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Schauspieler Matthias Koeberlin„Köln besticht durch die Menschen“

Lesezeit 7 Minuten
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Der Kölner Schauspieler Matthias Koeberlin als Ermittler Hartwig Seeler

Köln – Herr Koeberlin, Sie sind am Samstag (10. April, 20.15 Uhr, ARD) als Privatermittler Hartwig Seeler zu sehen. Kommt der Name eher von der Seele oder vom Fußballidol „Uns Uwe“?  Matthias Koeberlin: Nein, nicht von „Uns Uwe“ (lacht), dass die Seele schon im Namen drin ist, war eine Idee des wunderbaren Johannes Fabrick, der die Bücher geschrieben und die Filme inszeniert hat.

Stimmt es, dass Fabrick die Rolle extra für Sie geschrieben hat?

So hat er es mir gesagt. Er hatte mich im Kopf, als er sich die Figur ausgedacht hat.

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Was zeichnet die Rolle aus?

Hartwig Seeler ist ein sehr stiller Vertreter, was ich sehr mag. Er ist jemand, der viel beobachtet, was auch dem Job geschuldet ist, und der sich eher im Hintergrund hält. Er macht sich viele Gedanken über das Sein. Deswegen sehe ich die Seeler-Filme auch eher als Drama denn als klassischen Krimi. Seeler schneidet gerne die großen Themen an, ist eher nicht der typische Privatermittler. Vieles bleibt offen, nicht alles wird zu Ende erzählt und aufgelöst, sondern bleibt in der Schwebe, im Ungenauen, Ungeklärten – wie im richtigen Leben. Er ist ein Mensch, der eher schaut als spricht, der seine Umwelt beobachtet und sich seine Gedanken macht. Das mag ich sehr gerne.

Das entspricht Ihnen auch persönlich?

Die Seite habe ich schon. Auch wenn man das bei meinem Beruf nicht denken würde: ich bin lieber im Hintergrund und schaue mir Sachen an, bevor ich etwas dazu sage. Ich bin eher zurückgenommen.

Trotzdem sind Sie viel beschäftigt.

Komischerweise schon. Minimum die Hälfte des Jahres bin ich auf Achse, meistens mehr. Allein für die ZDF-Reihe „Die Toten vom Bodensee“ bin ich etwa zwei Monate im Jahr unterwegs. Allerdings ist es mein vielleicht etwas naiver Glaube, dass wenn man versucht, den Job möglichst gut zu machen, auch weiterkommt, ohne ständig die große Werbetrommel zu rühren.

Sie geben in ihren Rollen aber nicht immer den ruhigen Typ. Da ist durchaus auch viel Action drin.

Ich mag Rollen, die einen auch physisch fordern, wo es zur Sache geht. Aber eben auch die, die in ruhigeren Fahrwassern spielen. Das ist ja das Schöne: Mit dem Älterwerden werden auch die Rollen ruhiger. Für die Action sind dann die Jüngeren zuständig. (lacht)

Trainieren Sie denn viel?

Ich mache ein bisschen Sport. Ich versuche schon, mich halbwegs fit zu halten, damit ich bei allem, was so ansteht, nicht ständig ins Schnaufen komme und dann nicht mehr weiß, wo vorne und hinten ist.

Im aktuellen Film spielen sie neben Emily Cox, die ja durch ihre Rolle als Brida in der BBC/Netflix-Serie „The Last Kingdom“ auch international sehr bekannt geworden ist. Verändert diese Berühmtheit etwas?

Ich kenne Emily schon sehr, sehr lange. Wir haben 2009 bei „Dutschke“ zusammen gearbeitet. Das Schöne bei vielen namhaften Kollegen ist ja, dass sie im Privaten äußerst umgänglich sind, sehr sympathisch, nett und bodenständig. Das ist Emily auch, dazu ist sie sehr humorvoll. Wir schätzen uns beide sehr und haben uns gefreut, wieder etwas zusammen zu machen. Das ist von Anbeginn total unkompliziert.

Zur Person

Matthias Koeberlin, geboren 1974 in Mainz, ist Schauspieler und Rezitator. Bekannt wurde er 2002 durch die actionreiche Hauptrolle des Archäologie-Studenten Steffen Vogt in „Das Jesus-Video“. 2007 erhielt er für seine Rolle in „Tornado – Der Zorn des Himmels“ den Deutschen Fernsehpreis als bester Schauspieler. Matthias Koeberlin lebt in Köln.

Die Corona-Auflagen bei Dreharbeiten sind sehr streng. Nervt das nicht?

