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SessionseröffnungKarnevalisten und Musiker wollen Zeichen gegen Antisemitismus setzen

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Die Verantwortlichen der Karnevalsgesellschaft, Musiker und Vertreter der jüdischen Gemeinden stellten das Vorhaben am Freitag am Tanzbrunnen vor.

Die Verantwortlichen der Karnevalsgesellschaft, Musiker und Vertreter der jüdischen Gemeinden stellten das Vorhaben am Freitag am Tanzbrunnen vor.

Köln – Nach dem Anschlag auf eine Synagoge am 9. Oktober in Halle, bei dem zwei Menschen getötet wurden, setzt die Karnevalsgesellschaft „Die Große von 1823“ ein Zeichen gegen Antisemitismus, Gewalt und Fremdenhass. „Wenn unsere Freunde bedroht werden, dann stehen wir an ihrer Seite. Wir nutzen unsere Veranstaltung am 11. 11. im Tanzbrunnen, um klarzumachen: bis hierhin und nicht weiter“, sagte Präsident Joachim E. Zöller am Freitag vor Pressevertretern.

„Kölscher Countdown“ seit sieben Jahren

Seit sieben Jahren gibt es den „kölschen Countdown“, bei dem die Jecken in Deutz den Start in die Karnevalssession feiern. Etwa 10000 Besucher werden erwartet. Vor dieser Kulisse wird es in diesem Jahr eine „Applausminute“ geben. Ganz bewusst keine „Schweigeminute“. „Wir werden nicht mehr länger schweigen“, unterstrich Zöller, „wir hoffen, dass unsere Gäste in diesen Applaus miteinstimmen und ebenfalls Haltung zeigen“. Die Aktion soll zwischen 12.30 und 13 Uhr stattfinden. Die Veranstaltung dauert von 9 bis 19 Uhr.

Bei ihrer Initiative werden die Karnevalisten von dem jungen jüdischen Karnevalsverein „Kölsche Kippa Köpp“, den jüdischen Gemeinden Kölns und dem NS-Dokumentationszentrum unterstützt. Dessen Direktor Werner Jung kündigte an, dass das NS-Dok am 11. November mit einem Informationsstand auf dem Festgelände vertreten sein wird.

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„Vertrauensbeweis für die jüdische Gemeinde in Köln“

Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland und Vorstandsmitglied der Kölner Synagogengemeinde, unterstrich, wie wichtig die Aktion ist. „Es ist ein deutliches Signal an die jüdische Gemeinschaft und ein Vertrauensbeweis für die jüdische Gemeinde in Köln.“ Ähnlich sieht es Marlon Amoyal vom Vorstand der Jüdischen Liberalen Gemeinde Köln: „Wir brauchen ein großes gesellschaftliches Engagement gegen den Antisemitismus“, sagte er.

Deutliche Worte fanden Musiker wie Sven Welter (Paveier), Jens Streifling und Heiko Braun (Höhner) sowie Peter Brings. „Wir kölschen Musiker stehen solidarisch zusammen.“ Welter und Streifling sagten: „Wir lassen auch nicht zu, dass unsere Lieder von rechtsradikalen Gruppen vereinnahmt werden.“ Die Höhner klagten schon vor Jahren vor Gericht erfolgreich gegen die NPD, die Hits der Band bei Wahlkampfauftritten eingesetzt hatte. Präsident Zöller sagte, dass zahlreiche Bands angekündigt hätten, am 11.11. im Tanzbrunnen mit ihren Liedern Flagge gegen Antisemitismus und Gewalt zeigen zu wollen.

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Für Aaron Knappstein, Präsident der Kölschen Kippa Köpp, ist dieses Signal auch persönlich sehr wichtig. „Als ich die Bilder und die Nachrichten aus Halle gesehen und gehört habe, habe ich mich gefragt: Ist dies das Land, in dem ich leben möchte?“

Der Kölner jüdischen Glaubens registriert seit einiger Zeit, wie antisemitistische Sprüche schleichend in den Alltag einfließen und schweigend hingenommen werden. „Nur ein Beispiel: Auf der Tribüne im Fußballstadion fallen plötzlich Begriffe wie „Jude“ oder „Judensau“ als Schimpfworte, um den Schiedsrichter zu beleidigen. Und niemand sagt etwas dagegen. Das erschreckt mich.“ Peter Brings auch: „Das Land ist immer noch zu still. Man muss das rechte Pack beim Namen nennen. Wir müssen alle viel lauter werden. Jetzt. Jeden Tag.“

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