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SpitzenpostenHenriette Reker sucht Dezernent ohne Beteiligung des Stadtrats

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Stadtrat Gürzenich

Kölner Ratspolitiker tagen im Gürzenich.

Köln – Der Stadtrat soll bei seiner Sitzung am 3. Februar einen neuen Stadtentwicklungsdezernenten wählen. Das hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker den Fraktionsspitzen am Freitag bei einer Videokonferenz mitgeteilt, wie aus dem Rathaus zu hören ist.

Sie selbst werde der Politik einen Vorschlag unterbreiten, entweder am 1. oder am 2. Februar. Die Politik soll an der Findung ausdrücklich nicht beteiligt sein, obwohl die CDU bislang in Absprache mit den Bündnispartnern Grüne und Volt das Vorschlagsrecht für sich beansprucht hat. Lediglich Vertreter der von der Stadt beauftragten Personalfindung und der städtischen Personalverwaltung werden neben Reker in den Prozess eingebunden sein.

Der Entscheidung war eine Bewertung von NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU)vorausgegangen, die zuvor festgestellt hatte, dass die Besetzung einer Findungskommission für einen Dezernentenjob „transparent und sachlich ausgewogen“ erfolgen müsse. Der Rat müsse eine solche Findungskommission per Beschluss einberufen und bei seiner Entscheidung bezüglich der Besetzung „die Grenze der Willkür beachten“. Das bedeutet, dass es im Zweifelsfall nicht möglich wäre, die Vertreter anderer großer Fraktionen im Stadtrat von einem solchen Gremium grundsätzlich auszuschließen.

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Bezirksregierung Köln bewertet Verfahren als rechtswidrig

Das zuletzt abgeschlossene Besetzungsverfahren für den neuen Kulturdezernenten Stefan Charles hatte die Bezirksregierung als rechtswidrig eingestuft, weil nur ein Teil der im Stadtrat vertretenen Fraktionen in die damalige Findungskommission eingebunden war – neben der CDU, die wie jetzt beim Stadtentwicklungsdezernat das Vorschlagsrecht besaß, waren das die Bündnispartner von Grünen und Volt.

Da der Stadtrat für die Besetzung des Stadtentwicklungsdezernats keine Findungskommission beschlossen hatte, darf es nun also auch keine geben – weder offiziell noch inoffiziell. Deshalb kümmert sich nun die Oberbürgermeisterin um das Thema. Für die Politiker wird so nur schwierig nachzuvollziehen sein, wie der Auswahlprozess konkret abgelaufen ist. Ob die von Reker vorgeschlagene Person den Spitzenjob dann auch erhält, entscheiden am 3. Februar die Politiker im Stadtrat. Sind sich die Bündnispartner Grüne, CDU und Volt einig, können sie am Ende mit ihrer Mehrheit bestimmen, wer das Dezernat in Zukunft führen wird – nur an der Vorauswahl sollen sie dieses Mal eben nicht mitwirken.

Kölner CDU-Chef Bernd Petelkau akzeptiert das Verfahren

„Wir akzeptieren das Verfahren und vertrauen auf die Oberbürgermeisterin, die das Verfahren auf Basis unseres Ratsbeschlusses inklusive des darin enthaltenen Anforderungsprofils führt“, sagt CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau.

Kritiker bezweifeln, dass die CDU bei der Findung tatsächlich außen vor bleibt und ihr bei den Bündnisverhandlungen hart erkämpftes Vorschlagsrecht einfach aufgibt – zumal sich im Umfeld der Oberbürgermeisterin Menschen befinden, die der Union nahestehen – wie Rekers Büroleiterin Alessandra Caroli.

Linke-Fraktion im Kölner Stadtrat beantragt Akteneinsicht

„Ich fühle mich wie in einem Schmierentheater, wenn der CDU-Chef Petelkau und OB Reker so tun, als hätte die CDU keinen Einfluss auf das Auswahlverfahren – jeder weiß, dass CDU und Grüne die Dezernate unter sich aufgeteilt haben“, sagt Linke-Fraktionssprecher Heiner Kockerbeck. Es sei sehr enttäuschend, dass die Oberbürgermeisterin und das Ratsbündnis bei der Dezernatsbesetzung an einem nicht-transparenten Verfahren festhalte, ergänzt Fraktionssprecherin Güldane Tokyürek. „Wir haben Akteneinsicht beantragt und werden sorgsam darauf achten, dass das Verfahren nicht erneut rechtswidrig ist“, sagt sie.

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„Es befremdet uns in der Tat sehr, dass die CDU-Fraktion sich einfach aus dem Auswahlverfahren heraus drängen lässt und Herr Petelkau ohne Not das Vorschlagsrecht der CDU-Fraktion aus der Hand gibt“, sagt SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Bestärkt durch diese Auffälligkeiten werde die SPD das Verfahren weiterhin „sehr aufmerksam und kritisch“ begleiten.

Die Grünen unterstützen Reker. „Um nach den Auseinandersetzungen zwischen Stadt, Bezirksregierung und der Landesregierung ein rechtssicheres Verfahren zu gewährleisten und das Besetzungsverfahren nun zeitnah abschließen zu können, ist der von der OB vorgeschlagene Weg gangbar“, so Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer.

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