Stadt darf Anwohner nicht unterstützen

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Die Hupentests der ICE-Züge werden die Anwohner zunächst weiter ertragen müssen.

Die Hupentests der ICE-Züge werden die Anwohner zunächst weiter ertragen müssen.

Longerich/Bilderstöckchen –  In ihrem seit knapp zwei Jahren schwelenden Streit mit der Bahn wegen nächtlichem Lärm durch hupende Züge können die Nachbarn wohl nicht auf eine aktive Beteiligung der Stadt in einem Klageverfahren hoffen. Jedoch unterstütze man die Betroffenen durch Gespräche und Vermittlung zwischen den Nachbarn sowie der Bahn und dem Eisenbahn-Bundesamt. Das antwortete das städtische Umwelt- und Verbraucherschutzamt in Reaktion auf den einstimmigen Beschluss der Bezirksvertretung Nippes von vergangenem Dezember. Darin hatten die Politiker die Verwaltung aufgefordert, „ausführlich vorzutragen und zu informieren, in wie weit die Stadt Köln Möglichkeiten hat, gegen die Deutsche Bahn AG, im aktuellen Fall die DB Fern AG, wegen des Einsatzes von Makrofonen von ICE-Zügen bei deren Überprüfung in Wohngebieten vorzugehen“. Insbesondere solle erläutert werden, ob und welche juristischen Möglichkeiten der Kommune zur Verfügung stehen.

Vor mittlerweile genau zwei Jahren war das rund 220 Millionen Euro teure ICE-Instandhaltungswerk der Bahn auf dem Bahndamm zwischen Bilderstöckchen und Longerich eröffnet worden. Dort werden alle aktuellen ICE-Modelle und insbesondere auch die neuesten ICE-4-Züge gewartet, die seit 2017 in Betrieb sind. Das bei weitem größte Ärgernis für die Nachbarn sind die nächtlichen Tests der Makrofone, der Zug-Hupanlagen. Jene erreichen Lärmwerte von mehr als 100 Dezibel; das reißt Nachbarn regelmäßig aus dem Schlaf.

Insbesondere die Longericher Katholikentagssiedlung, die am nächsten zu den Gleisen liegt, ist betroffen; dort hat sich eine Anwohner-Initiative gebildet, die eine private Klage gegen die Bahn vorbereiten (der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete). Jedoch auch Teile von Bilderstöckchen, Weidenpesch, Mauenheim und sogar noch Nippes sind durch das nächtliche Hupen betroffen.

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Die Stadt sei „als Gebietskörperschaft rechtlich nicht zu einer Klage gegen die DB auf Unterlassen der lärmenden Maßnahmen befugt“, führt das Amt aus. Das liege daran, dass die Stadt nicht direkt betroffen sei, auch wenn der Streitgegenstand in ihrem Gebiet liege. „Eine solche Rechtsbeeinträchtigung besteht jedoch bei den lärmbetroffenen Bürgern. Jeder Bürger, der von übermäßigem Lärm betroffen ist, hat die Möglichkeit, gegen die DB als Unternehmen auf Unterlassung der lärmenden Maßnahmen zu klagen“, betont das Umwelt- und Verbraucherschutzamt. SPD-Mandatsträger Winfried Steinbach, der mit der Problematik bezüglich der Bahn sehr gut vertraut ist, zweifelte die Stellungnahme jedoch an. Ein Angriffspunkt sei nämlich die unterschiedliche Sichtweise, unter welches planerische Recht die betroffene Siedlung in Longerich falle. „Die Stadt sagt, das betroffene Viertel sei ein reines Wohngebiet, die Bahn behauptet, es sei ein Mischgebiet. In einem reinen Wohngebiet sind ein Durchschnittswert von 35 Dezibel in der Nacht zulässig, in einem Mischgebiet sind es 45. Ich frage mich, ob bei einer solch selbstherrlichen Hinwegsetzung über die kommunale Planungshoheit die Stadt nicht betroffen wäre.“

In einer weiteren Rückmeldung zum gleichen Thema verteidigte sich das Eisenbahnbundesamt gegen den Vorwurf, als Genehmigungsbehörde für die Bahn die Lärmproblematik der Nachbarn zu ignorieren. „Die Prüfung des Makrofons gehört zur Vorbereitung der Zugfahrt“, unterstrich das EBA. Die Wartungshalle verfüge nicht über die nötigen Kapazitäten, die Züge für die Huptests ins Innere der Halle einfahren zu lassen. Man habe aber der Bahn bereits vorgeschlagen, die Huptests seltener durchzuführen, etwa einmal in der Woche statt täglich. „Dies scheitert daran, dass die rechtlichen Bestimmungen dem entgegen stehen wie auch eine Erhebung von DB-Fernverkehr gezeigt hat, dass die Zuverlässigkeit des Makrofons über eine Woche sehr eingeschränkt ist, da es während der Fahrt unablässig Witterungseinflüssen ausgesetzt ist.“ Im Übrigen finde man es befremdlich, dass man „immer wieder zum Rechtsbruch aufgefordert“ werde. „Wir machen nicht die Bestimmungen, wir sind für deren Einhaltung zuständig. Daher müssen diese Forderungen an den Gesetzgeber gehen und nicht an die Aufsichtsbehörde“, schloss das Amt. Im Klartext: Wenn man die Zustände ändern wolle, müssten die Gesetze und Verordnungen hierfür geändert werden.

Aus einer Stellungnahme des Eisenbahnbundesamtes

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