Ich bin in den letzten Monaten bestimmt 60 bis 70 Mal getestet werden. Wenn das nötig ist, um den Beruf ausüben zu können, nehme ich das gerne in Kauf. Wir sitzen alle in einem Boot. Dagegen zu wettern bringt herzlich wenig. Ich bin gesund und darf arbeiten – das ist ein Privileg. Mehr kann man in diesem ganzen Irrsinn nicht erwarten. An das Maske tragen gewöhnt man sich. Ist es nicht erstaunlich, wie schnell diese Dinge Einzug in den Alltag halten? Surreale Zeiten. Toi, toi, toi – bisher sind wir da gut durchgekommen.

Sie haben einen Sohn. Wie klappt das mit dem Home-Schooling?

Mein Sohn ist 14 und im Zuge der Pubertät prasseln gerade viele Sachen auf ihn ein. Für alle Teenager ist das eine wahnsinnig schwere Zeit. Vom Home-Schooling ist er nicht begeistert, das ist nicht so seins. Für die Altersgruppe ist das ja fast so, als würden die ein Studium absolvieren. Sich immer wieder selbst motivieren müssen, jeden Tag, stundenlang. Sich immer wieder selber hochzuziehen und den Stoff abzuarbeiten, da wird schon eine Menge verlangt. Und dann die ganzen Einschränkungen: keine Freunde treffen, nicht ins Kino gehen, keinen Sport – da wird sehr viel verlangt von den Kindern und Jugendlichen. Das wird Spuren hinterlassen. Das werden wir mit Verzögerung noch aufarbeiten müssen. Das ist ’ne Zeit, die ist weg. Die kriegt man ja nicht zurück. Das ist nicht zu unterschätzen.

Ich habe auch einen 14-jährigen Sohn. Meine Angst neben der fehlenden Bewegung etwa beim Schwimmen ist, dass sich die Kids in den Computern verlieren.

Das Körperliche fehlt, wobei mein Sohn sehr viel Mountainbike fährt, das geht ja. Der Computer ist für diese Generation eh Alltagsbestimmend. Es ist eine echte Herausforderung, dann da auch wieder eine Bremse reinzuhauen. Für die Eltern wie für die Jugendlichen. Eine wilde Zeit, fordernd und hier und da auch nervig. Wir sind nun mal keine Lehrer und ich stoße bei einigen Fächern echt an meine Grenzen. Wir können nur unterstützend zur Seite stehen.

Wie hat es sie nach Köln verschlagen?

Ich war lange in Berlin. Meine Frau ist Kölnerin und so bin ich vor 18 Jahren hier her gekommen.

Was zeichnet die Stadt aus?

Die Menschen und ihr Frohsinn machen die Stadt aus. Ich mag die Kölner sehr. Die lieben ihre Stadt, sind sehr lebensfroh, sehr offen, sehr tolerant. Immer mit einem kleinen Augenzwinkern, sie haben einen guten Humor, sind feierwütig. Eine Stadt, die durch ihre Menschen besticht. Es gibt schöne Ecken, aber es ist hier und da echt rau, was das Stadtbild angeht. Vorsichtig formuliert.

Sie sind ein Perfektionist, was die eigene Arbeit angeht. Nervt das nicht, in einer Stadt zu leben, in der Mittelmaß weiter verbreitet ist als große Klasse?

Nein, ich mag ja auch Gegensätze sehr gerne. Natürlich versuche ich, Sachen gut zu machen, aber ich mag auch Kontraste. Und Köln ist vielleicht nicht immer ganz vorne, hat aber eine Menge zu bieten. Kulturell zumindest. Beim Fußball klaffen Anspruch und Wirklichkeit ordentlich auseinander, aber Köln nimmt sich auch nicht immer so ernst.

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Was ist ihr persönliches Highlight?

Ich mag die Musikszene besonders, das fehlt mir am meisten in der Pandemie: Konzerte besuchen. Und natürlich dieses Erlebnis zu teilen, etwa mit Freunden. Gemeinsam etwas zu unternehmen, egal ob Musik, Kino, Ausstellungen oder Theater. Die Livemusikszene in Köln ist sehr besonders, es gibt viele spannende Bands. Erdmöbel zum Beispiel, eine tolle Band, die machen immer ein Weihnachtskonzert in der Kulturkirche in Nippes, das mag ich sehr. Ich gehe aber auch in Palladium, Gebäude 9 oder Blue Shell, gerne in kleinere Locations.

Sie lesen mit großer Freude Hörbücher ein, sind aber noch nie auf der lit.Cologne aufgetreten. Wie kommt’s?

Das ist komisch, ’ne? Ich frag mich das auch. Ich weiß, dass es schon ein, zwei Anfragen gab, da war ich aber durch Dreharbeiten blockiert. Das ist noch ein weißer Fleck in meiner Biografie. Ich müsste da dringend mal mitmischen. Wenn sowas wie ein Literaturfestival denn hoffentlich bald wieder geht.

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