Abo

Stadt Köln bezahltHotelbetreiber machen ein Millionengeschäft mit Flüchtlingen

Lesezeit 4 Minuten
Die Qaidis wohnen auf 35 Quadratmetern für 6800 Euro.

Die Qaidis wohnen auf 35 Quadratmetern für 6800 Euro.

Köln – 6800 Euro Miete zahlt die Stadt Köln jeden Monat für die Unterbringung der irakischen Flüchtlingsfamilie Qaidi. Die acht Familienmitglieder leben jedoch nicht komfortabel in einem Luxusappartement, was man bei diesem Mietpreis durchaus annehmen könnte. Ihr Alltag findet in einem ehemaligen Hotel auf spartanisch ausgestatteten 35 Quadratmetern Wohnfläche statt.

Die absurd hohe Miete ist dem Umstand geschuldet, dass der Stadt viel zu wenige Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung stehen. Als in den vergangenen Jahren immer mehr Flüchtlinge nach Köln kamen – mitunter bis zu 500 wöchentlich –, sah sich die Verwaltung gezwungen, auch auf Hotels zurückzugreifen.

Deren Betreiber verdienen mit dem Kapazitätsmangel der Stadt viel Geld: Je Hotel zahlt die Stadt zwischen 20 und 35 Euro pro Person und Nacht. Gesetzliche Vorgaben über die Höhe der Miete gibt es nicht, sie wird „im Rahmen von Angebot und Nachfrage mit den Hotelbetreibern verhandelt“, sagt Stadtsprecherin Sabine Wotzlaw.

Im Fall der Familie Qaidi erhält der Betreiber des Hauses nach Informationen des „Express“ täglich 28 Euro pro Person. 4300 Euro kommen so jeden Tag für die 157 in dem ehemaligen Hotel untergebrachten Flüchtlinge zusammen – knapp 1,6 Millionen Euro jährlich.

Unterbringung in Hotels ist auch für Flüchtlinge problematisch

Doch das ist nur ein kleiner Teil der Gesamtkosten, die für die Hotelbeherbergung gezahlt werden. Die Stadt hat 2690 Plätze in 39 Hotels gemietet, 2247 davon sind derzeit belegt. Knapp ein Viertel der 9653 Ende März in Köln untergebrachten Flüchtlinge wohnen demnach in Beherbergungsbetrieben, wie die Stadt sie nennt.

„Dass weiterhin Großunterkünfte und auch Beherbergungsbetriebe genutzt werden müssen, ist der Not geschuldet und ein nur vorübergehender Zustand“, sagt Sabine Wotzlaw. Mitunter, wie im Fall eines Hauses in Mülheim, hält dieser Zustand allerdings bereits seit 2011 an. Alleine dafür zahlt die Stadt jährlich rund 600.000 Euro.

Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats, kritisiert neben der Höhe der Kosten die Hotelbeherbergung an sich: „Die Unterbringung in ehemaligen Hotels ist vor allem für geflüchtete Familien sehr oft problematisch: Platznot, keine Privatsphäre und in der Regel keine soziale Betreuung vor Ort.“

Hinzu komme, dass die Einrichtung der Zimmer oft marode sei, und erforderliche Reparaturen, wenn überhaupt, nur zögerlich durchgeführt würden. Schon seit Jahren mahne der Flüchtlingsrat an, Geld in Systembauten mit abgeschlossenen Wohneinheiten und Wohnprojekte zu investieren, um die Kosten für die Hotelanmietung abzubauen und Unterbringungskosten insgesamt zu reduzieren.

Stadt will Verträge nach Ablauf nicht verlängern

„Oberstes Ziel ist die Versorgung der Menschen mit normalem Wohnraum, denn nur so kann Integration bestmöglich erfolgen“, sagt Sabine Wotzlaw. Doch bis Flüchtlingsfamilien wie die Qaidis in geeigneten Wohnung untergebracht werden, vergehen noch Jahre. Mit den Hotelbetreibern vereinbarte die Stadt in vielen Fällen mehrjährige Laufzeiten und Belegungsgarantien.

In der Regel liegen die Laufzeiten zwischen drei und fünf Jahren. Mit 22 der 39 Hotels bestehen derzeit solche Verträge. Die kürzesten elf davon enden 2020, acht weitere 2021, zwei ein weiteres Jahr darauf. Der längste Vertrag läuft indes noch bis Oktober 2024. Sechseinhalb Jahre wird die Stadt die hohen Mietzahlungen also noch an Hotelbetreiber leisten müssen.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Bis zum Auslaufen der Verträge ist vorgesehen, alle dort lebenden Personen in Wohnungen oder städtische Wohnheime zu vermitteln“, sagt Sabine Wotzlaw. Neue Verträge soll es indes nicht mehr geben: „Bei gleichbleibender Entwicklung der Zugangszahlen Geflüchteter kann derzeit ausgeschlossen werden, dass neue Verträge mit Beherbergungsbetrieben abgeschlossen werden“, so Wotzlaw.

Die Stadt setze ihr Vorhaben, neue Unterkünfte zu bauen und zu betreiben, „mit hoher Energie fort“. Zwei neue Unterkünfte sind in diesem Jahr bislang fertiggestellt und belegt worden: Ein Wohnheim für 100 Personen am Blaubach und zwölf Eigentumswohnungen für 30 Personen in der Kalker Kapellenstraße. Weitere 18 Objekte mit rund 3000 Plätzen sind für 2018 noch geplant oder bereits im Bau. Aus welchen Unterkünften Flüchtlinge dann in die neuen Objekte einziehen werden, ist unklar.

So sind Flüchtlinge in Köln untergebracht

Zum Stichtag 31. März 2018 hat das Amt für Wohnungswesen 9653 Flüchtlinge in Köln untergebracht. 2247 von ihnen leben in Hotels oder Beherbergungsbetrieben. Die anderen Flüchtlinge verteilt sich in der Stadt wie folgt:

345 in einer Notaufnahme,

959 in Notunterkünften,

300 in Leichtbauhallen,

1251 in mobilen Wohneinheiten,

1220 in Systembauten,

1194 in Unterkünfte mit abgeschlossenen Wohneinheiten,

1658 in Mehrfamilienhäusern,

165 in Einfamilienhäusern,

314 in Einzelwohnungen.

KStA abonnieren