Veedelsspaziergang durch KölnPromikoch Mario Kotaska radelt durch Rondorf

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Herr mit Damenrad: Spitzenkoch Mario Kotaska radelt gern durch Rondorf und den nahen Grüngürtel.

Köln-Rondorf – Wer Mario Kotaska begleitet, wie er durch Rondorf spaziert, dieses knapp 9500-Einwohner-Veedel zwischen Hahnwald und Hürth, dem kommt der Promi-Koch ziemlich bald so vor wie jemand, der alles genau richtig gemacht hat.

Vielleicht hat er ja bloß gute Laune, weil er einen freien Tag hat, „das kommt nicht so oft vor“, wie der 43-Jährige betont. Vielleicht liegt’s an der goldenen Herbstsonne.

Oder vielleicht ist er ganz einfach so: ein aufmerksamer Zuhörer, einer, der ruhig antwortet, der durch sein Veedel schlendert und nicht hastet,  der es ganz offensichtlich liebgewonnen hat in den drei Jahren, in denen er mit Ehefrau Gudrun und den beiden Kindern in Rondorf lebt.

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Typisches Rondorfer Haus mit Gärtchen.

Das äußert sich zum Beispiel, als der Fernsehkoch („Grill den Profi“, „Die Küchenchefs“) die Rodenkirchener Straße entlangbummelt: Mal schwärmt er von der Natureiscreme der Familie van der Put (Haus Nummer 79). Dann fallen ihm auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Kakteen auf, die sich so offensichtlich wohlfühlen auf dem Balkon im zweiten Stock eines dreigeschossigen Hauses.

Vor Haus 142 stoppt Kotaska kurz und deutet auf die andere Straßenseite: „Da steht in der Saison eine Spargelbude. Die haben 1-A-Ware, auch Rhabarber und Erdbeeren.“

Er schwärmt über den Umbau von Kleins Backstube an der Rodenkirchener Straße 150 in ein Café („die Chia-Brötchen sind echt lecker!“), er lobt die Fleischwurst („wir haben hier noch eine echte Metzgerei im Viertel, Gammersbach, wo gibt’s das noch?“). Ob ihm überhaupt etwas fehle in Rondorf? Er überlegt. Und denkt noch ein bisschen nach. „Nö“, sagt er dann, schüttelt den Kopf: „Nö.“

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Auf ein Fleischwurstbrötchen in Kleins Backstube.

Bevor er mit seiner Familie nach Rondorf gezogen ist, haben die vier in Bayenthal gelebt, davor in der Südstadt. Mario Kotaska stammt aus dem nordhessischen Landkreis Kassel.

Durchs Kochen ist er rumgekommen: Er hat unter anderem bei Wolfgang Müller im Restaurant Imperial des Schlosshotels Bühlerhöhe gelernt, gehörte zum Team, das dem Adermann in Berlin 2001 einen Michelin-Stern erkochte.

Zwei Jahre später zog Kotaska nach Köln: Im La Société an der Kyffhäuser Straße 53 im Kwartier Latäng trat er seine erste Stelle als Küchenchef an. Das führte 2006 wieder zu einem Stern für ihn.

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Zu viele schlechte Currywürste

Ein Weggefährte aus der Zeit ist Dimitrios Matanovits. Damals führte er die Cocktailbar Rosebud an der Heinsbergstraße 20 („da sind wir nach Feierabend oft hin“, erzählt Kotaska). Heute leitet Matanovits das Dimi’s, eine Ouzeria an der Rodenkirchener Straße 88 in Rondorf.

Über einem Ouzo hängen die beiden ihren Erinnerungen nach: Nach dem Rosebud half Dimi zwischendurch Kotaska aus. Der hatte das Bratwerk mit Sitz in Niehl gegründet. Er hatte auf den deutschen Autobahnen und Flughäfen zu viele schlechte Currywürste gegessen und wollte es besser machen.

Dann übernahm Dimi das Restaurant beim Tennisclub Großrotter Hof in Rondorf – wo Kotaska „meinen legendären 40. Geburtstag, Motto: Staying Alaaf“ feierte. Und beide blieben sie im Kölner Süden: Dimi in seiner Ouzeria, Kotaska zog es mit der Familie „ins Dörfchen“, wie er sein Veedel nennt.

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Jamas! Dimi Matanovits (links) stößt mit Mario Kotaska an.

„Uns hat die Südstadt zwar gefallen“, sagt er. „Aber ich habe mich immer nach einem eigenen Stück Garten gesehnt.“ Gut möglich, dass der Wunsch aus seiner Kindheit rührt: Seine Eltern betrieben Landwirtschaft im Nebenerwerb, hielten Hühner, Kaninchen, Gänse, ein Schwein, bauten Gemüse und Salat an.

