SitzungspräsidentDer neue Stern am Rednerhimmel

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Volker Weininger

Volker Weininger

Mit promilleschwerer Körpervorlage stolpert der Mann mit der Narrenkappe durch den Saal Richtung Bühne. Die volle Konzentration gilt dem Kölsch in seiner Hand, das nicht verschlabbert werden will. Dann steht der unverkennbar schwer Angetrunkene oben vor den Jecken, breit grinsend. Er schwankt, aber er fällt nicht. "Liebe Närrinnen und Narren, ich begrüße . . . boah, ist mir schlecht", lallt er. Das reicht schon, um den Saal zum Toben zu bringen.

Volker Weininger ist der "Sitzungspräsident" und der Shootingstar am Rednerhimmel. Mit seiner Type, der Parodie eines besoffenen, derben, aber liebenswerten Präsidenten einer Karnevalssitzung, hat er sich gleich in seiner ersten Session in den großen Sälen der Stadt in die Herzen der Jecken genuschelt. Junge, neue Büttenredner sind Mangelware im Kölner Karneval. Nachdem einige etablierte Künstler in die Jahre gekommen sind oder sich zurückzogen, tat sich ein Vakuum auf im Genre des gesprochen Worts. Da rückte erst Guido Cantz und dann vor allem "Blötschkopp" Marc Metzger nach. Doch nach der Erkrankung des Massenlieblings Metzger klaffte diese Lücke erneut - da kam einer wie Weiniger wie gerufen.

Weininger (42) hat auch etwas "Ordentliches" gelernt. Der Bonner ist Dozent an der Uni Bonn, der Fachhochschule Bad Honnef und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Dort unterrichtet er Deutsch als Fremdsprache. Er ist schon seit Jahren auch als Polit-Kabarettist unterwegs. Die Figur des Sitzungspräsidenten stammt aus der alternativen Karnevalsveranstaltung "Blaue Bütt" in Koblenz, wo er so die Sitzung leitete. In Köln tritt Weiniger seit fünf Jahren bei "Deine Sitzung" auf; beim jüngsten Vorstellabend der Kajuja begeisterte er die Literaten. In dieser Session wurde er rund 80-mal gebucht. "Auch die nächste Session lässt sich gut an", sagt Weininger. Die echten Sitzungspräsidenten, die ja bei seinen Auftritten hinter ihm im Elferrat sitzen, hätten sich noch nie über seine bierseligen Persiflagen beschwert. "Die nehmen das mit Humor." "Es ist immer ein Kampf, besoffen zu spielen und nüchtern zu sein. Man darf beim Vortrag nur an Stellen lallen, wo es nicht ganz so wichtig ist. Die Pointen müssen klar rüberkommen", erzählt Weiniger.

Auf der Bühne trinke er "ausschließlich echtes Kölsch". Das wird auch mal zwischen zwei Gags auf Ex gekippt. "Aber wenn ich viele Auftritte an einem Abend habe, muss ich etwas aufpassen. Da nippe ich auch manchmal nur."

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