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Satirischer WochenrückblickDie kölsche Sperrstunde

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Feierwuetige1 (1)

Zweimal ließ die Stadt Köln die Schaafenstraße am einem Wochenende Anfang Juli 2020 räumen.

  • Über Köln und die Kölner kann unser Autor Peter Berger manchmal nur den Kopf schütteln – oder schallend lachen.
  • In seiner satirischen Köln-Kolumne „Die Woche”, in der er die Nachrichten der vergangenen sieben Tage humoristisch verarbeitet.
  • Heute geht es um die erste Sperrstunde, über die Kölner Wirte selbst bestimmen können.

Köln – Wenn das der legendäre Lommi noch erleben dürfte. Ihm würde vielleicht ein kleines Lächeln übers Gesicht huschen. Ein Lächeln, das seine Stammkunden, die auf mit alten Telefonbüchern von Köln (schön dick) und Leverkusen (arg dünn) gepolsterten Bierkisten in seiner Kneipe in Deutz geduldig, ja fast schon devot darauf warteten, von ihm ein Kölsch serviert zu bekommen und dann artig den Deckel rund tranken.

Die gute Nachricht der Woche kommt aus der Schaafenstraße. Deren Wirte dürfen sie ab sofort eigenhändig absperren, wenn sie überfüllt ist. Um die Unfallgefahr zu verringern. Und das sogar mit eigenen Absperrungen. Weil der städtische Bauhof nachts so schnell nicht liefern kann. Wie der Bierblitz oder die Flaschenpost. Da kriegt das Wort Sperrstunde eine ganz neue Bedeutung.

Das ist eine kleine Sensation. Wie die vielen Pop-Up-Biergärten, für die es erst eine Pandemie brauchte, damit die Stadtverwaltung großzügige Genehmigungen zur vorübergehenden Aufgabe von Parkplätzen erteilte. Der Publikumsverkehr hat seither mächtig angezogen. Den Stau gibt es jetzt nur noch am Tresen.

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Im Agnesviertel gibt es sogar einen Wirt, der es immer wieder schafft, sehr zur Freude seiner Gäste seinen hellblauen liebevoll gepflegten Ami-Schlitten aus den 50er oder 60er Jahren direkt neben den Bierbänken zu parken. Mit einem großen Aufkleber an der Heckscheibe, der jedem halbwegs dem humorvollem Passanten die Tränchen ins Augen treibt: „Hauptschulabschluss 1973“.

Diese Selbstironie muss auch unser Lommi besessen haben, hing über seinem Tresen ein Satz voll tiefer Wahrheit und klangvoller Schönheit: „Ein Volk, das seine Wirte nicht ernähren kann, hat es nicht verdient, sich eine Nation zu nennen.“

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