Schule der WeltverbessererWie aus Schülern kleine Erfinder werden

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Roboter und Drohnen sollen bei der Zustellung von Medikamenten helfen: Kinder der Helios Schule präsentieren ihre Forschungsergebnisse 

Köln – Die Kamera des iPads ist auf Thomas gerichtet, während er die Idee seiner Arbeitsgruppe für eine bessere Welt erläutert. Ein zum Wassertransport umgebauter „Codey Rocky“ fährt über einen selbstgemalten Straßenplan fährt. Der 12-Jährige hat den kleinen Lernroboter zusammen mit Rosalie, Valentina und Noah so programmiert, dass er Wasser holt, um es dann gerecht an verschiedenen Stationen zu verteilen. Zwischendurch werden kleine Filme eingeblendet, mit denen die vier Siebtklässler im Zeitraffer den Fortschritt ihrer Arbeit aus den vergangenen Wochen dokumentieren.

Das sei eine Idee für Länder mit Wasserknappheit, in denen viele nicht an ein Trinkwassernetz angeschlossen sind, sagen die Forscherinnen und Forscher, als sie sich den Fragen der vielen übers Internet zugeschalteten Zuschauer stellen. Das Problem, woher das zu verteilende Wasser kommen soll, haben sie noch nicht zufriedenstellen gelöst. Die Reichen müssten etwas abgeben, meint Noah. Aber ein Wassertransport über Tausende Kilometer sei auch keine Lösung. Die Entsalzung des Meerwassers könnte helfen, meint Thomas. Das könnte doch eine Aufgabe für ein neues Forschungsprojekt an seiner Schule sein.

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Ein Beitrag zur gerechteren Wasseraufteilung in der Welt: Siebtklässler der Helios Schule experimentieren mit einem Lernroboter

Nebenan wird die Arbeit an einer besseren Welt noch konkreter: Die 14-jährigen Dyar und Akin haben ein Roboter-Modell programmiert, der Alten Menschen, Geh- und Sehbehinderten im Alltag helfen kann. Er kann selbstständig einkaufen und Lasten tragen, aber bei Bedarf auch mit einem Joystick wie ein Rollstuhl gefahren werden. Man bleibe mobil. Und wenn man keine Lust hat, mitzufahren, könnte man den Roboter auch alleine in den Supermarkt schicken.

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Schüler werden zu Erfindern

110 Schülerinnen und Schüler der Kölner Helios Schule in Ehrenfeld haben sich in im Laufe so genannter „Steam Weeks“, die das Institut für Physikdidaktik der Universität Köln betreut hat, den Zukunftsfragen der Welt gestellt. Die Experimente zur Lösung selbst gestellter Aufgaben mit Robotern, Drohnen und digitaler Technik nennt Institutsleiter André Bresges „angewandte Naturwissenschaften“. Das Themenspektrum der Kinder ist vielfältig: Es geht um Landwirtschaft in klimatisch benachteiligten Regionen der Welt, Stauforschung, medizinische Versorgung, Postzustellung ohne Autos, sichere Städte, Mülltrennung, Waldbewässerung, Naturschutz und vieles mehr. Aber es geht auch um die Schule der Zukunft. Bresges wirbt für ein radikales Umdenken, „angstfreie Naturwissenschaften“, ein neues Selbstverständnis für Lehrer als Motivator und Projektmanager und den Einsatz von digitaler Technik, die nicht nur Hilfsmittel beim Vermitteln von Lernstoff sein soll, sondern selbst zum Unterrichtsthema wird.

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Stolz präsentieren die Mädchen und Jungen der jungen Kölner Gesamtschule ihre Ergebnisse bei einer digitalen Abschlusstagung, die hier natürlich „Barcamp“ heißen muss. André Bresges hat in seinem kurzen Einführungsvortrag zu Beginn klar gemacht, dass hier groß gedacht werden soll: Hier geht es nicht nur um die Präsentation von Ergebnissen irgendeiner Projektarbeit. Dies ist ein Zusammentreffen von Erfinderinnen und Erfindern, von Menschen, die „die Anforderungen von morgen erahnen können“, so Bresges. Er berichtet aus Shanghai, wo Kinder Lehrer benoten. Dort wisse man, dass man mit Auswendiglernen von Wissen nicht mehr weiter komme.

Roboter würden in Zukunft das bauen und tun, wofür man früher in der Schule ausgebildet worden wäre. Deshalb müsse die Schule ihre Aufgabe neu formulieren: Es gehe darum, Kreativität und selbstständiges Denken zu fördern, damit Kinder Ideen und Lösungen für eine bessere Welt entwickeln können. In der Praxis bedeute dies: „Immer wieder ausprobieren. Wenn etwas nicht funktioniert, wird weiter probiert. Und aus den eigenen Fehlern wird gelernt.“

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Andre Bresges und "Design Thinking Coach" Galina Emelina starten das digitale "Barcamp" an der Helios Schule zur Präsentation der Arbeiten von Siebtklässlern

Dafür einen Rahmen zu organisieren, ist aufwendig. Die Uni stellte der Schule Technik wie kleine Roboter oder Drohnen als Werkzeuge zu Verfügung und gab Anregungen zur Entwicklung von Zielen für die Forschungsarbeit. Mit im Boot waren das „European Space Education Ressource Office“ vom Europäische und Deutschem Raumfahrtzentrum, Spezialisten für kreative und zielorientiere Teamarbeit („Design Thinking Coaches“) und nicht zuletzt etwa 200 Studierende aus Bachelor- und Masterstudiengängen, die während verschiedener Phasen des Projekts unterstützt oder mitgelernt haben.

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Der kleine, programmierbare Lernroboter "Codey Rocky" gehört zum Werkzeug, das vom Institut der Universität zur Verfügung gestellt wird.

Bei der Helios-Schule ist die Kooperation mit der Uni Teil des Programms. Ihre Gründung geht auf das Konzept einer „inklusiven Universitätsschule“ zurück, die nicht nur einen Beitrag zur Lehrerausbildung leisten kann, sondern durch eine ganz andere Organisation des Schulalltags die Methoden der Schule der Zukunft erproben soll. Doch die Steam-Weeks sollen kein exklusives Projekt sein. „Wir sind ein Wanderzirkus“, so Bresges. Jede Schule sei zur Zusammenarbeit eingeladen. 

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