SchauSie lieben sich - und die Kunst

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Wolfgang Höppener und Andrea Wycisk

Wolfgang Höppener und Andrea Wycisk

Buchforst – . Der Künstler Günter Uecker hat es vorgemacht: Ein Nagel kann wie ein Pinselstrich sein und zugleich darüber hinausgehen. Ein Nagel, auf besondere Weise ins Holz geschlagen und kombiniert mit weiteren Nägeln, das kann verblüffende Wirkungen erzeugen. Dachte man allerdings, dass nach Ueckers genagelten Bildobjekten dieser Kunstgriff für andere versperrt sei, belehrt uns Wolfgang Höppener in der Galerie Kunstmeile Buchforst des Besseren.

Was interessieren mich die Tabus der Kunsttheorie, hat sich der studierte Architekt (Jahrgang 1975) gesagt und die Drahtstifte so selbstsicher ins Holz getrieben, dass die Vorstellung, irgendein Künstler könne ein Material oder eine Methode für sich beanspruchen, ein für alle Mal aus der Welt geräumt ist.

Pferd aus Nägeln

Anders als Uecker belässt er es nicht bei abstrakten Rhythmisierungen, sondern stellt sich der Herausforderung, das abstrakte Prinzip des Nagelkopfes mit figürlichen Motiven zu verknüpfen. "Ich will das Statische des Drahtstiftes dynamisieren", erklärt Höppener. Er lässt ein Pferd aus Nägeln mit großer Geschwindigkeit durch den Bildraum laufen. Er lässt den Tod als Skelett auf einem alten Fahrrad fahren, während es wie ein Kind einen Luftballon hält. Die Tänzerin hat Höppener in ihrem Sprung festgenagelt. Und das aus Nägeln bestehende Frauengesicht bewegt sich in einem seltsamen Spannungsfeld von Identität und Zersetzung. Der Meister mit dem Hammer setzt die Nägel wie der impressionistische Maler die Farbtupfer. Allerdings wirken diese Tupfer sowohl klarer und härter und auch plastischer. Ganz entscheidend für die Wirkung ist der Standort des Betrachters zum Bild, indem die genagelten Umrisse sich je nach Perspektive anders darstellen.

Das Interesse für das Zusammenspiel von Detail und Ganzheit verbindet Höppener mit seiner Ehefrau Andrea Wycisk. Ihre aus unzähligen abstrakten malerischen Zuckungen, Bild- und Textfragmenten zusammengesetzten Gemälde stehen den Nagelbildern zur Seite. Es sind große, fetzenhafte Szenerien, die bereits mit wenigen Blicken bewusst machen, welch unterschiedliche Regungen im komplex-komplizierten Gewebe unseres Seelenlebens ineinander greifen. Regungen, die in ganz verschiedene Richtungen drängen, Widersprüchliches und schwer Vereinbares, das allerdings doch irgendwie zusammenhält. "Um Leben und Tod" geht es darin. Für die Künstlerin (Jahrgang 1974) ist das gleichbedeutend mit der spannungsreichen Ambivalenz von "Ying & Yang, Licht und Schatten, dem ewigen Kreislauf, Unendlichkeit und Energie". Sie sagt: "Das eine ist untrennbar mit dem anderen verbunden." Es war der Selbstmord einer guten Freundin, der sie "in eine Auseinandersetzung mit dem Tod stürzte". Besucher werden schnell erkennen, wie leicht über Kunstwerke die eigene Seelendramatik belebt werden kann. Die Ausstellung zeigt eine kraftvolle, offensive Kunst.

Galerie Kunstmeile Buchforst, Kalk-Mülheimer-Straße 320, geöffnet So 15-18 Uhr, bis 29.10.

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