus dem schon viele erfolgreiche Wildwasserkanuten hervorgegangen sind, wie etwa Max Hoff oder Stephan Stiefenhöfer. Im vergangenen Jahr war ich aber nur bei der Abfahrt erfolgreich. Beim Slalom hatte ich zuletzt eine Durststrecke. Ich war sehr müde von der langen Saison.

Wie sieht Ihr Training aus?

Ich trainiere täglich zwölf Einheiten, also zweimal am Tag mindestens eine Stunde. Den Rhein brauche ich für die Kondition und das Sprint-Training. Ich habe es zum Glück nicht weit, ich nehme einfach mein Kanu und laufe über die Straße zum Flussufer hinunter. An der Technik arbeite ich in Neuss-Norff, das ist leider weiter weg. Früher hat mich meine Mutter hingebracht, inzwischen fahre ich selbst. Meine Eltern haben immer viel für mich getan und mich bestmöglich unterstützt, aber nie unter Erfolgsdruck gesetzt. Dafür bin ich sehr dankbar.

Bleibt da noch genügend Zeit fürs Studium?

Das klappt schon, ich kann mir den Stundenplan selber zusammenstellen und anpassen. Wenn Wettkämpfe sind, kann ich mir Auszeiten nehmen, darauf nimmt man Rücksicht. In der Regelstudienzeit werde ich das Studium aber wahrscheinlich nicht schaffen. Insgesamt empfinde ich es als eine Ehre, dass ich an der Sporthochschule studieren darf. Trotzdem wäre das Studium allein langweilig.

Gibt es gar nichts zu meckern?

Doch, schon. An der finanziellen Unterstützung für den Kanurennsport hapert es in Deutschland gewaltig. Die Geldverteilung ist schwierig, würde ich mal vorsichtig sagen. Dabei ist Geld vorhanden, wenn ich da an Fußball oder Tennis denke. Für unsere Wettkämpfe erhalten wir Kanuten in der Regel keine Förderung, keine Siegerprämien. Als ich 2016 zum Beispiel in Dubai war, musste ich alles selber zahlen, auch den Flug. Unsere Kanus müssen wir ebenfalls selbst finanzieren.

Sieht deshalb Ihr Canadier einigermaßen ramponiert aus?

Ich fahre mit ausrangierten Kanus, die mir die Vereine zur Verfügung stellen. Ein neues Boot würde 2000 Euro kosten. Das kann ich mir im Moment nicht leisten. Und ein Förderer ist derzeit leider nicht in Sicht.

Frau Lutz, Sie kommen gerade von Wettkämpfen aus China zurück. Wie wild war das Wasser dort?

Es war richtig wild. Wir sind den legendären „Tiger Jump“ auf dem Salween River hinunter gefahren. Es war atemberaubend und es waren die größten Wellen, in denen ich mich jemals bewegt habe. Man kann das auch auf meinen Social-Media-Seiten bei Instagram und Facebook sehen. Die Tigersprung-Schlucht ist einer der tiefsten Canyons auf der ganzen Welt. Ich hatte beim Finallauf leider Pech und wurde nur Vierte. Das Sprintrennen war auf dem ruhigeren Yangtze. Dort habe ich im Kajak Bronze und im Canadier Silber geholt. Es war es ein riesiges Erlebnis. Die Natur war unglaublich beeindruckend, die Kultur, das Essen. Die frittierten Hornissen werde ich wohl nicht mehr vergessen.

Wer war sonst noch da?

Aus Deutschland waren wir zu sechst in China, darüber hinaus noch gut 50 internationale Spitzenpaddler aus 21 Nationen. Wir wurden vom chinesischen Kanuverband und der ICF (International Canoe Federation, Anm. d. Red.) eingeladen. Ich hatte mich zuvor bei der ICF beworben und wurde ausgewählt. Die Rennen waren Testwettkämpfe für den geplanten Weltcup 2019, aber sie sollten auch den relativ unbekannten Kanu-Wildwasserrennsport ein wenig bekannter machen. Und der kulturelle Austausch spielte auch eine wichtige Rolle.

Jetzt haben Sie also auch Medaillen aus China. Wie viele haben Sie insgesamt schon gesammelt?

Das weiß ich auswendig gar nicht, ich habe sie in einer Kiste aufbewahrt. Ich habe aber schon als Kind viel gewonnen. Mit 16 war ich in der Nationalmannschaft. Jedenfalls stammen fünf internationale Medaillen allein aus dem vergangenen Jahr. Das ist sehr viel, das hatte ich selbst nicht erwartet. Bei den Wildwasser-Weltmeisterschaften in der Schweiz im vergangenen Mai fuhr ich als Erfolgreichste aus dem deutschen Team mit dem Vize-Weltmeistertitel und einer Bronzemedaille zurück.

Was ist eigentlich so schön am Paddeln im Wildwasser?

Es ist ein Teil von meinem Leben. Ich bin unheimlich gern draußen in der Natur und auf dem Wasser. Beim Paddeln wird mein Kopf frei, und ich brauche meinen Freiraum. Paddeln gehört seit meiner Kindheit zu meinem Leben. Als ich ein paar Wochen alt war, lag ich schon im Kanu. Ich bin praktisch im Wander-Canadier aufgewachsen. Die ganze Familie paddelt.

Sie haben also Paddel-Gene geerbt?

