Schwangere Frau attackiert?Autohändler wegen Streit um Schrottauto vor Kölner Gericht

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Franziska H. und ihr Vater am Donnerstag vor Gericht

Franziska H. und ihr Vater am Donnerstag vor Gericht

Köln – Franziska H. (25) war im dritten Monat schwanger, als sie sich mit ihrem Ehemann entschloss, vom Kleinwagen auf eine Familienkutsche umzusteigen. Weil das Geld der jungen Familie nicht reichte, entschied sich das Paar zum Kauf eines Gebrauchtwagens. Ein fast zehn Jahre alter Ford Kuga mit Allradantrieb und 136 PS in angeblichem Top-Zustand für 8500 Euro schien die perfekte Entscheidung.

Doch die Freude an dem Auto währte gerade mal zwei Wochen, dann blinkte die Motorkontrollleuchte auf, und der Wagen schleppte sich nur noch so dahin. „Keinen Meter weiter, viel zu gefährlich“, entschied die Werkstatt des Herstellers – fast alles an dem Wagen war defekt.

Als die zierliche Einzelhandelskauffrau mit Unterstützung ihres Vaters Andreas (56, Feuerwehrmann) beim Autohändler den Kauf reklamierte, stieß sie auf taube Ohren. „Sie können doch lesen und schreiben“, antwortete der Händler nur und pochte auf den Kaufvertrag, in dem stand: „Ohne Tüv, Garantie und Gewährleistung, Auto wird vom Käufer selbst hergerichtet“. „Das war dämlich von mir “, sagt Franziska H. heute und ist immer noch fassungslos, was ihr und ihrem Vater danach in den Geschäftsräumen des Händlers geschah. Immerhin hatte sie viel Geld für ein fast schrottreifes Auto hingeblättert.

Schädel-Hirn-Trauma erlitten

Der verbale Streit eskalierte, dann schoss die Faust des Autohändlers vor, traf die damals Schwangere am Kinn, so dass sie bewusstlos zu Boden ging. Als der Vater sich um die Tochter kümmerte, traf ihn ebenfalls eine Faust im Gesicht. Der Rettungswagen brachte beide ins Krankenhaus. Franziska H. wurde mit einem Schädel-Hirn-Trauma drei Tage lang stationär behandelt. Bei ihrem Vater wurde eine Gehirnerschütterung diagnostiziert. Auch er blieb im Krankenhaus.

Im Prozess wegen Körperverletzung schob der angeklagte Autohändler jegliche Verantwortung für die Faustschläge von sich und sprach von Notwehr, sein damals im Geschäft anwesender Bruder bestätigte seine Version. „Sie hat mich gekratzt, ich habe nur versucht, sie aus dem Laden zu schieben“, sagte er. Zum Beweis legte er ein Attest vor, das Kratzspuren im Gesicht, am Hals und den Armen bestätigte. Wie die zustande kamen, blieb offen. Franziska H. jedenfalls blieb dabei, wie aus heiterem Himmel plötzlich gewaltsam angegriffen worden zu sein. Zu keinem Zeitpunkt habe sie gekratzt oder sich sonst wie körperlich gewehrt.

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„Es steht Aussage gegen Aussage“, begründete die Staatsanwältin ihren Antrag auf Freispruch, da es keine Erklärung für die Kratzspuren gab. Auch der Richter hatte Zweifel, da Franziska H. sich widersprüchlich dazu geäußert habe, wo genau sie im Gesicht getroffen worden war. Keinen Zweifel gab es allerdings, dass beide so schwer verletzt waren, dass ein mehrtägiger Krankenhausaufenthalt notwendig wurde, das belegten auch die Atteste der Ärzte.

Der Freispruch erging nach dem Grundsatz: „Im Zweifel für den Angeklagten“. Nach Überzeugung des Richters „lasse sich das Ganze letztlich nicht richtig aufklären“.

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