SitzungNiehler klagen über Fluglärm

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  • Bürgerverein forciert Widerstand gegen Belastungen - Eigene Mess-Station

Niehl – Den Schlusspunkt zur Diskussion ums leidige Veedels-Thema Fluglärm hätte man gar nicht besser inszenieren können: Genau nach dem letzten Wortbeitrag zum Thema dröhnte ein Flugzeug, vermutlich ein Frachtflieger, über die Gaststätte "Schützenhof" an der Feldgärtenstraße; auch durch die geschlossenen Terrassentüren war die Maschine überdeutlich zu hören. Dorthin hatte der Niehler Bürgerverein (NBV) zur Jahres-Hauptversammlung geladen. Der Andrang war überraschend groß: Rund 50 Bürger knubbelten sich im Gesellschaftsraum.

Seit einem Jahr ist der NBV um seinen Vorsitzenden Bernd Valjeur Mitglied bei der Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln-Bonn. Auf dem Hausdach der Sebastianstraße 187, dem Sitz des Dachdeckerbetriebs von Stephan Schug, unterhält der Verein sogar eine eigene, geeichte Lärm-Messanlage. "Nicht nur in Neubrück gibt es Probleme mit Fluglärm, sondern auch hier bei uns", betonte Valjeur. Denn etwa auf der Höhe von Alt-Niehl, 17 Kilometer Luftlinie von den Aufsetzpunkten der zwei Haupt-Landebahnen des Flughafens entfernt, beginnt die nördliche Einflugschneise, die sich über Mülheim, Buchheim, Merheim, Neubrück und Rath fortsetzt.

Wie leidgeprüft die Alt-Niehler inzwischen sind, wurde deutlich. "Die ersten sechs Monate hat es mich nicht so gestört. Aber die vergangenen drei Wochen war es extrem laut, ich habe mich an den Lärmschutzbeauftragten des Flughafens gewandt", klagte Vereins-Mitstreiterin Petra Otto, die seit kurzem im Veedel wohnt. "Ich hätte nie gedacht, dass der Fluglärm hier so stark ist." Ursache für den in jüngster Zeit verstärkten Flugverkehr über dem Ort seien die Windverhältnisse, habe man ihr dort gesagt. Weil Flugzeuge aus Sicherheitsgründen gegen den Wind landen müssen, werde der Airport derzeit vermehrt von Norden her angeflogen statt über die Süd-Route via Westerwald, Hennef, Siegburg, Lohmar und Troisdorf. Der Lärm ist offenbar nicht nur auf Alt-Niehl begrenzt. "Auch im Viertel an der Rennbahn habe ich den Eindruck, dass die Flugzeuge über mein Schlafzimmer fliegen", berichtete Vorstandsmitglied Regina Bechberger. "Ich fände es sinnvoll, dazu eine Arbeitsgemeinschaft zu gründen."

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Eine Bewohnerin der Merkenicher Straße, die eines frühen Sonntagmorgens durch einen Flieger geweckt wurde, hatte sogar selbst einen Tag lang nachgezählt. "Von 6.18 bis 20 Uhr zählte ich 92 Flugzeuge über meinem Haus." Sie müsse inzwischen eine halbe Schlaftablette nehmen, um einschlafen zu können. Bei der Diskussion kristallisierte sich zudem die Angst heraus, dass die Belastungen mit einer geplanten Flughafen-Erweiterung zunehmen werden.

Den Daten des Airports misstraut man: Zwar war der Flughafen vom 27. November bis 13. Dezember 2017 selbst mit einem Messwagen im Ort vertreten. Doch während das Lärmmobil, geparkt vor dem Haus Niehler Damm 231, in dem Zeitraum 176 hörbare Flugbewegungen identifizierte, davon 101 zur Nachtzeit zwischen 22 und 6 Uhr, maß die Station des Bürgervereins, genau 400 Luftlinien-Meter entfernt, im gleichen Zeitraum 1340, davon 418 nachts.

"Man muss unterscheiden, welchen Lärm-Ereignissen tatsächlich eine Flugbewegung zuzurechnen ist und welchen nicht", entgegnet Walter Römer, Pressesprecher des Flughafens. "Was wir in Niehl gemessen haben, wurde abgeglichen mit dokumentierten Flügen. Nur die 176 registrierten Schall-Immissionen in dem Zeitraum konnten anhand jener Aufzeichnungen tatsächlich auf Fluglärm zurückgeführt werden." Woher die große Diskrepanz rührt, ist zunächst unklar. Während der Flughafen vermutet, dass für die Mess-Ereignisse des Bürgervereins auch andere Lärmquellen ursächlich sein könnten, könnte auch die unterschiedliche Lage der Messstationen und der genaue Routenverlauf der Flieger eine Rolle spielen.

Auch die im Ort geforderte Verlegung der Anflugbahn von Alt-Niehl hin zu Fordwerken und Rhein scheide aus. "Die Einflugschneise muss aus einer bestimmten Entfernung in gerader Richtung und auf direktem Wege zum Flughafen führen, auf sie müssen die Flieger irgendwann einschwenken", so Römer. Jene Linie beginne nun mal bei Niehl.

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