Roller DerbyKölnerinnen bringen Rollschuhe auf derbe Weise zurück

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Die Sportlerinnen liefern sich auf klassischen Rollschuhen teils harte Duelle.

Köln – „Kamikaze-Keks“ macht ihrem Namen alle Ehre. Auf ihren Rollschuhen prescht sie über die Bahn, mal vorwärts, mal rückwärts, zwängt sich an Gegenspielerinnen vorbei, rempelt hier, springt dort, bremst mit quietschenden Stoppern, gibt wieder Gas, dreht sich um die eigene Achse – und ist schließlich am „Pack“ vorbei. Jetzt hat sie freie Bahn, rast dahin, legt sich gewagt in die Kurven, wird immer schneller, bis sie von hinten wieder auf das rollende Rudel aufschließt und erneut versuchen muss, möglichst schnell durch das Gewusel hindurch zu gelangen.

Ein Montagabend in der Sporthalle Everhardstraße in Ehrenfeld. Die „Graveyard Queens“ und die „Unbreakabellas“ von Cologne Roller Derby, einer Abteilung des Kölner Sportvereins TPSK 1925, treffen sich zum Training. Rund 20 Frauen jeder Statur brettern auf ihren Rollschuhen über einen mit orangefarbenem Klebeband markierten ovalen Track. Ja wirklich, nicht auf Inlineskates, sondern auf klassischen Rollschuhen. Diesen Dingern mit vier Rollen und dickem Gummistopper vorne dran, die wie Relikte aus einer längst vergangenen Jugend in den 80er Jahren daherkommen.

Roller Derby in Köln: Der Sport entstand in den USA

Roller Derby ist ein in den USA entstandener, relativ alter Sport. Seine Anfänge reichen bis ins Jahr 1935. Zu seinen besten Zeiten, in den späten 40er und noch einmal in den 70er Jahren, gab es Wettkämpfe im legendären Madison Square Garden in New York und vor bis zu 50.000 Zuschauern. 1950 entstand der Film „The Fireball“ mit Mickey Rooney in der Hauptrolle und Marilyn Monroe, damals 24 Jahre alt und gerade auf dem Sprung zum Star, in einer kleinen Nebenrolle. 2009 nahm sich Drew Barrymore in „Roller Girl“ mit Ellen Page in der Hauptrolle ebenfalls des Themas an.

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Wer dennoch bislang noch nie etwas von diesem Sport auf Rollschuhen gehört hat, muss sich nicht grämen. Das geht vielen so. Auch Kamikaze-Keks wusste bis vor fünf Jahren nicht, dass es Roller Derby gibt und was das ist. Dann sah sie einen Fernsehbeitrag über den Vollkontaktsport, der mehrheitlich von Frauen ausgeübt wird, fand das als ehemalige Rollkunst-Läuferin interessant – und vergaß es wieder. Bis sie vor dreieinhalb Jahren auf der Suche nach einer neuen Herausforderung war und bei Cologne Roller Derby an einem Training teilnahm.

Roller Derby in Köln: „Genau das, was ich brauchte“

Da war es sofort um sie geschehen. „Das war genau das, was ich brauchte“, sagt Kamikaze-Keks, die im Alltag Kerstin heißt. Doch „beim Derby“, wie Insider kurz und knackig sagen, gehört ein Derby-Name dazu. Und der darf ruhig ein bisschen ausgefallen sein, gern auch etwas derb, schließlich geht es auch derb zu in diesem Sport auf Rollen, bei dem die Frauen einander alles andere als zimperlich behandeln.

Kamikaze Keks ist Jammerin, gut zu erkennen an dem Helmüberzug mit einem Stern drauf. Sie ist dafür zuständig, die Punkte zu machen. Sie muss schnell und wendig den Blocks der Gegnerinnen aus dem Weg gehen, sich im Windschatten der eigenen Mitspielerinnen nach vorn drängeln. „Man kann sich richtig auspowern, das ist einfach toll“, sagt Kerstin.

Vom Rollkunst-Laufen zum Roller Derby in Köln

Sie hat den Sport mit 33 Jahren von der Pike auf gelernt. Dass sie als Kind mal Rollkunst-Läuferin war, hat geholfen, ist aber kein Muss. „Roller Derby kannst du auch spät noch anfangen, ganz egal, was für eine Statur du hast“, sagt die heute 39-Jährige. „Für jeden Körperbau gibt es bei uns eine Position, und jeder ist wichtig.“ Ohne die Hilfe ihrer Blockerinnen käme auch die schmale, athletische Kerstin nicht gut durch das „Pack“.

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