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Leben in Köln-HahnwaldChristoph Daum liebt die Abgeschiedenheit seines Veedels

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Elfen-Häuschen im FoBo

Christoph Daum hat ein „Elfenhäuschen“ im Forstbotanischen Garten entdeckt.

Köln-Hahnwald – „Ich wohne auf einer Insel der Ruhe, habe aber jede Menge Fährverbindungen: Bin in 15 Minuten am Hauptbahnhof, in 20 am Flughafen und in drei beim Bäcker“, sagt Christoph Daum, wohlwissend, dass der Hahnwald für die wahren Kölner kein echtes kölsches Veedel ist. Das Gerede der Leute stört den Profi-Fußballtrainer aber kein Stück.

Vor 21 Jahren, nach seiner Kokain-Affäre, wünschte sich Daums zweite Ehefrau für die Familie nur Ruhe und Privatsphäre. „Angelika suchte in Klettenberg, Sülz und Lindenthal, fand es dort aber zu eng. Ich höre ihre Worte noch heute: Die Häuser sind so nah beieinander, da schaut dir jeder in den Garten. In deiner Position? Da sitzen wir auf dem Präsentierteller. So verschlug es uns in den Hahnwald.“ Das erste Haus sei toll gewesen, leider direkt am Hahnwaldweg, schnell sprach es sich herum, wo „der Daum“ mit seiner Neuen wohnt.

4000 Quadratmeter großer Garten

Das neue Zuhause wurde zur Pilgerstätte von Presse, Fans und Neugierigen. „Wir sind geflüchtet. Seit 2007 wohnen wir etwas versteckter, ich genieße meinen 4000 Quadratmeter großen Garten und habe durch meine Kinder in der Nachbarschaft viele Freundschaften geschlossen.“ Kontakt zu den Profifußballern Toni Kroos, Timo Horn oder Anthony Modeste, die auch im Hahnwald wohnen, hat Daum aber nicht, die trifft er höchstens bei auswärtigen Veranstaltungen.

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Daums Stammrestaurants liegen in Rodenkirchen: das Fährhaus mit Blick zum Rhein und das Bistro Verde, etwas versteckt im Hinterhof am Maternusplatz. „Hier esse ich am liebsten ganz einfache kölsche Gerichte wie Bratwurst mit Wirsing. Wir genießen die lockere Atmosphäre.“ Im Sommer fahre er auch gerne mit dem Rad, am liebsten am Rhein entlang in Richtung Bonn. Auf dem Rückweg gibt es dann einen Einkehrschwung beim Thailänder neben Camping Berger.

Kölner ist Hobby-Koch

Wenn Familie Daum nicht essen geht, dann kocht der Chef persönlich. Daum ist Hobby-Koch. Von seinen zahlreichen Auslandsreisen hat er Rezepte und Gewürze mitgebracht. „In meinen lauwarmen Spinat mit Joghurt, da legst Du Dich rein. Einfach Spinat mit Zwiebeln und guten Gewürzen kochen, dazu ein bisschen Bolognese und das Ganze mit türkischem Joghurt mischen, köstlich! Meine Scampi Provenzale sind aber auch preisverdächtig“, sagt Daum.

Einkaufen geht der Fußball-Profi meistens in Hochkirchen oder Rodenkirchen. An der Fisch- und Fleisch-Theke des Supermarktes wissen die Verkäuferinnen schon genau, was er am liebsten nimmt. Eier, Salat und Obst kauft er regional, samstags auf dem Rodenkirchener Wochenmarkt. „Die blöden Sprüche: Im Hahnwald gibt es keine Geschäfte, interessieren mich nicht. Ich setze mich ins Auto und bekomme sieben Minuten später alles für den täglichen Bedarf. Vor seiner Haustüre liegt der Forstbotanische Garten, wo Daum gerne spazieren geht. Man komme in der Natur schnell runter und sehe schon nach kurzer Zeit Dinge, an denen man sonst achtlos vorbeiliefe.