„Die ersten frischen Buschbohnen im Jahr direkt vom Strauch, die schmecken natürlich anders als alles, was du kaufen kannst. Und dann sind meine Frau und ich durch Zufall auf Rondorf gestoßen.“ Der Traum vom Eigenheim mit Garten wurde wahr.

„Und wir sind beide glücklich hier: Rondorf ist ruhig, es ist grün, ich liebe es, morgens durch den Grüngürtel zu joggen oder in Ruhe auf meiner Lieblingsbank zu sitzen und in der Zeitung alles über die Haie nachzulesen.“ Seinen Lieblingsclub.

„Hier gibt es noch Gemeinschaft“

„Außerdem gefällt mir, dass es in Rondorf noch Gemeinschaft gibt: Wenn wir sonntags mit der Familie frühstücken und merken, uns fehlt ein Ei, können wir beim Nachbarn um eins bitten. Du kannst in Ruhe in Urlaub fahren, irgendjemand gießt deine Blumen und stellt deine Mülltonne raus. Hier sind die Menschen noch füreinander da, das hat etwas Dörfliches.“

Und dass es für Kotaska mit dem eigenen Garten geklappt hat, darüber ist nicht zuletzt Hamid Moradnejad froh. Er berät den Stammkunden regelmäßig bei Blumen Vivien an der Rodenkirchener Straße 147. Ein „angenehmer Kunde“ sei Kotaska, „der fragt um Rat und weiß nicht alles besser“.

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Hamid Moradnejad (l.) berät den Hobby-Gärtner.

Um Rat bittet er auch diesmal: zwei Kästen will er mit je drei Blumen bepflanzen. Herbstlich soll es sein. „Aber keine langweilige Heide“, wünscht er sich. Am Ende wird’s dreimal Heide, dazu ein Purpurglöckchen, Currykraut und ein Spindelstrauch.

Ob die Heide auf einmal also doch nicht mehr langweilig sei? „Erwischt!“, meint Kotaska und grinst, „aber die Heide sieht doch sehr schön herbstlich aus, dadurch stimmt das Gesamtpaket.“

Sein persönliches Gesamtpaket stimmte nicht mehr, als er Familienvater wurde und gleichzeitig Jahr für Jahr den Stern fürs La Société verteidigen wollte. „Ich bin dankbar für die Zeit“, sagt der Spitzenkoch im Rückblick, „ich konnte dort meine Kreativität ausleben. Aber Sterneküche und Familienleben, das passt einfach nicht zusammen. Du arbeitest ja immer dann, wenn alle anderen freihaben. Das funktioniert auf Dauer als Familie nicht.“

Kochschule gegründet

Also stellte er sich um, gründete das Bratwerk, es folgte in Berlin das Restaurant mit Weinbar und Kochschule Schmidt Z & Ko, das er seit drei Jahren mit dem befreundeten Kollegen Ralf Zacherl betreibt.

Den er übrigens auch in Rondorf gern einmal empfängt. Und an den sich selbst Antonino Bonetta noch lebhaft erinnert: Der Inhaber des italienischen Restaurants Il Valentino an der Rodenkirchener Straße 61 kontrolliert im abgetrennten Pizzeria-Bereich seines Restaurants gerade Brote im Holzofen, als Kotaska eintritt.

Es duftet nach Backstube, nicht nach Pizza. Kotaska schaut in den Ofen. „Ui“, entfährt es ihm, als er die 15 Laibe Weizenbrot sieht, „backt ihr jeden Tag so viel?“ Bonetta nickt. „Das ist, was wir brauchen.“

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Antonino Bonetta (r.) zeigt die Brote aus dem Holzofen.

Was sie den Gästen reichen zum Beispiel zum geräucherten Schwertfisch mit Carpaccio, von dem Mario Kotaska so sehr schwärmt oder von den Paccheri-Nudeln mit den Venus- und Miesmuscheln in einer Tomaten-Olivenöl-Sauce.

Seine Frau, eine Sommelière, sei übrigens begeistert von den Weinen, betont er und erinnert rasch an den jüngsten Besuch seines Kumpels Ralf Zacherl: „Als wir zuletzt mit Ralf bei dir waren, Antonino, haben wir uns noch ein paar Flaschen Wein mit nach Hause genommen.“ Bonetta nickt: „War ein schöner Abend, oder?“

Wobei Mario Kotaska ein weiterer Pluspunkt Rondorfs einfällt: „Hier kann ich alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigen, es ist alles so schön nah hier.“ Am liebsten ist er unterwegs auf seinem Bier-Fahrrad, wie er es nennt: Ein Drei-Gang-Damenrad, das so alt sei, dass es nicht einmal geklaut werde, obgleich er doch gar kein Schloss dafür habe. Scheint, als hätte er selbst damit alles richtig gemacht.

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