Abo

Schulpolitik„Bildung braucht eine größere Lobby“

Lesezeit 4 Minuten
Ulrike Heuer an ihrem letzten Arbeitstag im Amt für Schulentwicklung

Ulrike Heuer an ihrem letzten Arbeitstag im Amt für Schulentwicklung

  • Ulrike Heuer, Leiterin des Kölner Amts für Schulentwicklung, geht in den Ruhestand.
  • An ihrem letzten Arbeitstag zieht sie eine durchaus kritische Bilanz, nicht nur beim Dauerbrenner Schulbau.
  • Dass alle Kölner Gymnasien aus der Inklusion ausgestiegen sind, findet sie höchst bedauerlich.

Köln – Die Chefin des Amtes für Schulentwicklung verabschiedet sich mit einem deutlichen Appell an die Politiker im Schulausschuss des Stadtrats: Das Thema Bildung habe nicht den Stellenwert, den es haben müsste, sagt Ulrike Heuer. Angesichts des bevorstehenden Kommunalwahlkampfs wünsche sie den Bildungspolitikern im Rat, dass sie es schaffen, in ihren Parteien mehr Gehör zu finden. „Bildung braucht eine größere Lobby.“ Wenn es drauf ankomme, sei alles Mögliche wichtiger. Das merke man im Augenblick, wenn es darum gehe, Flächen für Schulbau in der wachsenden Stadt zu sichern. „Da stehen wir immer am Ende der Nahrungskette.“

Die Bildungslandschaft ändert sich

Über acht Jahre hat Ulrike Heuer das ehemalige Schulverwaltungsamt der Stadt geleitet. Die Umbenennung in „Amt für Schulentwicklung“, die in ihre Amtszeit fällt, ist ihr wichtig. Es sei ihr um mehr gegangen, als „nur“ ein Riesenbudget von 550 Millionen Euro zu verwalten. Die Bildungslandschaft einer Großstadt müsse sich verändern, um die Herausforderungen der Zukunft stemmen zu können: Digitalisierung, Inklusion, eine auf pädagogische Ansprüche ausgerichtete Schularchitektur, der Ausbau des Ganztagsangebots – die Stadt ist hier in der Vergangenheit tatsächlich große Schritte vorangekommen. Doch die Erfolge werden überlagert vom Dauerthema Schulbau, der nur schleppend vorankommt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Eltern, Lehrer und Schüler interessieren sich nicht für Zuständigkeiten. Sie wollen, dass gebaut, saniert und renoviert wird. Heuer sagt: „Ich werde dafür verantwortlich gemacht. Ich fühle mich auch verantwortlich. Aber ich habe darauf überhaupt keinen Einfluss.“ Verantwortliche für Versäumnisse in der Bildungspolitik zu benennen, ist in einem Gewirr von Zuständigkeiten nicht einfach. Da gibt es die Behörden des Landes, den Landtag und das Schulministerium in Düsseldorf, und auch innerhalb der Stadtverwaltung ist der Bereich nicht in einer Hand.

Auswahlverfahren für Nachfolge läuft

Heuer, wie auch ihre ehemalige Chefin Agnes Klein, die sich ebenfalls in Pension verabschiedet hat, haben bei mancher Podiumsdiskussion in Schulen die Prügel für andere eingesteckt. Mit dem neuen Baudezernenten Markus Greitemann haben andere Formen der Zusammenarbeit Einzug gehalten, von denen die Nachfolger von Heuer und Klein profitieren werden.

Heuers Abschied kommt ein wenig zur Unzeit. Gerade erst hat Robert Voigtsberger das riesige Dezernat für Bildung, Kinderbetreuung, Jugendhilfe und Sport übernommen. Dass nun die Chefin des wichtigsten Amtes in seinem Dezernat geht, macht ihm den Start nicht leichter. Das Auswahlverfahren für Heuers Nachfolge läuft.

"Unterschiedliche Welten mit unterschiedlichen Sprachen"

Die Karriere der profilierten Amtsleiterin ist ungewöhnlich: Heuer war von 1996 bis 2008 Direktorin des Albertus-Magnus-Gymnasiums in Neuehrenfeld, davor arbeitete sie 15 Jahre als Lehrerin. In ihrer Freizeit engagierte sie sich in der SPD, für die sie von 2004 bis 2009 im Stadtrat Bildungspolitik machte. Dann wechselte sie auf die Seite der Verwaltung, zunächst bei der Bezirksregierung, dann bei der Stadt. Ihr Weg führte durch drei „ganz unterschiedliche Welten mit ganz unterschiedlichen Sprachen.“ Sie habe eine Mittlerin zwischen diesen Welten sein wollen, sagt Heuer. Als Schulleiterin habe sie erlebt, wie schwer es sein kann, einen Ansprechpartner in der Verwaltung zu finden. Sie glaube, dass sie diesen Missstand in den vergangenen Jahren habe lindern können.

Nicht alles lief so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Dass alle Kölner Gymnasien aus der Inklusion ausgestiegen sind, sei höchst bedauerlich. Nicht durchgesetzt habe sich die Stadt gegenüber dem Land mit ihren Vorstellungen, wie man die Selbstständigkeit von Schulen stärken könnte.

Vision einer „Schule für alle“

Fragt man Heuer nach grundsätzlicheren bildungspolitischen Zielen, beschreibt sie die Vision von einer „Schule für alle.“ „Jede Schule müsste verpflichtet sein, den Schüler, den sie aufgenommen hat, zu einem Abschluss zu bringen.“ Sie habe die Hoffnung aufgegeben, das noch erleben zu können. „Die Akzeptanz in der Gesellschaft für so eine Schule ist nicht da.“

Am heutigen Freitag verabschiedet sich Ulrike Heuer mit einem Sommerfest von allen Mitarbeitern im Amt. Der Stadtverwaltung wünscht sie für die Zukunft das gleiche wie zu ihrem Amtsantritt: „Man muss nicht in Zuständigkeiten, sondern in Verantwortlichkeiten denken.“ Den Politikern im Rat wünscht sie „mehr Sachorientierung“, wenn es um Problemlösung geht. Noch einmal die Seite zu wechseln und in die Politik zurückzukehren, schließt sie aus. „40 Jahre Schule reichen.“

KStA abonnieren