Tipps für die U17-Mädchen-Mannschaft

„Beim letzten Spaziergang habe ich winzige Häuschen aus den unterschiedlichsten Materialien entdeckt. Irgendjemand scheint die gebastelt und im Unterholz versteckt zu haben. Es war wie Ostereiersuchen. Kann ich jedem nur raten, der seine Achtsamkeit schulen möchte.“ Als seine Kinder aus zweiter Ehe noch klein waren, hat Daum mit den beiden auf den großen Wiesen im Forstbotanischen Garten gekickt. Jetzt ist die Tochter 16 und spielt in der U17-Mädchen-Mannschaft beim FC Rheinsüd. Ab und an stellt sich der Ex-Fußballtrainer auf den Platz und leitet gemeinsam mit Mädchen-Trainer Markus Mohn eine Übungseinheit.

„Die Mädchen sind im Umgang miteinander so ganz anders als Jungs; wenn sich beim Zweikampf eine wehtut, hören die anderen auf und kümmern sich um die Mitspielerin. Diese Empathie-Erfahrung war für mich neu. Die Mädchen sind hoch motiviert und geben richtig Gas. Ich glaube allerdings, dass meine Ansagen zu forsch sind, da braucht man schon eine andere Ausbildung. Wir hatten aber trotzdem viel Spaß“, versichert der Mann, der als Dozent und Referent in Sachen Fußballtrainer auf internationalem Parkett sehr gefragt ist.

Der FC war ein Teil des Lebens

Die FC-Spiele schaut sich Daum selbstverständlich alle an, allerdings nicht im Stadion, dass würde zu Irritationen führen. „Ich übe keine Kritik, aber ich leide. Es tut schon weh, dass der FC das Schlusslicht der Bundesligatabelle ist. Der Verein war ja Teil meines Lebens und ist mir nicht egal! Ich habe den Verantwortlichen angeboten, meine Erfahrung, meine Expertise, mein Netzwerk zu nutzen, wann immer es nötig ist, aber die rühren sich nicht“, sagt Daum, schaut dabei sehr nachdenklich und fügt an: „Aber gekränkt bin ich nicht, dazu kenne ich das Geschäft zu gut.“

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Der 68-Jährige hält sich körperlich fit; in seinem privaten Fitnessraum trainiert er fünf Mal die Woche jeweils eine Stunde. Er spielt Golf, macht täglich Atem- und Konzentrationsübungen und arbeitet gerne in seinem parkähnlichen Garten. Daum ist während seiner beruflichen Laufbahn in der Welt herumgekommen, hat andere Zustände im Hinblick auf Infrastruktur, Hygiene und Bildung kennengelernt, deshalb tut er sich schwer, über fehlende Parkplätze oder Zebrastreifen im Kölner Süden oder die vermeintlich unpünktliche KVB zu meckern.

„Ich bin zufrieden, dankbar und weiß, dass es anderen Menschen, auch in meiner Stadt, schlecht geht. Deshalb unterstütze ich gerne die Kölner Tafel, die im Gewerbegebiet Rodenkirchen ihr Zentrallager hat“, sagt Daum, der ab und an als Beifahrer bei der Lebensmittelsammlung aushilft und bei Spendenaktionen gerne als Botschafter mit seinem Namen wirbt.

Biografie „Immer am Limit“ auf der Bestseller-Liste

20 Jahre nach der Kokain-Affäre, die ihn den Job des Bundestrainers gekostet hat, hat Christoph Daum in seiner Biografie „Immer am Limit“ sein Leben mit allen seinen Höhen und Tiefen zu Papier gebracht. Sein Werk hat es auf die Sachbuch-Bestsellerliste geschafft und in der Öffentlichkeit großes Interesse geweckt. Auf dem Schreibtisch in seinem Büro, das einer Fachbibliothek gleicht, liegt eine Einladung zu einer Lesung auf der Lit. Cologne. „Wenn die Pandemie vorüber ist, wünsche ich mir eine Lesung im Rhein-Energie Stadion“, sagt Daum und schmeißt den Rasenmäher an.

Noch einmal als Profi-Trainer zu arbeiten, das schließt Daum nicht kategorisch aus. „Ich sitze nicht im Hahnwald und scharre mit den Hufen, denn an Anfragen aus dem Ausland fehlt es nicht. Aber da müsste schon was ganz Besonderes kommen, damit ich meine Familie und mein Veedel verlasse“, sagt der Mann, der auch 2021 immer noch zu den schillerndsten und streitbarsten Figuren im Fußballgeschäft zählt.

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