Regional einkaufenWie das Prinzip der „Marktschwärmer“ in Köln funktioniert

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Clara von Hartz Möllmann hat das Angebot der Marktschwärmer in der Kölner Südstadt ins Leben gerufen.

  • Die ersten Marktschwärmer gab es 2011 in Frankreich. Seitdem hat sich das Projekt auch in Deutschland verbreitet.
  • Es geht darum, regionale Lebensmittel und nachhaltige Landwirtschaft zu fördern, Erzeuger und Verbraucher an einem Ort zusammenzubringen.
  • An 17 Kölner Standorten gibt frische Produkte aus der Region. Wir waren zu Besuch bei den Marktschwärmern im Kölner Süden.

Bayenthal –  „Hallo, die 42 bitte.“ Gesine Hopstein nimmt die Kiste mit der Nummer 42, gefüllt mit Paprika, Salat und anderem Gemüse von Uwe Heinbach entgegen und packt alles in ihre Tasche. „Das sieht ja super aus“, sagt sie begeistert mit Blick auf ihr erntefrisches Gemüse. Dann schaut sie auf ihr Smartphone, um zu prüfen, welche Produkte ihr noch fehlen. Hopstein nutzt das Angebot der Marktschwärmerei auf dem Neuland-Gelände an der Alteburger Straße fast jeden Donnerstag.

Donnerstags von 17 bis 19 Uhr kommen dort Landwirte, Bäcker, eine Bio-Molkerei aus der Eifel und viele andere regionale Produzenten vorbei und verkaufen ihre Waren. Fast wie auf einem klassischen Bauernmarkt. Aber nur fast.

Fast wie ein Bauernmarkt in Bayenthal

Wer dort einkaufen will, muss sich zuvor auf der Marktschwärmer-Website anmelden und die Ware bestellen. „Das hat den Vorteil“, erklärt die Initiatorin für die Südstadt, Clara von Hartz-Möllmann, „dass die Anbieter keine überschüssige Ware mit nach Hause nehmen müssen und die Kunden das bekommen, was sie haben möchten.“ Nämlich saisonale Bio-Produkte aus der Region.

Vor drei Jahren hat von Hartz-Möllmann die Marktschwärmerei im Neuland-Garten etabliert, wo Landwirte und Kunden auf unkonventionelle Art und Weise zusammenkommen. „Die Kunden erfahren aus erster Hand, woher die Lebensmittel stammen und wie sie produziert werden. Und die Produzenten erfahren direkte Wertschätzung“, sagt die engagierte Initiatorin. Einige Höfe seien durch die Marktschwärmer sogar gewachsen, sagt von Hartz-Möllmann während eines Rundgangs, ein Hof schlachte jetzt beispielsweise zusätzlich und habe damit einen zweiten Kundenkreis neben seinem Hofladen aufgebaut.

100 bis 200 Bestellungen - Online, versteht sich

Dass die Marktschwärmerei so gut läuft, habe auch mit dem Corona-Lockdown in den Anfängen der Pandemie zu tun. „Da hatten wir bis zu 200 Bestellungen, jetzt hat es sich auf rund 100 eingependelt“, sagt von Hartz-Möllmann. Auf etwa 40 Erzeuger können die Bayenthaler Marktschwärmer zurückgreifen, so dass stets eine große Produktauswahl garantiert ist, denn nicht alle Landwirte sind regelmäßig vor Ort. Von Hartz-Möllemann: „Wir erleben wöchentlich ein erhöhtes Bedürfnis nach Regionalität und danach, zu wissen, woher die Produkte stammen“.

Die Regionalität der Produkte ist auch das, was Ines Maiwald am Herzen liegt – und der zweite Grund dafür, fast jede Woche auf dem Neuland-Gelände einzukaufen. „Ich habe hier ein Beet und kann ein wenig Selbstangebautes in der Küche verwenden, alles andere kaufe ich vermehrt bei der Marktschwärmerei ein, und auch wegen der netten Stimmung“, erzählt die junge Frau. „Man denkt mehr darüber nach, was man kocht. Das ist viel nachhaltiger.“

Kunden entscheiden mit über das Angebot

Verkaufen ist die Sache, das Gespräch zwischen Landwirt und Kunden die andere. Transparenz und Austausch ist auch Josef Thomas von der Monschauer Bauernmolkerei sehr wichtig. „Wir haben durch Gespräche mit Kunden unsere Produktpalette erweitert. Hier haben wir erfahren, was die Kunden sich wirklich wünschen“, sagt der „Milchrebell“, wie er und seine Geschäftspartner sich nennen. 

Als der Milchpreis in den Keller sank, rebellierten Thomas und seine Kollegen und gründeten eine eigene Molkerei. Seitdem vertreiben sie ihre Milch, die nur erhitzt wird und sonst völlig unbehandelt ist, auch Quark und Joghurt, unter anderem in Hofläden - und bei der Marktschwärmerei. Beliefert wird die Bauernmolkerei von verschiedenen Biohöfen aus ihrem Umkreis.

Artgerechte Tierhaltung auf dem Tiggeshof

Bei Ulla Tigges vom gleichnamigen Hof aus dem sauerländischen Fröndenberg bildet sich derweil eine kleine Schlange. Sie hat verschiedene Produkte dabei. Eier vom eigenen Hof, Fleisch von einem kooperierenden Bauern und Brotaufstriche. „Wir teilen uns auf mit dem erkauf in der Südstadt. So muss nicht jede Woche dieselbe Person die

Fahrt erledigen“, sagt sie. Auf ihrem Tiggeshof leben die Tiere unter artgerechten Bedingungen, Hühner dürfen auf der grünen Wiese picken, Kühe und Kälbchen auf der Weide stehen.

Zwischenzeitlich hat sich der Platz am Eingang des Neuland- Gartens gefüllt.  Immer mehr Menschen kommen mit Stofftaschen und Lastenrädern, um ihre Ware abzuholen – zwischen 17.30 und 19 Uhr ist das jeden Donnerstag möglich. Eine Zeit, die auch Berufstätigen entgegen kommt, denn die haben morgens eher selten Zeit.

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