Schlaganfall mit 52 JahrenKölner kämpft sich wieder raus aus einem tiefen Loch

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Barbara Skerath und Heiner Gräber kommen gut miteinander aus.

Barbara Skerath und Heiner Gräber kommen gut miteinander aus.

  • Heiner Gräber hatte mit 52 einen Schlaganfall - Barbara Skerath von "Kölsch Hätz" hilft ihm beim Neuanfang

Köln-Rondorf – Heiner Gräber überlegt sorgfältig, bevor er spricht. Der Gesprächspartner spürt regelrecht, wie sich die Worte in seinem Kopf langsam bilden und wie mühsam es ist, sie zu formulieren. Heiner Gräber nimmt sich Zeit und hat Geduld - mit sich und seiner Behinderung. Vor acht Jahren hatte der jetzt 60-Jährige einen Schlaganfall.

Es traf ihn aus heiterem Himmel, an einem Sonntagmorgen um acht Uhr. Wie ein Tsunami warf ihn der Schlag aus dem bisherigen Leben. Er landete in einem tiefen Loch, aus dem er sich seitdem langsam, Stück für Stück nach oben arbeitet. Barbara Skerath von der Nachbarschaftshilfe „Kölsch Hätz“ hilft ihm seit fünf Jahren dabei.

Ein Blutgerinsel im Kopf so groß wie eine Faust

Nicht gern erzählt Heiner Gräber von den schwierigen Anfängen, von schwersten psychischen Krisen in der Reha, als die rechte Körperhälfte komplett gelähmt war, als nicht einmal das Schlucken möglich war.

Die Koordinatorinnen von Kölsch Hätz: Rosemarie Klothen (l.) und Angelika Bahls.

Die Koordinatorinnen von Kölsch Hätz: Rosemarie Klothen (l.) und Angelika Bahls.

„Mein Blutgerinnsel im Kopf war so groß wie eine Faust“, sagt der ehemalige Computerfachmann, der noch vier weitere Berufe gelernt hat – Konditor, Orgelbauer, Klavierstimmer und Heilpraktiker. Viel lieber schildert er die positive Entwicklung, die er seitdem gemacht hat. „Die Mimik habe ich vor zwei Jahren wieder gelernt und auch das Lachen“, sagt er und lacht.

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„Er klagt fast nie, und deshalb bewundere ich ihn“, sagt Barbara Skerath. Immer sonntags fährt sie von ihrem Hahnwälder Wohnort nach Rondorf, öfter schafft es die Ehrenamtlerin aus zeitlichen Gründen nicht. Schließlich kümmert sie sich noch um acht Flüchtlingsfamilien aus Syrien. Bei ihren Besuchen unterhalten sich die beiden, spielen Backgammon.

Sie motiviert ihn, lobt ihn, baut ihn auf. Sie schätzt sein positives Denken, seinen Sinn für Humor, den er wieder gefunden hat. „Er ist ein so guter Zuhörer und interessierter Gesprächspartner“, sagt die 73-jährige Barbara Skerath.

Die ersten Hausbesuche waren schwierig

Ein großes Kompliment hat auch Heiner Gräber parat. „Oh ja, sie war und ist eine große Hilfe“, sagt er. Die Chemie stimmte von Anfang an. „Es war ein Glückstreffer“, findet auch Rosemarie Klothen, die Koordinatorin von „Kölsch Hätz“ Rodenkirchen, die die beiden zusammen gebracht hat.

Freilich seien die ersten Hausbesuche schwierig gewesen, als weder Gehen noch Sprechen möglich waren. Barbara Skerath ließ sich nicht entmutigen. „Ich bin in Preußen geboren“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Seine linke Hand kann Gräber heute wieder benutzen. Vor zwei Jahren waren sogar kleine Spaziergänge mit dem Rollator möglich. Zurzeit geht das nicht mehr. „Nach zehn Metern ist Sense“, sagt Heinrich Gräber. Dann krampft das Bein.

Zusätzliches Training auf dem Laufrad

Aber der ehemals leidenschaftliche Motorradfahrer und Halbmarathonläufer lässt trotzdem nicht locker. Zusätzlich zur Physiotherapie trainiert er regelmäßig auf seinem eigenen Laufband im Wohnzimmer und mit seinen Hanteln, meistens nach der Arbeit in der Behindertenwerkstatt im Rodenkirchener Gewerbegebiet. „Ich will wieder laufen können und werde es wieder können“, sagt er und ist ziemlich zufrieden mit sich, mit seinem Leben, mit seiner Wohnung im Dachgeschoss, in der er nach der Scheidung seit Jahren alleine wohnt.

Tiefpunkte und Verzweiflung gebe es auch heute noch. „Aber nach drei Tagen ist es wieder gut“, sagt er. Woher er seinen Lebensmut nimmt? "Wahrscheinlich sind es die Gene", sagt Gräber verschmitzt.

Sinnvolle Aufgabe gesucht

Als sich Barbara Skerath vor fünf Jahren nach dem Tod ihres Mannes bei der Nachbarschaftshilfe „Kölsch Hätz“ meldete, habe sie eine sinnvolle Aufgabe gesucht, erzählt sie. Die habe sie gefunden, und sie betont, wie gut sich „Kölsch Hätz“ um seine Ehrenamtler kümmere. „An Weihnachten darf man sich ja etwas wünschen“, sagt die 73-Jährige. Ihr Wunsch wäre es, dass noch viel mehr Ehrenamtler ihr „Kölsches Hätz“ zeigen und sich einsetzen - für Heiner Gräber und andere „Nachbarn“, die Hilfe brauchen.

Verein Kölsch Hätz

Kölsch Hätz besteht seit nunmehr 20 Jahren in Köln. Die ökumenische Initiative, in der sich derzeit rund 500 Ehrenamtler engagieren, hat zwölf Standorte im Stadtgebiet. Sie will Nachbarn mit Nachbarn zusammen bringen und menschliche Begegnungen vermitteln. Träger sind der Caritasverband und das Diakonischen Werk Köln und Region.

Das Büro für Rodenkirchen, Weiß, Sürth, Hahnwald mit 30 Ehrenamtlern befindet sich an der Hauptstraße 19 im Büro der Pfarrgemeinde St. Maternus. Fest angestellte Hauptkoordinatorin ist Angelika Bahls.

Informationen gibt es unter der Telefonnummer 93 679 283. Ein weiteres Kölsch-Hätz-Büro im Kölner Süden befindet sich in Zollstock an der Bornheimer Straße 1a. (süs) info@koelschhaetz.de

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