Sexueller ÜbergriffAngeklagter weint in Kölner Gerichtssaal – „Ich schäme mich total“

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Das Kölner Landgericht an der Luxemburger Straße

Köln – „Ich denke, er wollte seine Männlichkeit beweisen“, sagte Ute K. am Mittwoch im Amtsgericht. „Es hat ihm nicht gefallen, dass ich als Frau so eine große Klappe hatte.“ Die 58-jährige Rentnerin aus Wuppertal äußerte sich als Zeugin im Prozess gegen Milan T., dem versuchte Vergewaltigung und vorsätzliche Körperverletzung zur Last gelegt wurden. Den ersten Vorwurf milderte das Schöffengericht zu einem sexuellen Übergriff ab. Es verurteilte den 23-Jährigen, der geltend machte, er könne sich wegen eines Filmrisses nach dem reichlichen Konsum von Alkohol und Drogen nicht an das Geschehen erinnern, zu zehn Monaten Haft auf Bewährung.

Am Abend des 5. Dezember 2019 kam Ute K. (Namen geändert) mit Begleitung aus einer Gaststätte in Ostheim. Auf der Straße sah sie eine weinende Frau, sprach sie an und hörte von ihr, sie habe in der Wohnung Ärger mit ihrem Freund gehabt. Kurz darauf kam er mit nacktem Oberkörper und in Jeans aus dem Haus. Es war Milan T., aggressionsgeladen und nachweislich stark betrunken.

Ute K. stellte sich couragiert zwischen ihn und die Freundin und nannte ihn im Wortgefecht „Pinmann“, womit sie soviel wie „Hänfling“ meinte. Aufgebracht ließ Milan T. eine obszöne Bemerkung fallen, holte seinen Penis aus der Hose, packte Ute K. im Nacken und drückte ihren Kopf herunter. „Es war eklig“ sagte sie. Sie sei dem Glied so nahe gekommen, „dass ich es riechen konnte“. Nicht entsinnen konnte sie sich vor Gericht, ob Milan T. ihr davor oder danach mit der Faust ins Gesicht schlug. Schließlich griffen zwei Männer, die zum Rauchen aus der Gaststätte gekommen waren, ein und bändigten Milan T., der sich wild wehrte. Die Polizei kam und nahm ihn in Gewahrsam.

Kölner Staatsanwaltschaft klagte wegen versuchter Vergewaltigung

Weil die Staatsanwaltschaft davon ausging, er habe Ute K. zum Oralverkehr zwingen wollen, klagte sie versuchte Vergewaltigung an. In ihrem Plädoyer rückte die Staatsanwältin davon ab und sprach von „Imponiergehabe“: Milan T. sei es darum gegangen, die Frau zu erniedrigen. „Er wollte keinen Sexualkontakt“, sagte auch der Verteidiger. „Das ist ein absolut untypisches Sexualdelikt.“ Ute K. trug Prellungen und starke Schmerzen im Nacken davon, an dem sie zuvor operiert worden war. Hinzu kamen Ängste, Alpträume und Flashbacks. Unter Tränen entschuldigte sich der Angeklagte bei ihr und sagte: „Ich schäme mich total. Ich war nicht ich.“

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Das Schöffengericht hielt ihm nicht nur die Bitte um Entschuldigung zugute. Milan T. habe echte Reue gezeigt, sei nicht vorbestraft und vermindert schuldfähig gewesen, sagte der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Gegen ihn sprächen die erheblichen Folgen für das Opfer, das Zivilcourage gezeigt habe. „Wir hoffen inständig, dass Ihnen der Vorfall vom 5. Dezember eine Lehre gewesen ist.“ Als Bewährungsauflage setzte das Gericht die Ableistung von 50 Sozialstunden fest.

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