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Schuss in PorzOpfer erhebt schwere Vorwürfe gegen Kölner CDU-Politiker

Lesezeit 3 Minuten
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Die Spurensicherung auf dem Weg zum Tatort – das Haus im Hintergrund hat mit dem Fall nichts zu tun.

  • Nach dem Schuss am Porzer Rheinufer haben sich das Opfer und ein Zeuge beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ gemeldet und schwere Vorwürfe erhoben.
  • Der Zeuge, zur Tatzeit offenbar anders als Beschuldigter und Opfer nicht betrunken, bestätigt die Angaben des Opfers. Demnach kam es zu gegenseitigen Beleidigungen – dann sei der Schuss gefallen.
  • Der Beschuldigte hat unterdessen einen renommierten Medienanwalt eingeschaltet. Trotz der massiven Beschuldigungen schweigt er weiter, aus der Landes- und Bundespolitik gibt es erste Reaktionen.

Köln – Eine Woche nach dem Schuss am Porzer Rheinufer haben sich das Opfer und ein Zeuge der Tat beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ gemeldet. Sie machen dem Bezirkspolitiker, der auf den jungen Mann geschossen haben soll, schwere Vorwürfe.

Der Beschuldigte habe sie von Anfang an mit einer gezogenen Pistole bedroht und übel beschimpft, so der Zeuge. Als der Streit mit dem späteren Opfer an der Vorgartenmauer eskalierte, habe ihn der 72-Jährige mehrfach aufgefordert, sein Grundstück zu betreten, damit er schießen könne.

Köln-Porz: Zeuge mit Opfer befreundet, aber nüchtern

Der Zeuge ist mit dem Opfer befreundet. Ein Alkoholtest der Polizei habe erwiesen, dass er nicht betrunken war, so der 22-Jährige. Dass seine drei Begleiter – unter ihnen auch das Opfer – betrunken waren, ist unstrittig. Auch dass sie in der Nacht laut gewesen seien, bestreiten sie nicht. Das Opfer habe auf die Beschimpfungen  mit Gegenbeleidigungen reagiert, aber nicht geschlagen. Dann sei der Schuss gefallen. Sie seien weggelaufen, während der Rentner wieder in sein Haus gegangen sei.

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Das Opfer berichtet Ähnliches, räumt aber ein, sich an einiges nicht mehr erinnern zu können. Beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ habe er sich vor allem deshalb gemeldet, weil er sich durch die Beschreibung als Mann, der „polizeibekannt“ sei und „osteuropäische Wurzeln“ habe, diskreditiert fühle. Er sei Deutscher, seine Eltern kommen aus Polen. 2018 sei er einmal im Karneval in der Kölner Altstadt zusammengeschlagen worden und habe daraufhin Anzeige erstattet.

Mutter: „Es wird versucht, aus einem Opfer einen Täter zu machen“

Die Angezeigten hätten mit einer Gegenanzeige reagiert, die aber seiner Darstellung nach keinerlei Konsequenzen gehabt habe. Mit der Szene am Porzer Rheinufer, die in der Vergangenheit immer wieder für Ärger gesorgt habe, hätten er und seine Freunde nichts zu tun. Auch mit dem Beschuldigten hätten sie nie zuvor Kontakt gehabt.

„Hier wird versucht, aus einem Opfer einen Täter zu machen“, sagte die Mutter eines der vier 20- bis 23-Jährigen, die in der Nacht vom vorletzten Sonntag auf Montag am Porzer Rheinufer unterwegs gewesen waren.

Schuss in Köln-Porz: CDU-Politiker schweigt weiter

Die vier jungen Männer haben bei der Polizei ihre Aussage gemacht. Nach Angaben des Zeugen sollen sie auch auf Schmauchspuren untersucht worden sein. Hintergrund sei die erste Einlassung des Beschuldigten gewesen, dass man ihm die Waffe entwendet habe und die jungen Männer damit selbst geschossen hätten. Es seien keine Schmauchspuren gefunden worden.

Trotz der massiven Beschuldigungen schweigt der CDU-Bezirkspolitiker weiter. Auch gegenüber der Polizei oder der Staatsanwaltschaft  habe er sich noch nicht zur Sache eingelassen, berichtete ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montagnachmittag.

Schuss in Köln-Porz: Medienanwalt Ralf Höcker engagiert

Der Tatverdächtige hat neben einer Anwältin für Strafrecht auch den umstrittenen Medienanwalt Ralf Höcker  eingeschaltet. Unter dem Hinweis darauf, das Ergebnis der laufenden Ermittlungen abzuwarten, lehnte Höcker eine Stellungnahme zu den Vorwürfen und zum Verfahren ab.

Da sich der Beschuldigte bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert hat,  nennt die Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“ weiterhin seinen Namen nicht, obwohl ihr dieser bekannt ist.

Schuss in Köln-Porz: Keine Erkenntnisse über mögliche Notwehrsituation

Die Verteidigungsstrategie könnte darauf abzielen, dass es sich bei den folgenreichen Vorfällen um keine strafrechtlich relevante Tat gehandelt haben könnte. Wenn keine Tötungsabsicht bestand, wovon zur Zeit auch die Staatsanwaltschaft ausgeht, aber auch keine Fahrlässigkeit vorgelegen hat, könnte der Mann straffrei ausgehen. Dazu müssten aber die Darstellungen der Zeugen widerlegt werden. Über eine mögliche Notwehrsituation lägen „derzeit keine Erkenntnisse“ vor, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Oliver Kehrl und Heribert Hirte melden sich

Auch die Kölner CDU-Führung schweigt weiterhin zu den Vorwürfen gegen ihren Mandatsträger. Im Internet haben sich die Abgeordneten im Bundes- und Landtag, Oliver Kehrl und Heribert Hirte, geäußert. „Falls die Anschuldigungen zutreffen, wäre dies inakzeptabel und würde eine eindeutige Distanzierung erfordern“, so Kehrl auf Twitter.

Hirte schrieb: „Wenn die Vorwürfe gegen den CDU-Kommunalpolitiker zutreffen, erwarte ich, dass er sein Mandat niederlegt. Im Übrigen wäre es hilfreich, wenn er sich selbst äußern würde.“

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