Wenig Parkplätze, wenig BäumeRodenkirchener kritisieren neues „Waldviertel”

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Derzeit laufen auf dem Baufeld die Abrissarbeiten. Der alte Betonbunker mit drei Meter dicken Wänden soll mit einer Fräse sukzessive abgebaut werden.

Derzeit laufen auf dem Baufeld die Abrissarbeiten. Der alte Betonbunker mit drei Meter dicken Wänden soll mit einer Fräse sukzessive abgebaut werden.

Rodenkirchen – Nach wie vor bewegt das Bauprojekt „Waldviertel“ auf dem Gelände der ehemaligen Fleischwarenfabrik Waltner die Rodenkirchener. Deshalb hatte die Bürgervereinigung Rodenkirchen zum offenen Bürgertreff in das Brauhaus Quetsch eingeladen. Projektleiterin Martina Müller und Alexander Jacobi, geschäftsführender Gesellschafter der Bauwens Development, standen den interessierten Bürgern Rede und Antwort. Gekommen waren sehr viele, viel zu viele für den offensichtlich zu kleinen Raum. Wolfgang Behrendt vom Vorstand der Bürgervereinigung, der mit so einem Andrang wohl nicht gerechnet hatte, reagierte schnell und versprach allen, denen die Teilnahme wegen Überfüllung verwehrt werden musste, eine zweite Veranstaltung.

Eigentlich sei doch alles klar, so die Botschaft der Bauherren. Seit annähernd vier Jahren gebe es einen rechtskräftigen Bebauungsplan für das Gebiet, der auch den Bürgern in einer öffentlichen Veranstaltung bereits vorgestellt worden sei. Und gebaut werde auf der Basis der immer noch gültigen Pläne des Architektenbüros JSWD mit Sitz in Rodenkirchen, bemerkte Alexander Jacobi angesichts des Massenandrangs. Doch die Rodenkirchener hatten viele Fragen und es wurden immer mehr, nachdem die konkreten Bebauungspläne auf einer Leinwand visualisiert wurden.

Das 4,5 Hektar große Areal zwischen Bahnstraße/Friedrich-Ebert-Straße und Konrad-Adenauer-Straße ist in drei Baufelder aufgeteilt. Baufeld zwei bleibt mit den beiden bestehenden Bürohäusern stehen, Baufeld eins und drei werden komplett neu bebaut. Soweit entspricht alles der Ursprungsplanung.

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Doch im Detail gibt es Änderungen: Statt bisher 350 sollen aktuell 410 neue Wohneinheiten von 40 bis 140 Quadratmetern Größe entstehen. Auch das Verhältnis zwischen Miet- und Eigentumswohnungen hat sich verschoben.

War ursprünglich von mindestens 250 Mietwohnungen die Rede, sprechen die Projektleiter jetzt von einer voraussichtlichen 50:50-Lösung. Sozialwohnungen sind überhaupt nicht geplant, denn das Projekt wurde vor der gesetzlichen Auflage, wonach bei Neubaugebieten 20 bis 30 Prozent Sozialwohnungen enthalten sein müssen, genehmigt.

Die Bebauung des Areals, auf dem derzeit die Abrissarbeiten durchgeführt werden, soll mit Baufeld 3 im Herbst beginnen. Hier sollen 270 Wohnungen in insgesamt 14 überwiegend freistehenden drei- bis siebengeschossigen Gebäuden entstehen. Darüber hinaus sind 400 Quadratmeter als Gewerbe ausgewiesen, und es soll eine dreizügige Kita gebaut werden, für die eine private Trägerschaft vorgesehen ist. Als Bauzeit werden zweieinhalb Jahre veranschlagt.

Die modernen Bauten mit weißen Außenfassaden sollen alle im Bauhausstil und mit abgerundeten Balkonen errichtet werden. Auch sonst moderner, gehobener Standard: digitale Klingelschilder, Paketboxen und eine Tiefgarage mit 410 Parkplätzen und 30 Ladestationen für E-Autos. Das Viertel selbst wird autofrei, nur die Feuerwehr, Kranken- und Umzugswagen können ins Innere hinein.

Spätestens an dieser Stelle gab es bei den Anwesenden lauten Protest. Wo solle der Besuch parken, und weshalb man so unrealistisch sei und pro Wohnung nur einen Stellplatz plane, hieß es. Schon jetzt gebe es ein Parkplatzproblem in dem Bereich, beklagten mehrere Zuhörer.

Skepsis und Ablehnung wurde auch hinsichtlich der geplanten Hochhäuser im Baufeld eins im nördlichen Bereich des Geländes deutlich. In diesem Teil, der erst nach Fertigstellung von Baufeld drei in Angriff genommen werden soll, plant der Investor vier Hochhäuser mit 140 Wohnungen, eins davon mit 14 Stockwerken.

Diese Planung, schon seit Jahren Stein des Anstoßes, ist nach wie vor aktuell, erläuterte Jacobi. Die Bürger blieben ablehnend: Eine solche Höhe sei unpassend für Rodenkirchen, zu viele Menschen auf einem Fleck, zu viel Schatten für die Anwohner in der Umgebung.

Das Hochhaus scheint hierzulande zu polarisieren wie kaum eine andere Bauform. Vielleicht weil viele diese vertikale Bauart in Zusammenhang mit gescheiterter Stadtplanung und Ghettobildung bringen, nicht zuletzt im Kölner Süden gibt es dafür negative Beispiele. Doch die Planer, Entwickler und Architekten sind sich sicher, dass das Hochhaus ein Comeback erlebt und die richtige Antwort auf den Wohnungsmangel in Ballungszentren ist.

Gegen die Befürchtung einer Ghettobildung dürften aber die angedachten Mieten sprechen, zu denen Alexander Jacobi erst auf mehrfache Nachfrage konkret wird. Demnach soll die Miete zwischen 13,50 und 14 Euro pro Quadratmeter liegen, bei Kauf der Wohnungen sind 5500 bis 6000 Euro pro Quadratmeter angesetzt, und der Tiefgaragenplatz kostet um die 27 000 Euro.

„Leben, wo die Stadt ins Grüne trifft“ ist auf der Bauwens-Webseite nachzulesen.

Nur wenig Bäume

Dazu möchte Dieter Maretzky wissen, wie viele Bäume denn im neuen Waldviertel stehen sollen. „Nur wenige, dafür aber große“, so die Antwort von Jacobi. Viele Anwesende schütteln da den Kopf; ein Bürger, zieht am Rande ein Fazit: „Ein Waldviertel ohne Bäume, ein Neubaugebiet ohne bezahlbare Wohnungen, pro Wohnung ein Parkplatz und bei 410 Tiefgaragenparkplätzen nur 30 Steckdosen für E-Autos – das kann nicht überzeugen“, meint er.

Andere Anwohner gehen dagegen beruhigt nach Hause, denn sie haben die Zusicherung, dass der Betonbunker mit drei Meter dicken Wänden nicht gesprengt wird, sondern mit einer Fräse sukzessive abgebaut werden soll. Außerdem gab es unter den Zuhörern auch solche, die sich für den Kauf einer Eigentumswohnung interessierten – und davon gibt es nach jetzigen Stand immer hin 205 an der Zahl.

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