Nazi-AufkleberRechtsradikale bekleben Zollstock

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Berthold Bronisz (Die Linke) und Marion Heuse kratzten Aufkleber mit rechtsextremen Parolen auch von Verkehrsschildern.

Berthold Bronisz (Die Linke) und Marion Heuse kratzten Aufkleber mit rechtsextremen Parolen auch von Verkehrsschildern.

Zollstock – Schon länger sind Aufkleber mit rechtsradikalem Hintergrund auf Schildern und Hauswänden in Zollstock ein Ärgernis. Bei einem kleinen Rundgang vom Höninger Weg über den Theophanoplatz bis zum Gottesweg mussten die Stadtteilpolitiker nicht lange nach Werbeaufklebern rechtsradikaler Gruppierungen und Organisationen suchen. Sie entdeckten fast 30 an der Zahl.

Mit viel Mühe rubbelten und kratzten die Bezirksvertreter Berthold Bronisz (Die Linke) und Marion Heuser (Bündnis 90/Grüne) die Aufkleber von Regenrinnen, Straßenpollern und Verkehrsschildern ab. „Rechtsradikale Aktivisten wollen dadurch ihre Reviere abstecken“, meinte Berthold Bronisz.

Er hatte zusammen mit Vertretern der Rodenkirchener Grünen, dem Zollstocker SPD-Ortsverband und anderen engagierten Bürgern einen kleinen Infostand an der Ecke Höninger Weg/Gottesweg aufgebaut, um die Bevölkerung für die „Gefahr von rechts zu sensibilisieren“, wie Bronisz sagte. Er setzt sich seit Jahren gegen Neonazis ein.

Im vergangenen Sommer wurde er selbst von einem anonymen Anrufer im Namen der „Autonomen Nationalisten“ bedroht. Zuvor hatten Unbekannte ein Hakenkreuz und den Satz „Wir kriegen Dich! B.“ unter die Klingel seiner Haustür geschmiert. Die polizeilichen Ermittlungen wurden damals eingestellt, weil es keine Spur zu den Tätern gab. Der Staatsschutz wurde informiert.

Nicht einschüchtern lassen

Angesichts der Bedrohungen sei ihm mitunter ein wenig mulmig, wenn er sich politisch gegen Rechts engagiere, aber einschüchtern lassen wolle er sich nicht. Dabei sind Einschüchterungsversuche gegen politisch Andersdenkende offenbar nichts Ungewöhnliches bei den „Autonomen Nationalisten“. Einige Anhänger mussten sich im vergangenen Jahr vor dem Landgericht Koblenz verantworten. Sie sollen politische Gegner systematisch ausspioniert haben, um sie dann zu verfolgen, anzugreifen und zu verletzen. Unter den Angeklagten in Koblenz befanden sich auch drei bekannte Kölner Rechtsextremisten. Sie wurden festgenommen, zum Teil sind sie wieder auf freiem Fuß.

Seit 2008 seien in Zollstock zunehmend Aktivitäten rechtsradikaler Gruppierungen festzustellen, sagte Bronisz. Vor allem am Kalscheurer Weg würden sich gelegentlich Aktivisten treffen, die auch an überregionalen rechtsextremistischen Aufmärschen teilnehmen würden. Im Dezember 2011 sei herausgefunden worden, dass Zollstocker Aktivisten zur rechtsradikalen Organisation „Crew 18 Cologne“ gehörten. Die Ziffern 1 und 8 stehen dabei als „Geheim-Code“ für die Buchstaben A und H und sind die Abkürzung für Adolf Hitler.

Das Perfide sei, sagt Bronisz, dass Bürger oftmals nicht ahnen würden, was hinter den Sprüchen steckt: „National befreite Zone“ sei zum Beispiel nicht etwa linksgerichtet oder pazifistisch gemeint; es gehe dabei um Bereiche, in denen sich Migranten oder Flüchtlinge oder andere von den Rechtsextremisten als „fremd“ eingestufte Bürger aus Furcht vor gewalttätigen rechten Übergriffen nicht mehr auf die Straße trauen würden. Im Osten Deutschlands gibt es viele solche Bereiche. So weit soll es in Köln nie kommen.

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