Serie zum GrüngürtelIn der Merheimer Heide gibt es Gratis-Gemüse von der Stadt

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Ahmad Najarha bearbeitet seine Parzelle im „Gartenlabor“ in der Merheimer Heide.

Ahmad Najarha bearbeitet seine Parzelle im „Gartenlabor“ in der Merheimer Heide.

  • Beim Äußeren Grüngürtel denken viele nur an Geißbockheim oder Freiluga. Doch der Grüngürtel geht rechtsrheinisch weiter. In einer dreiteiligen PLUS-Serie widmen wir uns diesem grünen Schatz der Stadt.
  • Folge 3: In der Merheimer Heide gibt es ein neues Projekt – das „Gartenlabor“.
  • Lesen Sie hier die weiteren Folgen inklusive Ausflugstipps für den rechtsrheinischen Grüngürtel.

Köln – Ahmad Najarha setzt ein paar eigene Akzente im „Gartenlabor“: Chili zwischen Kohl und Salat, eine Zitronenmelisse zwischen Wirsing und Kartoffeln. Wenn aus den kleinen Pflanzen etwas größeres wird, will er sie für die Küche des sozialpsychiatrischen Zentrums in Kalk ernten. „Das ist super gut und super schön hier“, schwärmt der Kalker. Er freue sich, dass der Mann von der Zeitung gerade ihn getroffen habe. Denn dann könnte er sich mal bei der Stadt bedanken. So was hört man nicht so oft.

Die Stadt hat mit Mitteln der Europäischen Union in der Merheimer Heide ein Projekt ins Leben gerufen, das die Idee einer „Essbaren Stadt“ mit dem Trend zum „Urban Garding“ verbindet. Auf einer Ackerfläche sind Gemüsegärten entstanden, die Bürgern aus den umliegenden Vierteln zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung gestellt werden. In Längsbahnen wurden verschiedene Gemüsesorten, Kräuter und Salat angepflanzt. Danach wurde der Acker in etwa 50 Quadratmeter große Querbahnen aufgeteilt und an 80 Interessierte vergeben.

Alles vor Ort

Namensschilder und kleine Basteleien markieren, wer hier das Feld bestellt. In einem Schaukasten können sich die Hobbygärtner informieren, was wann geerntet werden kann. Die Rote Beete sei fast reif, meint Ahmad Najarha. Eigentlich ist auch schon Erntezeit für die Bohnen. „Aber die brauchen wohl noch was.“ Weil es zur Zeit wenig regnet, muss fleißig gegossen werden. Neben den Sonnenblumen, die den Acker umgrenzen, stehen drei große Wassercontainer. In Kisten werden Schaufeln und Harken aufbewahrt, die sich jeder leihen kann. Wer Fragen hat, kann sich von einem Experten beraten lassen. Bei Festen und Gartentagen wird Geerntetes verkostet. Man erfährt, wie man Gemüse verarbeiten und haltbar machen kann.

„Wir experimentieren und sammeln neue Erfahrungen“, sagt Joachim Bauer vom Grünflächenamt. Ein zweites „Gartenlabor“ soll neben der Gesamtschule Holweide eröffnet werden. Das, was hier ausprobiert wird, ist nicht nur ein neues Angebot zur Selbstversorgung und sinnvollen Betätigung für Menschen aus der Nachbarschaft. Die „Gartenlabore“ stehen auch für die neuen Funktionen, die der Äußere Grüngürtel bekommen kann.

Neue Bedeutung kollidiert mit alten Zielen des Grüngürtels

Als er in den 1920er Jahren konzipiert wurde, ging es den Planern vor allem um die Schaffung eines Erholungs-, Bewegungs- und Sportangebots. Aus den preußischen Forts wurden Vereinsheime und Bildungseinrichtungen. Heute sind neue Funktionen hinzu gekommen: Die Flächen lassen sich zum gärtnern und ernten nutzen. Neu ist auch die ökologische Bedeutung, die der Grüngürtel für Umwelt- und Klimaschutz bekommt – die auch schon mal mit den alten Zielen kollidieren kann. Das kann man an der aktuellen Debatte um den Ausbau des Geißbockheims sehen, wo die Gegner mit dem Umwelt- und Klimaschutz argumentieren, während die Befürworter auf die ursprüngliche Funktion des Grüngürtels verweisen können.

Artenvielfalt fördern und Naturschutz erhöhen

Das Maßnahmenpaket der Stadt für den rechtsrheinischen Grüngürtel sieht Eingriffe vor, die die Artenvielfalt befördern und den Naturschutz erhöhen sollen. Dafür werden einige Rasenflächen und auch Wegeverbindungen aufgegeben. Zehn Hektar Wiesenflächen, die nicht mehr regelmäßig gemäht werden, sollen im rechtsrheinischen Grüngürtel neu entstehen. Neun Standorte zwischen Merheim und Mülheim sind dafür ausgewählt worden. Die größten Veränderungen wird es in der Merheimer Heide geben.

Große Veränderungen sind auch für das Gremberger Wäldchen geplant. Der Forst in Humboldt-Gremberg, der zu den letzten Überresten des natürlichen Waldbestandes in Kölns zählt, ist trotz der Zerschneidung durch den breiten und lauten Autobahnzubringer immer noch ein äußerst wertvolles Stück Stadtnatur. Nachdem die Stadt ihn 1899 gekauft hatte, war er ganz bewusst zu einem grünen Ausflugsziel für die Städter umgestaltet worden. Das Dickicht wurde gelichtet und ein dichtes Wegenetz durch den Wald geschlagen. Eine Gaststätte im „gelichteten Waldpark“ sollte die Attraktivität erhöhen.

Nun, 120 Jahre später, dreht die Stadt das Rad zurück. „Das Wegesystem wird reduziert, damit die Natur mehr sich selbst überlassen werden kann“, so Bauer. Das Gremberger Wäldchen bleibt als „Erholungsraum“ erhalten, aber gleichzeitig soll der alte Baumbestand, Flora und Fauna besser geschützt werden. Wege werden entsiegelt und durch natürliche Barrieren geschlossen.

„Grünes Klassenzimmer“

An zwei Info-Punkten sollen Besucher über die Bedeutung und Besonderheiten des Waldes informiert und für einen schonenden Umgang sensibilisiert werden. Für Kinder aus den benachbarten Vierteln soll ein außerschulisches Naturbildungsangebot entwickelt werden. Der Wald wird zum „Grünen Klassenzimmer“. Die Einschränkungen im Gremberger Wäldchen sollen durch die Anlage neuer Verbindungen in den benachbarten Grünflächen zwischen Langendahlweg und Altem Deutzer Postweg kompensiert werden.

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Der Naturschutz steht auch beim Umgang mit dem südlichsten Gemäuer des alten Festungsrings im Vordergrund. Die Reste des Zwischenwerks IXa, das versteckt in der Westhovener Aue liegt, werden so abgeschirmt, das es sich zu einem geschützten Quartier für Fledermäuse entwickeln kann.

Doch auch die alten Funktionen des Grüngürtels werden in Zukunft gestärkt: Das städtische Maßnahmenpaket für den rechtsrheinischen Grüngürtel sieht acht Plätze vor, an denen neue Sport- und Bewegungsparcours angelegt werden sollen.

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