Spektakulärer RechtsstreitGudrun Jockels klagt gegen Posten-Vergabe an Kölner Gericht

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Das Oberlandesgericht in Köln.

  • Der Posten gilt als einer der begehrtesten in der NRW-Justiz. Seit gut fünf Monaten ist der Sitz des Präsidenten des Kölner Oberlandesgerichts (OLG) vakant. Seitdem sucht Justizminister Peter Biesenbach nach einem Nachfolger.
  • Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zufolge hatte der CDU-Politiker sich bereits auf einen Kandidaten festgelegt: Bernd Scheiff (60), Chef des Düsseldorfer Landgerichts.
  • Das Landeskabinett hatte den Personalvorschlag bereits abgesegnet, da funkte eine Konkurrentin dazwischen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Klage.

Köln – Gudrun Jockels, Landgerichtspräsidentin in Essen, die im Rennen um die Präsidentschaft am Kölner Oberlandesgericht genau wie Bernd Scheiff ihren Hut in den Ring geworfen hatte, ist gegen die Personalwahl inzwischen rechtlich vorgegangen. Am Mittwoch folgte der Paukenschlag: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschied zu ihren Gunsten.

Die dienstliche Beurteilung des Ministerkandidaten sei fehlerhaft gewesen, teilte ein Justizsprecher auf Anfrage mit. Das Auswahlverfahren muss nun wiederholt werden. Danach muss wohl erneut das Verwaltungsgericht über den Personalvorschlag befinden. Im Justizministerium herrschte am Mittwoch blankes Entsetzen über den Richterspruch.

Konkurrenten-Klage in Köln

Der Bonner Verwaltungsrechtler Christoph Arnold erläutert die Hintergründe der so genannten Konkurrenten-Klage: „Im Beamtenrecht ist nur derjenige ernannt, der auch tatsächlich die Beförderungsurkunde in Händen hält. Bis dahin kann der unterlegene Konkurrent klagen. Im schlimmsten Fall kann es ein Jahr dauern, bis ein endgültiger richterlicher Entscheid ergangen ist.“

Und so entspinnt sich eine juristische Kabale um das Chef-Amt eines der drei OLG-Sitze an Rhein und Weser. Wer aber an eine dröge rechtliche Auseinandersetzung zweier hochrangiger Richter denkt, sieht sich getäuscht. Dazu machten beide Kontrahenten in der Vergangenheit Schlagzeilen. So hat der Ehemann der Landgerichtspräsidentin Gudrun Jockels wieder einmal Ärger mit der Justiz. Mitte April 2019 durchsuchten die Strafverfolger die gemeinsame Wohnung des Ehepaares in Düsseldorf. Der Kunsthändler Ernst Jockels steht seither unter Betrugsverdacht.

Keine Angaben über Inhalt der Vorwürfe

Über den Inhalt der Vorwürfe wollte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Laura Hollmann keine Angaben machen. Nur soviel: „Die Ermittlungen laufen noch.“ Bereits im November 2019 verwarnte eine Amtsrichterin Jockels mit einer Geldstrafe in Höhe von 750 Euro auf Bewährung. Er soll sein Vermieterehepaar bei einem Streit mit den Worten „Ich leg‘ Euch um“ bedroht haben. Gerichtspräsidentin Gudrun Jockels wusste seinerzeit im Zeugenstand nichts von einer Bedrohung zu berichten. Das Gericht war aber überzeugt davon, dass eine Nachbarin die Drohung aufgrund ihres Aufenthaltsorts wahrnehmen konnte, obwohl Gudrun Jockels diese nicht hörte, und urteilte gegen den Ehemann. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig

Aber auch der Kandidat der Landesregierung ist nicht frei von Affären. Anfang April 2019 zelebrierte Scheiff seinen 60. Geburtstag im Justizzentrum Düsseldorf mit 300 Gästen. Den Auf- und Abbau des Partyequipments ließ der promovierte Jurist durch Mitarbeiter seiner Behörde während deren Dienstzeit durchführen. Auch Häftlinge aus dem offenen Vollzug, die bei der Hausverwaltung des Gerichts aushalfen, mussten mitschaffen. Scheiff erklärte später, der Sach- und Personaleinsatz sei üblich und gerechtfertigt, da es sich um „eine dienstliche Veranstaltung“ gehandelt habe.

Aus Sicht des Verwaltungsrechtlers Arnold gilt als Auswahlkriterium für den Posten: „Wer beruflich mehr draufhat, sich selbst nichts hat zu Schulden kommen lassen, der erhält den Jackpot.“ Und so bahnt sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen an.

Gudrun Jockels weist ausgezeichnete Referenzen auf: Seit 1995 Richterin, stieg sie nach einigen Stationen zur Leitenden Ministerialrätin in der Abteilung für Personal und Recht im Justizministerium auf. Später übernahm sie den Vorsitz in Essen. Konkurrent Scheiff durchlief die richterliche Ochsentour. Seit 2008 Chef im Gerichtsbezirk Mönchengladbach, stiegt er fünf Jahre später zum Präsidenten in Düsseldorf auf.

Aus Sicht des Justizministers zumindest deutet sich eine unliebsame Hängepartie um den Chefposten beim OLG Köln an. Vermutlich werden etliche Monate vergehen, ehe eine Entscheidung bezüglich der Nachfolge gefunden ist. Sollten die Verwaltungsrichter im zweiten Durchgang erneut den Personalvorschlag der Landesregierung abschmettern, wäre die Schlappe für Justizminister Biesenbach perfekt.

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