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Entwicklungshelfer war lange in Afrika„Köln ist so dreckig geworden!“

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Werner Ahringhoff

Köln – Der Zufall will es, dass ich nur wenige Wochen nach meiner Begegnung mit Cornelia Seck erneut auf einen Menschen treffe, der in der Internationalen Entwicklungszusammenarbeit tätig ist und viele Jahre in Westafrika verbracht hat.

Werner Ahringhoff stammt gebürtig aus Osnabrück und hat in Bielefeld   Soziologie und Psychologie studiert. Er sei in seiner Jugend viel getrampt, sei häufig in Frankreich gewesen und habe daher wohl eine Verbindung zu Frankreich und später zum frankophonen Afrika bekommen, sagt der 60-Jährige, als wir auf der Breite Straße beim Cappuccino sitzen.

Neuer Blick auf die Stadt

Mich interessiert, wie ein Mensch wie er, der so lange in einem anderen Kontinent gelebt hat, auf unsere Stadt schaut. „Köln ist für mich die afrikanischste Stadt Deutschlands“, stellt er fest. „Diese Mischung aus Laissez-faire, »et kütt wie et kütt« und die Dinge einfach vergammeln lassen.“ Ihm falle auf: „Köln ist so dreckig geworden.“

In der folgenden Stunde berichtet Ahringhoff viel über seine berufliche Tätigkeit; davon, dass er sich ursprünglich auch hätte vorstellen können, Journalist zu werden, weil ihn „immer das Schreiben, das Dokumentieren und das Chronistentum gereizt“ habe. Letztendlich sei er nach Afrika gekommen, weil er sich zwischenzeitlich als Dokumentarfilmer einen Namen gemacht habe. Weil er auch Entwicklungsplanung studiert habe, sei er dort mit Flüchtlingsarbeit in Berührung gekommen.

Insgesamt habe er zehn Jahre an verschiedenen Stellen in verschiedenen Positionen gearbeitet, erzählt Ahringhoff, der inzwischen mit seiner afrikanischen Frau in Mülheim wohnt. Er habe auch „kein wirkliches Gehalt, sondern eine Art Lohnersatz“ bezogen. „Davon konnte man gut leben.“ Idealismus, fährt er fort, sei sehr wichtig gewesen. Außerdem habe er als Sozialwissenschaftler richtig in die Kultur eintauchen und eine Menge von dem, was er im Studium gelernt habe, vor Ort einsetzen können. Ahringhoff erinnert an die Angriffe auf Wohnheime in Hoyerswerda,  die Brandanschläge in Mölln und Rostock-Lichtenhagen  – rassistisch motivierte Straftaten Anfang der 1990er Jahre – und erzählt, dass ihm damals die Flüchtlingskonzeption der Bundesrepublik in die Hände gefallen sei.

Hilfe zur Selbsthilfe leisten

Dass man nicht alle Flüchtlinge aufnehmen könne, sondern Hilfe zur Selbsthilfe leisten müsse, das habe ihn angesprochen und sei für ihn ein Beweggrund gewesen, sich weiter vor Ort zu engagieren. „Als jedoch 2015  dieselbe Terminologie wieder auftauchte“, habe er sich gefragt: „Was ist in der Zwischenzeit passiert?“ Aus der Distanz habe er sich nicht vorstellen können, „dass Deutschland auf dieses Problem überhaupt nicht vorbereitet war“ und sich nicht um die Organisation dieser Wanderbewegung gekümmert habe. Für Ahringhoff besteht „eines der zentralen Probleme darin, dass  Langzeit-Konzepte oder Langzeitstrategien fehlen. Einen langfristigen Horizont gibt es nicht.“

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„Weil es letztlich nicht um die Lösung eines Problems, sondern nur um die Profilierungswünsche einzelner Politiker geht?“, mutmaße ich. Mein Gegenüber nickt. Wenn er heute 35 Jahre wäre, würde er nicht mehr in die staatliche Entwicklungsarbeit gehen, sondern allenfalls für eine Nichtregierungs- oder kirchliche Organisation tätig werden. Es werde mittlerweile „irre viel von oben vorgegeben“ und es komme immer stärker darauf an, gute Zahlen zu bringen und Gewinne zu erwirtschaften. „Und das ist schon etwas, womit ich sehr hadere.“

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