Statt Verkauf für MehrfamilienhäuserWarum die Stadt ein Feld für 99 Jahre verpachtet

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Suerther Feld

Auf den Erbpachtgrundstücken sollen 50 Prozent der Wohnungen als geförderte Sozialwohnungen entstehen.

  • Die Stadt vergibt ein städtisches Grundstück in Rodenkirchen zur Erbpacht.
  • Anstatt die Baufelder für Mehrfamilienhäuser zu verkaufen, werden sie für 99 Jahre verpachtet.
  • Wir berichten über das „Pilotprojekt“.

Sürth – Es ist ein vergleichsweise kleines Projekt. Und doch hat es aus Sicht der Stadtspitze den Charakter eines „Pilotversuchs“, der Schule machen soll. Die Stadt vergibt ein städtisches Grundstück auf dem Sürther Feld als Erbpachtgrundstück. Anstatt die Baufelder für Mehrfamilienhäuser zu verkaufen, werden sie für 99 Jahre verpachtet.

Rodenkirchen: Preiswerte Wohnungen werden gebaut

Der Stadtrat gab in seiner Sitzung in der vergangenen Woche der „Aachener Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft“ den Zuschlag. Sie ist ein Verbund von kirchennahen Immobilienunternehmen. Das Unternehmen wird an der Sürther Feldallee in Rodenkirchen preiswerte Wohnungen bauen.

Die für die städtischen Liegenschaften zuständige Dezernentin Andrea Blome hatte im vergangenen Jahr eine Wende bei der Vergabe von Baugrundstücken angekündigt. Die Stadt wolle ihren Besitz nicht mehr verkaufen, sondern das Erbbaurecht nutzen. So wolle man gegen Bodenspekulationen und den Wohnungsmangel vorgehen. Entsprechend gespannt war man nun, wie es beim ersten Praxistest funktioniert.

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SPD und Linke kritisieren Bodenpreise

Ein Schnäppchen war das Geschäft nicht: Die Stadt kalkulierte mit einem Bodenwert von rund 950 Euro pro Quadratmeter, den man auch bei einem Verkauf erzielt hätte, und rief 1,75 Prozent als Erbpachtzins auf. Das ist mehr als der aktuelle Zinssatz für einen Bankkredit bei einem Grundstückskauf. Vertreter der Wohnungswirtschaft, SPD und Linke kritisieren die Preise als viel zu hoch, wenn es darum gehen solle, preiswerten Wohnraum zu schaffen. Die Bodenwerte müssten deutlich unter den Marktpreisen liegen, der Zinssatz nur ein Prozent betragen. Mancher unkte bereits, dass die Stadt keine Interessenten finden könnte.

Tatsächlich haben sich fünf Unternehmen interessiert. Und dass trotz strenger Vorgaben für die Art der Bebauung: 50 Prozent der Wohnungen sollen als geförderte Sozialwohnungen entstehen. Zusätzlich müssen preisgedämpfte Wohnungen errichtet werden, die nicht mehr als zehn Euro pro Quadratmeter kosten dürfen. Ein Teil des Wohnraums muss integrativ sein, also für Behinderte und Wohngruppen geeignet sein. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ war auch die städtische Wohnungsbaugesellschaft GAG unter den Interessenten, kam aber mit ihrem Gebot nicht zum Zuge.

Erbpachtgrundstücke: Weitere Projekte sollen folgen

Für die Stadtverwaltung ist das Rodenkirchener Projekt ein Erfolg. Fünf Bewerber seinen „bei Verfahren dieser Art eine gute Resonanz“, so Blome. Weitere Projekte sollen folgen. Zurzeit ist ein bebautes Grundstück an der Bergisch Gladbacher Straße in Dellbrück zur Bestellung eines Erbbaurechts ausgeschrieben. Bis zum Sommer sollen dem Stadtrat grundsätzliche Leitlinien für die Zukunft vorgeschlagen werden. Noch ist unklar, ob die Stadt verschiedene Preismodelle für die Erbpacht-Grundstücke oder einheitliche Werte empfehlen wird.

Die SPD hält die preislichen Vorgaben beim Pilotversuch in Rodenkirchen für viel zu hoch. „Der Erbbauzins muss unter ein Prozent“, sagt der wohnungspolitische Sprecher der Fraktion, Michael Frenzel. SPD-Landtagsabgeordneter Jochen Ott fordert Bodenpreise, die unter dem Marktwert liegen, um konsequenter preiswerte Wohnungen zu fördern.

Köln: Zu wenige Grundstücke auf dem Markt

GAG-Chef Uwe Eichner verlangt „mehr Anreize“ für den preiswerten Wohnungsbau. Beim Rodenkirchener Erbpacht-Projekt seien die Konditionen aus Sicht der Investoren schlechter gewesen als bei einem normalen Grundstücksverkauf. Dass sich überhaupt Unternehmen dafür interessiert hätten, läge daran, dass viel zu wenig Grundstücke auf dem Markt seien. Das Geld für die hohen Erbbau-Zinsen holten sich Investoren dann bei den Wohnungen wieder, die man frei finanziert bauen dürfe. „Das ganze funktioniert nur, wenn die frei finanzierten Wohnungen, die ein Investor bauen darf, extrem teuer werden“, so Eichner. Das komme für die GAG aber nicht in Frage.

Auch der Zusammenschluss der privaten Unternehmen der Kölner Wohnungswirtschaft, die Wohnungsbau-Initiative Köln, ist skeptisch. Hier gibt es nicht wenige, die statt Erbpacht zu zahlen gerne weiter kaufen würden. Einigkeit besteht aber in der Forderung, dass die Rahmendebindungen für das Erbpachtmodell deutlich attraktiver werden müssten, so Vorstandsmitglied Hermann Jutkeit.

Die Kritiker machen der Stadt seit Jahren den Vorwurf, lieber Höchstpreise für Baugrundstücke erzielen zu wollen, anstatt konsequent den preiswerten Wohnraum zu fördern. Dafür müsste man verstärkt auf Einnahmen für den städtischen Haushalt verzichten.

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