Das könnte man so sagen. Ich kann das Wasser lesen, das wurde mir mitgegeben. So etwas kann man nicht trainieren. Meine Mutter Ute paddelt, sie war 2013 Kölner Stadtmeisterin. Mein Opa, Bruder, Tante und Onkel sind erfolgreich Wettkämpfe gefahren. Mein Opa, Ernst Kaeufer, hatte nach dem Krieg alte Flugzeugtanks zum Kanu umgebaut war. Er war Faltboot-Pionier, der viele Flussabschnitte zum ersten Mal befahren hat. Diese Liebe und das Talent zum Paddeln habe ich wohl tatsächlich geerbt.

Erklären Sie bitte kurz den Unterschied zwischen Kanu, Kajak und Canadier.

Kanu ist der Oberbegriff für Kajak und Canadier. Beim Kajak sitzt man und hat ein Doppelpaddel. Beim Canadier kniet man meistens und hat ein Stechpaddel. Mit beiden Kanutypen kann man entweder den Slalom durch aufgehängte Tore fahren oder eben Wildwasser-Abfahrtrennen. Da fährt man geradeaus in eine Richtung und so schnell wie möglich. Ich benutze zurzeit nur den Canadier.

Sie beherrschen beide Sportarten. Welche mögen Sie lieber?

Das ist schwierig zu sagen. Ich trainiere derzeit nur Slalom für Olympia beim WSC Dormagen. Vielleicht kann ich 2024 an den Spielen teilnehmen. Wildwasserabfahrt ist bislang leider noch nicht olympisch. In dieser Disziplin fahre ich beim Verein für Wassersport Blau-Weiss 1932 Köln, aus dem schon viele erfolgreiche Wildwasserkanuten hervorgegangen sind, wie etwa Max Hoff oder Stephan Stiefenhöfer. Im vergangenen Jahr war ich aber nur bei der Abfahrt erfolgreich. Beim Slalom hatte ich zuletzt eine Durststrecke. Ich war sehr müde von der langen Saison.

Wie sieht Ihr Training aus?

Ich trainiere täglich zwölf Einheiten, also zweimal am Tag mindestens eine Stunde. Den Rhein brauche ich für die Kondition und das Sprint-Training. Ich habe es zum Glück nicht weit, ich nehme einfach mein Kanu und laufe über die Straße zum Flussufer hinunter. An der Technik arbeite ich in Neuss-Norff, das ist leider weiter weg. Früher hat mich meine Mutter hingebracht, inzwischen fahre ich selbst. Meine Eltern haben immer viel für mich getan und mich bestmöglich unterstützt, aber nie unter Erfolgsdruck gesetzt. Dafür bin ich sehr dankbar.

Bleibt da noch genügend Zeit fürs Studium?

Das klappt schon, ich kann mir den Stundenplan selber zusammenstellen und anpassen. Wenn Wettkämpfe sind, kann ich mir Auszeiten nehmen, darauf nimmt man Rücksicht. In der Regelstudienzeit werde ich das Studium aber wahrscheinlich nicht schaffen. Insgesamt empfinde ich es als eine Ehre, dass ich an der Sporthochschule studieren darf. Trotzdem wäre das Studium allein langweilig.

Gibt es gar nichts zu meckern?

Doch, schon. An der finanziellen Unterstützung für den Kanurennsport hapert es in Deutschland gewaltig. Die Geldverteilung ist schwierig, würde ich mal vorsichtig sagen. Dabei ist Geld vorhanden, wenn ich da an Fußball oder Tennis denke. Für unsere Wettkämpfe erhalten wir Kanuten in der Regel keine Förderung, keine Siegerprämien. Als ich 2016 zum Beispiel in Dubai war, musste ich alles selber zahlen, auch den Flug. Unsere Kanus müssen wir ebenfalls selbst finanzieren.

Sieht deshalb Ihr Canadier einigermaßen ramponiert aus?

Ich fahre mit ausrangierten Kanus, die mir die Vereine zur Verfügung stellen. Ein neues Boot würde 2000 Euro kosten. Das kann ich mir im Moment nicht leisten. Und ein Förderer ist derzeit leider nicht in Sicht.

ZUR PERSON

Maren Lutz ist als Paddlerin in den beiden Sportarten Kanu-Slalom und Wildwasser seit Jahren erfolgreich. Allein im vergangenen Jahr hat sie bei deutschen und internationalen Wettkämpfen weit mehr als zehn Sieger-Medaillen abgeräumt. Sie trainiert beim Verein für Wassersport Blau Weiss Köln mit Sitz in Weiß sowie beim WSC Bayer Dormagen. Die 19-Jährige ist in Sürth aufgewachsen und wohnt dort mit ihrer Familie. Sie studiert Sport und Gesundheit an der Kölner Sporthochschule.

SPORTLERIN DES JAHRES

Maren Lutz ist nominiert als Sportlerin des Jahres 2018 der Stadt Köln. Vom 11. Februar bis zum 11. März können die Bürger für sie – oder für andere aufgestellte Spitzenathleten aus ganz Köln – im Internet abstimmen. Bei der „Kölschen Sport-Nacht“ in der Flora am Samstag, den 30. März, sind alle rund 80 Nominierten eingeladen und werden dort von der Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit der „Großen Sportplakette“ ausgezeichnet. An dem Abend werden die Sieger in den Kategorien Sportlerin/Sportler, Nachwuchs und Sportteam bekannt gegeben.

www.koelschesportnacht.de

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